Über ein kleines Geldgeschenk „von oben“ konnte sich eine Familie aus Berlin freuen. Sie beantragte beim Jobcenter Bürgergeld. Die Frau, die sich um alles kümmerte, reichte zum Antrag den neuen Arbeitsvertrag ihres Ehemannes ein. Laut Arbeitsvertrag sollte der Mann 1.600,- € netto verdienen.
Das Jobcenter prüfte den Antrag, machte jedoch bei der Berechnung einen kleinen aber entscheidenden Fehler. Statt 1.600,- € netto legte das Jobcenter 1.600,- € brutto zu Grunde. Dies führte dazu, dass das Jobcenter unterm Strich nur ein Nettoeinkommen vom 1.276,40 € anrechnete. Die Familie erhielt über 10 Monate hinweg zu viel Bürgergeld, in der Summe fast 3.000,- €. Erst als das Jobcenter die Lohnabrechnungen erhielt, fiel der Fehler auf. Das Jobcenter verlangte nun das zu viel gezahlte Bürgergeld zurück.
Die Frau, die sich weiterhin um alles kümmerte, lehnte eine Rückzahlung ab. Der Fall landete beim Sozialgericht Berlin. Dieses entschied zu Gunsten des Jobcenters und urteilte, dass die Familie das zu viel gezahlte Bürgergeld zurückzahlen muss. Die Frau bleib jedoch hartnäckig und legte Berufung ein, mit Erfolg!
Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (LSG Berlin-Brandenburg) entschied: Die Familie muss das Geld nicht zurückzahlen, denn sie durfte auf die Richtigkeit des Bescheids vertrauen. Zudem war der Familie auch keine grobe Fahrlässigkeit vorzuwerfen.
Die entscheidende Norm für die Rückforderung bereits gezahlter Leistungen ist § 45 Absatz 1, Absatz 2 SGB X, Hiernach darf ein rechtswidriger begünstigender Bescheid nicht zurückgenommen werden, wenn der Empfänger auf den Bestand vertraut hat und dieses Vertrauen schutzwürdig ist.
Schutzwürdig ist das Vertrauen insbesondere dann, wenn der Empfänger das Geld bereits ausgegeben hat. Ausnahme: Der Empfänger kannte die Rechtswidrigkeit des Bescheides oder kannte sie wegen grober Fahrlässigkeit nicht.
Die Frage, die sich hier stellte, war, ob die Familie bei Erhalt des Bescheides grob fahrlässig nicht erkannt hat, dass das Jobcenter brutto mit netto vertauscht hat. Hier sagt das LSG Berlin-Brandenburg: Nein!
Das LSG Berlin-Brandenburg wies darauf hin, dass bei komplizierten Berechnungen auch die persönliche Urteilsfähigkeit und Erkenntnismöglichkeit berücksichtigt werden müssen. Die Ehefrau, die den Antrag stellte und später den Bescheid „prüfte“, gab vor Gericht an, brutto und netto nicht sicher unterscheiden zu können. Zudem sagte sie aus, dass sie Schwierigkeiten gehabt habe, die Berechnung zum Gesamteinkommen zu verstehen. Immerhin tauchte der Betrag 1.600,- € ja auf. Die falsche Einordnung in die Zeile brutto sei ihr aber nicht aufgefallen.
Dies musste der Frau auch nicht auffallen, so das LSG Berlin-Brandenburg. Es verneinte eine grobe Fahrlässigkeit. Die Familie muss den zu viel gezahlten Betrag daher nicht zurückzahlen.
Ob der Fall nun beim Bundessozialgericht landet, bleibt abzuwarten. Das Jobcenter kann die Zulassung zur Revision beantragen.
LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.04.2025 – L 3 AS 772/23
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