Wer während der Arbeitszeit auswärts Kaffee trinken geht, ohne sich auszustempeln, riskiert die fristlose Kündigung. Dies gilt insbesondere dann, wenn die auswärtige Kaffeepause vorsätzlich geplant und später ausdrücklich geleugnet wurde. In einem solchen Fall liegt ein Arbeitszeitbetrug vor, der, wenn das Vertrauensverhältnis erschüttert ist, zur fristlosen Kündigung berechtigt. Eine vorherige Abmahnung ist nicht erforderlich. So geht es aus einer aktuellen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Hamm (LArbG Hamm) hervor.
Das hatte sich die Klägerin wohl anders vorgestellt. Sie war bereits seit acht Jahren bei dem Beklagten als Raumpflegerin beschäftigt. Im Großen und Ganzen ließ sich die Klägerin in dieser Zeit nichts zu Schulden kommen. Abmahnungen erhielt die Klägerin jedenfalls nicht. Unter den Kollegen allerdings munkelte man, dass sich die Klägerin hin und wieder im gegenüberliegenden Café einkehrt, ohne sich auszustempeln.
Hiervon hörte auch der Beklagte und behielt die Klägerin von nun an im Auge. An einem Tag im Oktober 2021 war es wieder so weit. Die Klägerin stempelte sich zu Beginn ihrer Arbeitszeit im dafür vorgesehenen Zeiterfassungssystem ein. Ca. eine Stunde später begab sie sich in das Café und traf sich dort mit einer anderen Person zum Kaffeetrinken, für mindestens zehn Minuten. Ausgestempelt hatte die Klägerin sich allerdings nicht. Kurz zuvor meldete sich die Klägerin bei ihren Kolleginnen ab und gab an, sie würde kurz in den Keller gehen.
Der Beklagte begab sich zum Café und beobachtete von draußen, wie sie die Klägerin ihren Kaffee schmecken ließ. Zu Beweiszwecken machte er ein paar Fotos mit seinem Handy.
Als die Klägerin nach dem Cafébesuch wieder an ihrem Arbeitsplatz erschien, stempelte sie sich weder ein, noch nutzte sie die Möglichkeit der nachträglichen Korrektur im Zeiterfassungssystem. Sie hatte wohl nicht damit gerechnet, dass der Beklagte sie beobachtete. Als dieser sie auf ihren Cafébesuch ansprach, stritt die Klägerin alles ab. Erst als der Beklagte vorschlug, der Klägerin die Fotos auf seinem Handy zu zeigen, gab die Klägerin ihre heimliche Kaffeepause zu.
Der Beklagte kündigte daraufhin das Arbeitsverhältnis fristlos. Die Klägerin hatte damit wohl nicht gerechnet, zumal das Arbeitsverhältnis bisher beanstandungsfrei ablief. Sie erhob Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht. Die Klähgerin vertrat die Auffassung, dass sie zumindest vorher hätte abgemahnt werden müssen.
Das Arbeitsgericht wies jedoch die Klage ab und bestätigte die fristlose Kündigung. Und auch die Berufung hatte keinen Erfolg. Das LArbG Hamm stellte klar: Die fristlose Kündigung war gerechtfertigt!
Auch wenn es sich nur um eine kurze Kaffeepause handelte, die Pflichtverletzung der Klägerin wog so schwer, dass der Beklagte der Klägerin fristlos kündigen durfte, so das Gericht.
Die Pflichtverletzung bestand hier darin, dass sich die Klägerin für ihre Kaffeepause nicht ausstempelte. Grundsätzlich wäre hierfür eine Abmahnung gerechtfertigt gewesen. Allerdings war das Verhalten der Klägerin insgesamt so schwerwiegend, dass das Vertrauensverhältnis zerstört wurde. Der Beklagte durfte fristlos kündigen, so das LArbG Hamm.
Entscheidend war hier, dass die Klägerin planmäßig und vorsätzlich vorging. Zunächst gab sie gegenüber ihren Kollegen an, sie würde in den Keller gehen. Stattdessen begab sie sich in das gegenüberliegende Café. Ob sie vorher tatsächlich noch im Keller war, konnte nicht aufgeklärt werden. Nach dem Cafébesuch stritt sie gegenüber dem Beklagten mehrfach ab, im Café gewesen zu sein. Stattdessen meinte die Klägerin, sie sei im Keller gewesen. Erst nach dem Hinweis auf die Fotos gab die Klägerin alles zu.
Mit dem planmäßigen Vorgehen und dem späteren vorsätzlichen Verschleiern hat die Klägerin nach Auffassung des LArbG Hamm das Vertrauen des Beklagten verspielt. Die Klägerin zeigte zudem keinerlei Reue im Nachhinein, die darauf schließen lassen würde, dass sie ihr Verhalten bedauert. Aus diesem Grund war dem Beklagten die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zuzumuten, auch nicht bis zum Ablauf der Kündigungsfrist im Falle einer ordentlichen Kündigung.
Die fristlose Kündigung war somit gerechtfertigt, so das LArbG Hamm.
Auch wenn es sich nur um eine kurze Kaffeepause handelte, durfte der Beklagte der Klägerin hier fristlos kündigen. Neben der Pflichtverletzung wegen des unterbliebenen Ein- und Ausstempelns war das geplante vorsätzliche Verhalten entscheidend. Vor, während und nach der Kaffeepause ging die Klägerin vorsätzlich und planmäßig vor. Sie zeigte keinerlei Reue oder Bedauern. Mit diesen Verhalten zerstörte die Klägerin das Vertrauen des Beklagten. Dieser musste die Klägerin nicht erst abmahnen, sondern durfte sofort fristlos kündigen.
LArbG Hamm, Urteil vom 27.01.2023 – 13 Sa 1007/22
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