Das Wort „Rechtsanwalt“ ersetzt einfache Signatur nicht – auch bei Einzelanwalt (VG Sigmaringen Beschl. v. 07.03.2023 – 8 K 268/23)

Die Angabe „Rechtsanwalt“ am Ende eines Schriftsatzes erfüllt nicht die Voraussetzungen an eine einfache Signatur. Das gilt selbst dann, wenn der Name des Anwalts auf der ersten Seite des Schriftsatzes im Briefkopf erkennbar ist und es sich um eine Ein-Mann-Kanzlei mit nur einem Anwalt handelt. 

Einfache Signatur

Versenden Anwälte Schriftstücke über das eigene beA-Postfach an Gerichte, genügt es zwar, wenn das Dokument mit einer einfachen Signatur versehen ist (§ 55a Abs. 3 Satz 1 VwGO). Eine einfache Signatur besteht aus der maschinenschriftlichen Namenswiedergabe derjenigen Person, die den Schriftsatz autorisiert. Wenn aber am Ende des Schriftsatzes lediglich das Wort „Rechtsanwalt“ auftaucht, genügt das nicht. Erforderlich für eine einfache Signatur wäre die Wiedergabe des Namens der Person. 

Formale Anforderungen

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Sigmaringen genügt die Angabe „Rechtsanwalt“ auch dann nicht, wenn aus dem Schreiben eindeutig zu erkennen ist, dass nur ein einziger Rechtsanwalt in der Kanzlei tätig ist. Damit folgt das Gericht strikt der gesetzlichen Regelung, die eine Signatur verlangt, d.h. eine individuelle Namenswiedergabe. Da „Rechtsanwalt“ die Berufsbezeichnung darstellt, erfüllt das Wort die Anforderungen nicht. 

Praxis

Die Entscheidung verdient Zustimmung. Denn mit der Einführung des elektronischen Rechtsverkehrs hat der Gesetzgeber die formale Schwelle abgesenkt, indem nicht bloß qualifiziert elektronisch signierte, sondern auch einfach signierte Dokumente bei Verfahren eingereicht werden können. Da die qualifizierte elektronische Signatur das Pendent zur Schriftform ist, entspricht die einfache elektronische Signatur der Textform in der analogen Welt. 

Der Entscheidung können aber durchaus Argumente entgegengehalten werden: Zweck der Signatur ist neben der Erkennbarkeit des Abschlusses des Dokuments die Autorisierung, d.h. es muss erkennbar sein, wer für den Inhalt geradesteht. Wenn man einen Vergleich zur analogen Schriftform zieht, wird ein Wertungswiderspruch deutlich. Denn beim handschriftlich unterzeichneten Schriftsatz ist die Lesbarkeit des Namens des Unterzeichners keineswegs erforderlich. Dort genügt vielmehr die Gewissheit, dass eine Person unterzeichnet hat. Welche konkrete Person dies ist, ist häufig nur durch einen Blick in den Briefkopf feststellbar. 

VG Sigmaringen Beschluss vom 07.03.2023 – 8 K 268/23

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