Wird ein Verstorbener am falschen Ort bestattet, kann der Hinterbliebene Schmerzensgeld verlangen, wenn die fehlerhafte Bestattung zu psychischen Schäden führt. So geht es aus einem Urteil des Landgerichts Bielefeld (LG Bielefeld) hervor (Urt. v. 06.10.2021 – 5 O 170/17).
Geklagt hatte die Frau eines Verstorbenen. Der Verstorbene war zu Lebzeiten Hochseesegler und wünschte sich im Falle seines Todes eine Seebestattung in der Nordsee. Hierüber sprach der Verstorbene zu Lebzeiten mit seiner Frau anlässlich seiner Erkrankung. Die Frau wollte ihrem Mann diesen Wunsch erfüllen.
Als nun der Mann verstarb, beauftragte die Frau ein Bestattungsinstitut. Es gab diverse Gespräche zu einer gewünschten Seebestattung, in denen -so die Zeugen- auch explizit über den Wunsch einer Seebestattung in der Nordsee gesprochen wurde.
Daraufhin unterbreitete das Bestattungsinstitut ein Angebot zu einer Seebestattung in der Nordsee. Die Kosten hierfür waren der Frau jedoch zu hoch. Es folgten weitere Angebote, in denen zwar Seebestattung aufgeführt war, aber nicht der explizite Hinweis auf die Nordsee. Eines dieser Angebote nahm die Frau dann an.
Als später die Seekarte mit den Koordinaten übergeben wurde und aufgrund einer falschen Namensangabe Fragen aufkamen, stellte sich heraus, dass es sich um eine Seebestattung in der Ostsee handelte. Da war es jedoch leider schon zu spät, denn die Asche des verstorbenen Mannes war zu diesem Zeitpunkt bereits in die Ostsee gestreut worden.
Die Ehefrau des Verstorbenen war schwer erschüttert. So war es doch der größte Wunsch ihres Mannes, in der Nordsee bestattet zu werden. Diesen Wunsch konnte sie ihrem Mann nun nicht mehr erfüllen.
Die Frau erlitt nach eigener Aussage wegen der fehlerhaften Bestattung ein Psychotrauma. Sie leidet seitdem unter Depressionen, Schlafstörungen und Bluthochdruck. Verantwortlich hierfür machte sie das Bestattungsinstitut.
Sie verlangte Schmerzensgeld und erhob Klage beim LG Bielefeld.
Das LG Bielefeld kam nach der Zeugenvernehmung zu dem Ergebnis, dass eine Seebestattung in der Nordsee vereinbart worden ist. Auch wenn dies nicht explizit in dem unterzeichneten Angebot angegeben war, so lassen die Vertragsverhandlungen und die Absprachen hierzu nach Auffassung des Gerichts diesen Schluss zu.
Damit war die Seebestattung in der Ostsee vertragswidrig, so das Gericht, und der Frau stand als Vertragspartnerin grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch zu.
Ein gerichtlich bestellter Psychologe bestätigte in seinem Gutachten grundsätzlich, dass die fehlerhafte Bestattung zu einem depressiven Syndrom führte. Allerdings zeigte die Frau bereits eine depressive Grundstimmung auf, die nichts mit der Bestattung zu tun hatte. Und einen Zusammenhang zwischen dem depressiven Syndrom wegen der fehlerhaften Bestattung und dem Bluthochdruck sah der Psychologe ebenfalls nicht.
Das Gericht sprach der Frau ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,- € zu. Einen Anspruch auf die eingeklagten 10.000,- € lehnte das Gericht jedoch wegen der Feststellungen im Gutachten ab.
Damit muss die Frau auch die überwiegenden Kosten des Rechtsstreits tragen. Dieser ist jedoch noch nicht zu Ende, denn die Sache ist nun aufgrund einer eingelegten Berufung beim Oberlandesgericht Hamm rechtshängig. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts bleibt abzuwarten.
LG Bielefeld, Urteil vom 06.10.2021 – 5 O 170/17
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