Steht einem Elternteil nur ein Umgangsrecht zu, hat dieser unter Umständen keinen Anspruch auf Teilnahme an der Einschulungsfeier seines Kindes. Dies gilt dann, wenn im Falle eines Aufeinandertreffens beider Elternteile Streitigkeiten zu erwarten sind, die schlimmstenfalls traumatische Folgen für das Kind haben könnten. So geht es aus einer Entscheidung des Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken (OLG Zweibrücken) hervor (Beschluss vom 30.08.2021, 2 UFH 2/21).
Bei der Trennung der Eltern sind die Leidtragenden meist die Kinder. Dies gilt umso mehr, wenn sich die Eltern um das Sorgerecht und den Umgang streiten. Häufig müssen die Familiengerichte entscheiden, wer wann die Kinder sehen darf. Das Wohl des Kindes steht dabei an erster Stelle.
So hatte das OLG Zweibrücken in einem aktuellen Fall zu entscheiden, ob der umgangsberechtigte Vater an der Einschulungsfeier seiner Tochter teilnehmen darf.
Die getrenntlebenden Eltern waren zutiefst zerstritten. Mehrere Verfahren zum Sorgerecht und Umgang mit den beiden Kindern waren anhängig.
Aktuell hatte die Mutter das alleinige Sorgerecht. Der Vater durfte zwei Stunden in der Woche die Kinder treffen, jedoch nur unter Begleitung des Kinderschutzbundes. Höhepunkt der Streitigkeiten waren Anschuldigungen des Vaters, die Mutter habe ihre Kinder sexuell missbraucht. Eine Kommunikation war ab diesem Zeitpunkt zwischen den Eltern nicht mehr möglich.
Nun stand jedoch die Einschulungsfeier der Tochter an. Der Vater wollte daran teilnehmen. Die Mutter war jedoch vehement dagegen. Sie drohte sogar mit einem Polizeieinsatz, falls der Vater dort erscheinen sollte.
Da die Einschulung unmittelbar bevorstand, beantragte der Vater den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Diese sollte die Mutter verpflichten, ihn an der Einschulungsfeier teilnehmen zu lassen.
Ein Tag vor der Einschulung wies das OLG Zweibrücken den Antrag des Vaters zurück.
Das OLG Zweibrücken verwehrte dem Vater die Teilnahme an der Einschulungsfeier, da die Gefahr bestand, dass der Trennungskonflikt in die Veranstaltung hineingetragen werden und dies womöglich zu traumatischen Folgen für das Kind führen könnte.
Ganz offensichtlich bestand hier ein außergewöhnlich tiefgreifender Trennungskonflikt zwischen den Eltern, so das Gericht. Seit den Anschuldigungen des Vaters im Hinblick auf die sexuelle Belästigung war eine vernünftige Kommunikation nicht mehr möglich.
Es war nach Auffassung des Gerichts damit zu rechnen, dass es während der Einschulungsfeier zum Austausch von Feindseligkeiten kommt. Die Einschulung ist für das Kind jedoch ein ganz besonderes Ereignis. Für das Kind ist die Einschulung regelmäßig mit hohen Erwartungen und einer besonderen Gefühlslage verbunden, so das Gericht.
Kommt es hingegen während der Einschulungsfeier zu einer Eskalation zwischen den Eltern, könnte dies nach Auffassung des Gerichts traumatische Folgen für das Kind haben. Aus diesem Grund ist dem Vater, der nur umgangsberechtigt ist, die Teilnahme an der Einschulungsfeier zu verwehren, so das OLG Zweibrücken.
Dies gilt auch, obwohl das Umgangsrecht nach § 1684 Absatz 1 BGB grundsätzlich die Teilnahme an besonderen Ereignissen umfasst. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass beide Eltern spannungsfrei an der Veranstaltung teilnehmen können und die familiäre Belastung nicht in die Veranstaltung hineingetragen wird. Hierauf weist das OLG Zweibrücken in seiner Entscheidung hin. Diese Voraussetzung war hier aber nicht gegeben.
Der Vater durfte daher nicht an der Einschulungsfeier seiner Tochter teilnehmen. Der Beschluss des OLG ist rechtskräftig. Wegen der noch laufenden Verfahren dürfte ein Ende der Streitigkeiten allerdings nicht in Sicht sein. Und die Leidtragenden bleiben die Kinder.
OLG Zweibrücken, Beschluss vom 30.08.2021 – 2 UFH 2/21
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