Wird ein Auszubildender nicht ausgebildet, sondern muss stattdessen arbeiten, so steht ihm für die Arbeit auch Lohn bzw. Gehalt zu. Dies stellte das Arbeitsgericht Bonn (ArbG Bonn) in seinem Urteil vom 08.07.2021 klar (1 Ca 308/21).
Die Ausbildungsvergütung ist in aller Regel niedriger als der Lohn bzw. das Gehalt eines Angestellten. Leider gibt es Arbeitgeber, die das ausnutzen und Azubis als preiswerte Arbeitskräfte beschäftigen. Wer sich nicht wehrt, steht am Ende ohne Abschluss und mit wenig Geld da.
In dem vom ArbG Bonn entschiedenen Fall klagte ein Azubi gegen seinen Ausbildungsbetrieb. Der Azubi wollte eine Ausbildung als Gebäudereiniger machen und schloss einen entsprechenden Ausbildungsvertrag. Die vereinbarte Ausbildungsvergütung betrug 775,- € brutto.
Allerdings dachte der Arbeitgeber gar nicht daran, den Azubi auszubilden. Er meldete das Ausbildungsverhältnis weder zur Gebäudereiniger-Innung noch bei der Berufsschule an. Auch einen Ausbildungsplan gab es nicht.
Stattdessen gab es nur eine einmalige Einweisung durch einen Arbeitskollegen. Der Azubi arbeitete daraufhin 39 Wochenstunden als Reinigungskraft und erhielt hierfür die vereinbarte Ausbildungsvergütung. Eine Ausbildung fand jedoch nicht statt.
Hiermit war der Azubi überhaupt nicht einverstanden und erhob Klage, mit Erfolg!
Das ArbG Bonn verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung der tariflichen Vergütung nach Lohngruppe 1 des geltenden Rahmentarifvertrages. Und dieses ist fast doppelt so hoch wie die Ausbildungsvergütung.
Grund hierfür ist, dass der Azubi nach Art und Umfang wie eine Arbeitskraft arbeiten sollte. Daher muss er in entsprechender Anwendung des § 612 BGB auch wie eine Arbeitskraft bezahlt werden, so das ArbG Bonn.
Da der Azubi wie ein ungelernter Arbeitnehmer beschäftigt wurde, ist nach dem Urteil des ArbG Bonn die Lohngruppe 1 des Rahmentarifvertrages für die gewerblichen Beschäftigten in der Gebäudereinigung anzuwenden. Und dieses Gehalt ist deutlich höher als die Ausbildungsvergütung.
Die Klage war somit erfolgreich. Wie das Arbeitsverhältnis nun weitergeht oder ob der Azubi künftig vielleicht doch noch ausgebildet wird, ist nicht bekannt. Allerdings wird man davon ausgehen dürfen, dass der Azubi zumindest nicht mehr als preiswerte Arbeitskraft mit Ausbildungsvergütung beschäftigt sein wird.
ArbG Bonn, Urteil vom 08.07.2021 – 1 Ca 308/21
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