Ein Partnervermittlungsvertrag kann innerhalb der Widerrufsfrist widerrufen werden, wenn er außerhalb der Geschäftsräume geschlossen wird. Dies gilt, wenn der Vertrag noch nicht vollständig erfüllt ist. Und der Vertrag ist nur dann vollständig erfüllt, wenn dem Kunden die vereinbarten Kontakte tatsächlich zur Verfügung gestellt wurden. Nur das Zusammenstellen von Kontakten genügt nicht. Dies stellt der Bundesgerichtshof (BGH) in einem aktuellen Urteil vom 06.05.2021 klar (III ZR 169/20).
Das Geschäft so genannter Partnervermittlungsagenturen boomt. Groß sind die Erwartungen an eine mögliche neue Liebe und das hat meist auch einen hohen Preis. Ob die tatsächlich erbrachten Dienstleistungen der Agenturen die hohen Preise rechtfertigen, sei dahingestellt.
In einem aktuellen Fall hat sich der BGH klar dazu positioniert, worin die Hauptleistungspflicht einer Partnervermittlungsagentur besteht. Diese besteht nämlich nicht nur darin, geeignete Kontakte zusammenzustellen. Diese müssen dem Kunden auch tatsächlich zur Verfügung gestellt werden. Erst dann ist der Vertrag erfüllt.
Dies hat zur Folge, dass der Vertrag bis dahin vom Kunden widerrufen werden kann. Vorausgesetzt es handelt sich um einen Vertragsschluss mit einem Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume. Die Widerrufsfrist beträgt dann 14 Tage.
Geklagt hatte eine ältere Dame, die sich auf der Suche nach einem neuen Partner an eine Partnervermittlungsagentur wandte. Unmittelbar nach ihrer Anfrage schickte die Agentur einen Vertreter zu der Dame nach Hause. Im Verlaufe des Gesprächs unterzeichnete die Frau einen vom Vertreter vorgelegten Vertrag.
In dem Vertrag hieß es unter anderem, dass die Hauptleistungspflicht der Agentur darin besteht, dass diese 21 Partnervorschläge in einem so genannten Partnerdepot zusammenstellt. Hierauf sollten 90% des Honorars entfallen. Die restlichen 10% entfielen auf die ständige Aktualisierung und Pflege der Kontakte für die Dauer von einem Jahr.
Darüber hinaus unterzeichnete die Frau noch ein weiteres Formular. Hierin bestätigte die über ihr Widerrufsrecht belehrte Frau, dass die Agentur unverzüglich mit ihrer Dienstleistung beginnen soll. Dass ihr Widerrufsrecht mit vollständiger Erfüllung erlischt, sei ihr bewusst.
Als Honorar war ein Betrag von 8.330,- € vereinbart. Diesen Betrag überwies die Frau ein Tag nach Vertragsschluss. Am selben Tag übermittelte die Agentur drei Kontakte. Diese sagten der Frau jedoch nicht zu.
Die Frau entschloss sich daraufhin, den Vertrag mit der Agentur zu beenden und schickte eine entsprechende Erklärung an die Agentur. Unmittelbar danach erhielt die Frau noch weitere 17 Kontaktvorschläge.
Die Kundin verlangte nun das von ihr gezahlte Honorar zurück. Die Agentur lehnte jedoch die Rückzahlung ab und verwies darauf, den Vertrag bereits erfüllt zu haben. Schließlich habe sie, wie vertraglich vereinbart, ein Partnerdepot mit 21 Kontakten zusammengestellt. Und das hat zur Folge, dass ein Widerruf wegen vollständiger Erfüllung nicht mehr in Betracht komme, so die Agentur.
Die Frau erhob daraufhin Klage und scheiterte zunächst vor dem Landgericht. Sie blieb jedoch hartnäckig und legte Berufung beim Oberlandesgericht (OLG) ein, mit Erfolg. Das OLG bejahte ein Widerrufsrecht, brachte jedoch für die bereits vermittelten drei Kontakte einen Betrag von ca. 1.000,- € in Abzug.
Die Agentur legte hiergegen Revision beim BGH ein und verlor den Rechtsstreit nun endgültig. Der BGH bestätigte ein Widerrufsrecht der Frau. Dieses ist nicht wegen vollständiger Erfüllung erloschen, so der BGH. Denn vollständige Erfüllung liegt nur bei vollständiger Übergabe der vermittelten Kontakte an den Kunden vor. Die Erstellung eines Partnerdepots genügt nach Auffassung des BGH jedenfalls nicht.
Damit lag ein wirksamer Widerruf des Partnervermittlungsvertrages vor. Und in diesem Fall ist auch ein bereits gezahltes Honorar zurückzuzahlen. Allerdings ist für bereits erbrachte Leistungen ein Wertersatz abzuziehen. Dieser richtet sich jedoch nicht nach der Anzahl der bereits vermittelten Kontakte.
Nach dem Urteil des BGH ist für die Berechnung des Wertersatzes die Rechtsprechung der Europäischen Union heranzuziehen. Hiernach ist der geschuldete Betrag grundsätzlich zeitanteilig zu berechnen. Maßgeblich ist daher die vertraglich vereinbarte Dauer von einem Jahr und die tatsächlich bis zum Widerruf verstrichene Vertragsdauer.
Der in Abzug zu bringende Wertersatz liegt damit nach Auffassung des BGH deutlich unter dem vom OLG angenommenen Betrag.
Die Frau bekommt nun im Wesentlichen ihr Honorar zurück. Ob sie zwischenzeitlich den Partner fürs Leben gefunden hat, ist nicht bekannt. Zu wünschen wäre es ihr, ob nun mit oder ohne professionelle Hilfe.
BGH, Urteil vom 06.05.2021 – III ZR 169/20
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