Grundstückskaufvertäge bedürfen der notariellen Form (§ 311b Absatz 1 BGB). Wenn nach Vertragsschluss Änderungen am Vertrag erforderlich sind stellt sich die Frage, ob die Änderung ebenfalls der notariellen Form bedarf oder ob eine einfache privatschriftliche Vereinbarung ausreicht. Diese Frage ist aufgrund der drohenden Nichtigkeit von großer Bedeutung (§ 125 BGB). Für das Ende der notariellen Form beim Grundstückskaufvertrag nach Auflassung wird oft die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs angeführt. Diese Auffassung begegnet sowohl in der juristischen Fachliteratur als auch in der Instanzrechtsprechung Kritik. Der BGH hält aber in einer neueren Entscheidung an seiner Rechtsauffassung zum Ende der notariellen Form beim Grundstückskaufvertrag nach Auflassung fest.
In notariellen Grundstückskaufverträgen ist es üblich, dass der Verkäufer die Auflassung sogleich in der Vertragsurkunde erklärt, aber der Notar diese erst dann beim Grundbuchamt einreichen darf, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Zu diesen Anforderungen gehört regelmäßig der Nachweis der Kaufpreiszahlung. Nach der Rechtsprechung des BGHs ist es möglich, Vertragsänderungen nach Erklärung der Auflassung aber vor Eigentumseintragung formfrei vorzunehmen.
Der BGH hat entschieden, dass eine Änderung eines Grundstückskaufvertrags nach Erklärung der Auflassung formlos erfolgen kann (BGH, Urt. v. 14.09.2018 – V ZR 213/17; Beschl. v. 28.09.1984 – V ZR 43/83).
Mit der Auflassung, also der Einigung über den Eigentumsübergang, erfüllt der Verkäufer seine Pflicht, denn er hat getan was er tun muss. Dadurch entfalle, so der BGH, der wesentliche Schutzzweck des notariellen Beurkundungserfordernisses. Nachfolgende Änderungen des Vertrags unterliegen daher nicht mehr der notariellen Form.
Danach könnten die Parteien handschriftlich oder sogar mündlich Änderungen des Kaufpreises, der Gewährleistung, des Besitzübergangs oder der Kostentragung für Erschließungsmaßnahmen vereinbaren.
Eine wichtige Einschränkung gibt es: die Formerleichterung gilt erst dann, wenn die Auflassung bindend ist (§ 873 Absatz 2 BGB). Wenn der Vertrag aufseiten des Verkäufers durch einen vollmachtlosen Vertreter geschlossen wird, bedarf es daher der Genehmigung durch den Verkäufer. Solange die Genehmigung nicht vorliegt, ist der Vertrag schwebend unwirksam und die Auflassung ist nicht bindend. Mehr Informationen zu vertragsrechtlichen Fragen gibt es hier.
Gegen die Auffassung des Bundesgerichtshofs wenden Kritiker ein, dass die Schutzzwecke der notariellen Form mit der Erklärung der Auflassung keineswegs entfallen. So gelte der bezweckte Übereilungsschutz ebenso wie die Eigentumsverschaffungspflicht des Verkäufers bis zur Eintragung fort.
Dementsprechend weichen einige Instanzgerichte von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ab und nehmen an, dass das notarielle Formerfordernis bis zur Eintragung im Grundbuch besteht (OLG Düsseldorf, Urt. v. 06.10.1997 – 9 U 24/97; OLG Stuttgart, Ergänzungsurt. v. 26.09.2017 – 10 U 140/16; LG Limburg, Urt. v. 12.02.1986 – 2 O 470/84).
Aufgrund der klaren Positionierung des BGHs ist die Auflassung nun als maßgeblicher Zeitpunkt für das Ende der notariellen Form bei Grundstückskaufverträgen anzusehen. Eine Garantie dafür, dass die Instanzgerichte ihre Rechtsprechung zu dem Thema ändern und der Auffassung des BGHs anpassen, ist das aber nicht. Die Gerichte berücksichtigen zwar regelmäßig die Rechtsprechung des obersten deutschen Zivilgerichts, sind formal aber an diese nicht gebunden.
BGH, Urteil vom 14.09.2018 – V ZR 213/17, im Volltext hier abrufbar
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