Beweisantritt „unter Verwahrung gegen die Beweislast“

Im Zivilprozess gilt das Prinzip, dass jeder die für ihn günstigen Umstände zu beweisen hat. Das heißt dass der Kläger die anspruchsbegründenden Umstände beweisen muss und der Beklagte die gegen seine Haftung sprechenden Umstände. Mit der Beweislast entscheidet sich oft der Ausgang des Prozesses, denn die Unerweislichkeit geht zulasten des Beweisbelasteten.

Verwahrung gegen die Beweislast

In Prozessen ist häufig die Formulierung anzutreffen, dass eine Partei Beweis antritt „unter Verwahrung gegen die Beweislast“. Ein Beweisantritt „unter Verwahrung gegen die Beweislast“ erscheint widersprüchlich. Denn Beweise vorzubringen ist Sache des Beweisbelasteten. Wenn dieser nun die Beweislast in Abrede stellt, könnte das den Beweisantritt insgesamt in Frage stellen.

„Unter Verwahrung gegen die Beweislast“ als Bedingung?

Wenn man den Beweisantritt „unter Verwahrung gegen die Beweislast“ so interpretiert, dass er abhängig von der Beweislast ist, wäre der Beweisantritt unwirksam. Denn Beweisantritte sind Prozesshandlungen, die grundsätzlich nicht an Bedingungen geknüpft werden dürfen.  

Unverbindlicher Hinweis auf eigene Rechtsauffassung

Die Gerichte interpretieren Beweisantritte „unter Verwahrung gegen die Beweislast“ nicht als Bedingung, sondern nur als unverbindlichen Hinweis auf die Rechtsauffassung des Verfassers, dass die durch ihn vertretene Partei nicht beweisbelastet ist. Das gilt jedenfalls dann, wenn aus der gewählten Formulierung hinreichend deutlich wird, dass es sich nicht um eine Bedingung handelt, Beispiel:

Beweis: Sachverständigengutachten (unter Verwahrung gegen die Beweislast)

Der Hinweis auf die Beweislast hindert das Gericht nicht an der Beweiserhebung. Vielmehr gibt der Verfasser lediglich zu erkennen, dass er sich nicht für beweisbelastet hält und dass er – sofern er beweisbelastet wäre – den Beweis führen könnte.

Aus rechtlicher Sicht könnte man die Formulierung weglassen, denn über die Beweislast entscheidet das Gericht. Im Zivilprozess ist die Formulierung aber dennoch üblich, um das Gericht auf die „richtige“ Fährte zu bringen.

§§ 373, 403 ZPO

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