Klarnamenpflicht bei Facebook vs. Recht auf Anonymität im Internet (OLG München, Endurt. v. 08.12.2020 – 18 U 2822/19)

Eine in den Nutzungsbedingungen von Facebook enthaltene Regelung, nach der Nutzer Klarnamen zu verwenden haben, hat das OLG München für rechtens befunden.

„Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden. Aus diesem Grund musst du Folgendes tun: – Denselben Namen verwenden, den du auch im täglichen Leben verwendest.“

Nummer 3.1. Facebook Nutzungsbedingungen

Pseudonym

Facebook forderte den mit einem Pseudonym angemeldeten Kläger auf, seinen Klarnamen anzugeben. Da er das nicht tat, sperrte Facebook seinen Account. Hiergegen wandte sich der Kläger und verlangte, Nummer 3 der Nutzungsbedingungen nicht auf ihn anzuwenden und ihm die Nutzung des Dienstes mit Pseudonym zu gestatten.

Das OLG München gab Facebook Recht: Facebook darf in seinen Nutzungsbedingungen eine Klarnamenpflicht regeln.

Kein Recht auf Anonymität

Zwar sieht § 13 Absatz 6 TMG vor, dass Diensteanbieter Nutzern die anonyme oder pseudonyme Nutzung ermöglichen sollen, soweit das technisch möglich und zumutbar ist. Die Münchner Richter sehen in § 13 Absatz 6 TMG eine datenschutzrechtliche Bestimmung. Da die DSGVO keinen Anspruch auf Anonymität enthalte und Anwendungsvorrang genieße, bedürfe das deutsche Gesetz einer unionsrechtskonformen Auslegung.

Das OLG nahm diese unionsrechtskonforme Auslegung am Tatbestandsmerkmal „zumutbar“ vor.  

Abwägung der Interessen

Die Abwägung der Interessen ergibt nach Auffassung des Gerichts ein Überwiegen der Belange von Facebook. Dabei fiel ins Gewicht, dass in den vergangenen Jahren ein zunehmend rauer Ton herrscht und die Klarnamenpflicht dem entgegenwirken könne.

Hintergrund

Die Sichtweise des OLG München zu § 13 Absatz 6 TMG schränkt den Anwendungsbereich der Vorschrift erheblich ein. Denn eine Qualifizierung als Datenschutznorm führt dazu, dass sie sich an der vorrangig anzuwendenden Datenschutzgrundverordnung messen lassen muss. Die DSVO sieht zwar Anonymisierungen und Pseudonymisierungen im Sinne der Datensparsamkeit vor, kennt aber kein generelles Recht auf Anonymität.

Das OLG München hat die Revision zugelassen. Es ist daher damit zu rechnen, dass sich der BGH zu der Thematik äußert.

OLG München, Endurteil vom 08.12.2020 – 18 U 2822/19

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