Klagt ein Arbeitnehmer gegen seine Kündigung und sagt er beim Arbeitsgericht nicht die Wahrheit, kann er erneut gekündigt werden. Einen solchen Fall hatte das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz (LArbG Rheinland-Pfalz) zu entscheiden (7 Sa 333/19).
Auf die Kündigung eines Mitarbeiters folgt oft der Rechtsstreit vor dem Arbeitsgericht. Der Arbeitnehmer klagt gegen seine Kündigung und hofft auf eine Weiterbeschäftigung oder zumindest eine Abfindung. Nicht selten geht es um die finanzielle Existenz des Mitarbeiters, der womöglich auch noch unterhaltspflichtig ist.
Da zählt im Kündigungsschutzprozess jedes Argument, um die Kündigung zu Fall zu bringen. Aber wie weit darf man gehen? Was ist, wenn der Arbeitnehmer Unwahrheiten behauptet? Darf er das?
Nein! Das stellt das LArbG Rheinland-Pfalz in einem aktuellen Urteil klar. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) weist das LArbG darauf hin, dass der Arbeitnehmer vor Gericht nicht leichtfertig Tatsachen behaupten darf, deren Unhaltbarkeit auf der Hand liegt. In diesem Fall riskiert der Arbeitnehmer erneut den Ausspruch einer ordentlichen oder sogar außerordentlichen Kündigung. So hatte es bereits das BAG entschieden (BAG, 31.07.2014 – 2 AZR 434/13; BAG, 29.08.2013 – 2 AZR 419/12).
Der Arbeitnehmer hat eine vertragliche Nebenpflicht, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen und sie in zumutbarem Umfang zu wahren, so das LArbG unter Verweis auf das BAG (BAG, 31.07.2014 – 2 AZR 434/13). Dies gilt auch nach Ausspruch der Kündigung.
Es spielt nach Auffassung des LArbG keine Rolle, ob der Vortrag für die Entscheidung tatsächlich von Bedeutung ist oder nicht. Der Arbeitnehmer darf sich dann auch nicht auf sein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung berufen (BVerfG, 11.04.191 – 2 BvR 963/90).
Was allerdings erlaubt ist, ist dass der Arbeitnehmer auch starke, eindringliche Ausdrücke benutzen darf, dies jedoch nur im Rahmen der Wahrheitspflicht, so das LArbG.
Die Beweislast für die Behauptung unwahrer Tatsachen obliegt jedoch dem Arbeitgeber. Und in dem vom LArbG entschiedenen Fall konnte der Arbeitgeber eine Behauptung unwahrer Tatsachen nicht zur Überzeugung des Gerichts nachweisen.
Der Arbeitnehmer war vom Arbeitgeber gekündigt worden, da er über seinen Facebook-Account rechtswidrig Fotos von Baustellen des Arbeitgebers veröffentlicht hatte. Trotz Aufforderung hatte der Arbeitnehmer die Fotos nicht vollständig gelöscht. Hierfür erhielt er die Kündigung.
Im Kündigungsschutzprozess behauptete der Arbeitnehmer, er habe vergeblich versucht, alle Bilder zu löschen und er habe die Personalleiterin per Email darüber informiert, dass er die Bilder löschen werde. Die Email war nach Aussage des Arbeitnehmers wegen eines Festplattentauschs bei ihm nicht mehr auffindbar. Der Arbeitgeber hielt dies für eine unwahre Schutzbehauptung und sprach hierfür erneut die Kündigung aus. Über diese Kündigung hatte das LArbG zu entscheiden.
Unabhängig davon, ob diese Behauptungen vielleicht unglaubwürdig erscheinen, konnte der Arbeitgeber die vorsätzliche Behauptung unwahrer Tatsachen jedoch nicht darlegen und beweisen. Aus diesem Grund konnte auch ein Kündigungsgrund nicht nachgewiesen werden und die zweite verhaltensbedingte Kündigung war unwirksam, so das LArbG Rheinland-Pfalz.
LArbG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.09.2020 – 7 Sa 333/19
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