Das Widerrufsrecht für Verträge, die außerhalb der Geschäftsräume oder online geschlossen wurden, gilt nicht für Bürgschaften. Dies stellte der Bundesgerichtshof in seinem aktuellen Urteil vom 22.09.2020 klar (XI ZR 219/19).
In dem vom BGH entschiedenen Fall hatte ein geschäftsführender Alleingesellschafter für seine eigene Firma gebürgt. Die Firma hatte bei einer Bank einen Kontokorrentkredit in Höhe von 300.000 €. Zur Absicherung dieses Kredits unterschrieb der Geschäftsführer als Privatperson eine Bürgschaftserklärung in Höhe von 170.000,- €. Die Unterschrift leistete er in seinen eigenen Geschäftsräumen. Ein Mitarbeiter der Bank war dabei anwesend.
Als die Firma insolvent wurde, war der Kontokorrentkredit falls vollständig in Anspruch genommen. Die Bank verlangte nun den von dem Geschäftsführer die volle Bürgschaftssumme.
Der Anwalt des Geschäftsführers erklärte für seinen Mandanten den Widerruf der Bürgschaftserklärung. Schließlich stünde dem Geschäftsführer ein Widerrufsrecht zu, denn die Bürgschaftserklärung wurde außerhalb der Geschäftsräume der Bank unterzeichnet. Mangels Widerrufserklärung war der Widerruf innerhalb der Jahresfrist auch noch fristgerecht, so der Anwalt.
Die Bank hielt an ihrer Forderung fest und erhob Klage. Das Oberlandesgericht Hamburg gab in der Berufungsinstanz dem Geschäftsführer Recht und wies die Klage der Bank ab. Der BGH hatte nun über die Revision der Bank zu entscheiden.
Und der BGH entschied: Ein Widerrufsrecht besteht nicht! Das Widerrufsrecht nach § 355 BGB i.V.m. §§ 312b Absatz 1, 312g Absatz 1 BGB setzt nach seinem Wortlaut einen Verbrauchervertrag voraus, der eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat. Aus dem Wortlaut ergibt sich nach Auffassung des BGH klar, dass bei dem Verbrauchervertrag der Unternehmer, hier die Bank, die vertragscharakteristische Leistung zu erbringen hat. Dies ist hier aber nicht der Fall.
Bei der Bürgschaft des Mannes handelt es sich um einen Verbrauchervertrag, bei dem die entgeltliche Leistung vom Verbraucher erbracht werden soll. Und die entgeltliche Leistung des Verbrauchers fällt nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht darunter, so der BGH.
Die Vorschriften über das Widerrufsrecht können nach Auffassung des BGH auch nicht analog angewendet werden. Es fehlt an einer planwidrigen Regelungslücke, so der BGH.
Der Mann konnte seine Bürgschaftserklärung damit nicht wirksam widerrufen. Die Widerrufserklärung ging ins Leere. Da ein Widerruf ausscheidet, muss nun das OLG Hamburg prüfen, ob und in welcher Höhe die Bank ihre Ansprüche aus der Bürgschaft durchsetzen kann. Der BGH verwies den Rechtsstreit daher zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück an das OLG Hamburg.
BGH, Urteil vom 22.09.2020 – XI ZR 219/19
Wer sich nach getaner Arbeit duscht oder wäscht, kann hierfür unter Umständen Vergütung verlangen. Das…
Wer als Fahrgast in einem Linienbus mitfährt, sollte sich einen Sitzplatz suchen oder zumindest sehr…
Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt, ist nicht immer glücklich mit seinen Nachbarn. Insbesondere wenn es…
Das Landessozialgericht Berlin–Brandenburg (LSozG Berlin-Brandenburg) stellte in einem aktuellen Urteil klar, dass ein Sturz während…
Der Verkauf eines angeblich „kerngesunden“ in Wirklichkeit aber kranken Hundes durch die Stadt Ahlen an…
Die Frage, ob ein Wegeunfall ein Arbeitsunfall ist, wird oft erst vor Gericht geklärt. Lehnt…