Erwachsenenhotel – Keine Entschädigung wegen Diskriminierung (BGH, Urt. v. 27.05.2020 – VIII ZR 401/18)

Ein Erwachsenenhotel darf Kinder und Jugendliche als Gäste ablehnen. Zwar liegt eine Benachteiligung wegen des Alters nach dem AGG vor, diese ist jedoch durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt.

Zur unternehmerischen Freiheit gehört eben auch, ein Hotel als Wellnesshotel auszurichten, welches zwangsläufig mit der Abwesenheit von Störungen verbunden ist. Dies rechtfertigt grundsätzlich den Ausschluss von Gästen unter 16 Jahren, wenn diese nicht gerade ein eigenes Interesse am Besuch gerade dieses Hotels darlegen können.

Eine Entschädigung wegen Benachteiligung kann dann nicht verlangt werden. So urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am 27.05.2020 (VIII ZR 401/18).

“Adults-only-Hotel”

So genannte Erwachsenenhotels oder auch „Adults-Only-Hotels” erfreuen sich bei vielen Urlaubern großer Beliebtheit. So versprechen sich die Gäste eines solchen Hotels mehr Ruhe und Entspannung als in einem auch von Familien mit Kindern besuchten Hotel. Bei Familien hingegen stößt der Ausschluss von Kindern in einem solchen Hotel oft auf Unverständnis. Mit einem solchen Fall hatte sich nun der BGH zu beschäftigen.

Keine Gäste unter 16 Jahren!

Eine Familie mit fünf Kindern (alle unter 16 Jahren) wollte in einem Wellnesshotel in Brandenburg einen Kurzurlaub verbringen. Die Eltern stellten eine entsprechende Buchungsanfrage und baten um ein Angebot für vier Übernachtungen.

Darauf hin teilte das Hotel mit, dass ein Angebot leider nicht unterbreitet werden könne, da die Kinder allesamt unter 16 Jahre alt sind. Das Wellnesshotel wird jedoch als Erwachsenenhotel betrieben und könne die Familie daher leider nicht aufnehmen.

Die Eltern waren hierüber gar nicht erfreut. Sie waren der Auffassung, dass die Ablehnung ihrer Familie eine Diskriminierung wegen des Alters darstellt. Aus diesem Grund sei in jedem Fall eine Entschädigung zu zahlen.

Entschädigung wegen Altersdiskriminierung?

Die Familie erhob Klage vor dem Amtsgericht, ohne Erfolg. Auch die Berufung vor dem Landgericht blieb erfolglos. Über die Revision hatte nun der BGH zu entscheiden.

Benachteiligung ja, aber sachlicher Grund!

Und der BGH entschied: Eine Entschädigung muss nicht gezahlt werden! Zwar ging auch der BGH davon aus, dass eine Benachteiligung wegen des Alters grundsätzlich bejaht werden müsse. Allerdings liegt nach Auffassung des BGH ein sachlicher Grund für die Benachteiligung vor.

Die Verfolgung wirtschaftlicher Interessen des Hotels, sich am Markt als Wellness- und Tagungshotel mit einem speziellen Angebot zu positionieren, sei legitim, so der BGH.

Zur Umsetzung dieses Ziels und insbesondere um ein entsprechendes Leistungsangebot vorhalten zu können, darf das Hotel eben auch Gäste unter 16 Jahren ausschließen, da von diesen in der Regel andere Lärmbeeinträchtigungen ausgehen, als von Erwachsenen.

Dies ist nach Auffassung des BGH von der unternehmerischen Handlungsfreiheit umfasst. Hierauf darf sich der Unternehmer auch im Anwendungsbereich des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes berufen, so der BGH.

Abwägung der Interessen

Die Abwägung der Interessen ergab nach dem Urteil des BGH, dass die Interessen der Familie hinter den unternehmerischen Interessen zurückzustehen haben. Der Familie war es nach Auffassung des BGH zuzumuten, vom Hotel ausgeschlossen zu werden.

Insbesondere hat die Familie nicht dargetan, dass und warum sie ein besonderes Interesse gerade an der Beherbergung in diesem Hotel hat. Hinzu kam nach Auffassung des BGH, dass die Familie auch nicht auf die Beherbergung in genau diesem Hotel angewiesen war. Vielmehr „sollte sich der beabsichtigte Aufenthalt lediglich im Rahmen ihrer vorübergehenden Freizeitgestaltung vollziehen“, so der BGH.

Dieses Freizeitinteresse kann die Familie in vergleichbarer Weise in der Region auch anderweitig befriedigen. Hierauf weist der BGH in seinem Urteil hin.

Im Ergebnis überwiegen die unternehmerischen Interessen des Hotelbetreibers und die Interessen der Familie haben in dem hier entschiedenen Fall zurückzustehen. Da für die Benachteiligung wegen des Alters ein sachlicher Grund vorgelegen hat, scheidet ein Anspruch auf Entschädigung nach dem Urteil des BGH aus.

Die Revision wurde vom BGH zurückgewiesen.

Die Familie unterlag mit ihrer Entschädigungsklage nun auch in dritter Instanz.

BGH, Urteil vom 27.05.2020 – VIII ZR 401/18

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