Verlangt der Vermieter die Zustimmung zur Mieterhöhung und bezieht er sich als Begründung auf einen 20 Jahre alten Mietspiegel, ist das Mieterhöhungsverlangen unwirksam. In diesem Fall sind schon die formellen Voraussetzungen nicht erfüllt. Denn ein 20 Jahre alter Mietspiegel stellt mangels Informationsgehalt schon keine ordnungsgemäße Begründung dar. Dieses Urteil fällte der Bundesgerichtshof (BGH) am 16.10.2019 (VII ZR 340/18).
Nach § 558a BGB muss der Vermieter für sein Mieterhöhungsverlangen eine bestimmte Form einhalten. Insbesondere muss das Mieterhöhungsverlangen begründet werden, damit der Mieter die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens eigenständig überprüfen kann.
Der Gesetzgeber hat in § 558a Absatz 2 BGB Beispiele angegeben, wie eine solche Begründung aussehen kann. Die wohl gängigste und dort angegebene Begründung ist die Bezugnahme auf einen Mietspiegel.
Wird zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens auf einen Mietspiegel Bezug genommen, so ist § 558a BGB Absatz 4 zu beachten. Hiernach kann auch auf einen veralteten Mietspiegel Bezug genommen werden, wenn ein z.B. ein aktualisierter Mietspiegel nicht vorliegt. Wie alt der Mietspiegel sein darf, ist jedoch nicht geregelt.
Dass ein 20 Jahre alter Mietspiegel in jedem Fall zu alt ist, hat nun der BGH entschieden.
Geklagt hatte ein Vermieter, der von seiner Mieterin die Zustimmung zur Mieterhöhung verlangte. Zur Begründung der Mieterhöhung enthielt das Schreiben allein die Bezugnahme auf einen 20 Jahre alten Mietspiegel der betreffenden Stadt und die Einordnung der Wohnung in eine bestimmte Kategorie mit einer Mietpreisspanne von 9 DM bis 14 DM. Die Mieterin verweigerte die Zustimmung zur Mieterhöhung, woraufhin der Kläger Klage erhob.
Sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Landgericht verlor der Kläger. Er legte Revision beim BGH ein, über die der BGH nun entschieden hat.
Der BGH stellte klar, dass ein 20 Jahre alter Mietspiegel in jedem Fall zu alt ist und damit als Begründung für ein Mieterhöhungsverlangen nicht herangezogen werden darf. Die Begründung einer Mieterhöhung muss „Angaben über Tatsachen enthalten, aus denen der Vermieter die Berechtigung herleite, und zwar in dem Umfang, wie der Mieter solche Angaben benötige, um der Berechtigung des Erhöhungsverlangens nachgehen und diese zumindest ansatzweise überprüfen zu können“, so der BGH.
Diesen Anforderungen wird nach dem Urteil des BGH ein 20 Jahre alter Mietspiegel nicht gerecht. Ein 20 Jahre alter Mietspiegel beruht in jedem Fall auf überholten Tatsachen, so der BGH. „Aufgrund der erheblichen Zeitspanne zwischen der Erstellung des Mietspiegels und dem Erhöhungsverlangen seien wesentliche Änderungen der Mietstruktur wahrscheinlich“, hierauf weist der BGH in seinem Urteil hin.
Der BGH weist auch darauf hin, dass das Gesetz von einem Aktualisierungserfordernis für Mietspiegel innerhalb einer Frist von zwei Jahren ausgeht, §§ 558c Absatz 3, 558d Absatz 2 BGB. Jedoch erlaubt das Gesetz auch eine Bezugnahme auf einen veralteten Mietspiegel, wenn kein aktualisierter Mietspiegel vorliegt, so der BGH. Eine Höchstdauer des Mietspiegels ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Entscheidend ist nach Auffassung des BGH, ob dem Mietspiegel trotz seines Alters noch ein in § 558a Absatz 1 BGH vorausgesetzter Informationsgehalt zukommt. Damit darf der Mietspiegel nicht an Aktualität verloren haben, denn von dem grundsätzlichen Aktualitätserfordernis hat der Gesetzgeber gerade nicht Abstand genommen. Hierauf weist der BGH in seinem Urteil hin.
Bei einem 20 Jahre alten Mietspiegel ist dies definitiv nicht der Fall, so entschied der BGH. Die Wohnwertmerkmale, nach denen sich die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Wohnung richtet, unterliegen mit fortschreitender Zeit einem Wandel.
Bestimmte Einrichtungen, die einer Wohnung einen besonderen Wert verleihen, können zur Standardausstattung werden. Auch die Wohnlage kann sich im Laufe der Zeit ändern und damit auch deren Bewertung. Diese Veränderungen können bei einem 20 Jahre alten nicht aktualisierten Mietspiegel natürlich keine Berücksichtigung finden, so der BGH.
Es fehlt daher dem 20 Jahre alten Mietspiegel am notwendigen Informationsgehalt. Er kann nach der Entscheidung des BGH damit nicht als Begründung zum Mieterhöhungsverlangen herangezogen werden. Das Mieterhöhungsverlangen ist in diesem Fall mangels Begründung formell unwirksam.
Der Kläger konnte wegen seines formell unwirksamen Mieterhöhungsverlangens die Mieter nicht erhöhen. Die Klage hatte auch in dritter Instanz keinen Erfolg.
BGH, Urteil vom 16.10.2019 – VIII ZR 340/18
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