Der Parkplatz eines Einkaufsmarktes muss vom Betreiber bei Glätte nur im Rahmen des Zumutbaren gestreut werden. Die Streupflicht erstreckt sich insbesondere nicht auf die Fläche zwischen zwei gekennzeichneten Parknischen bzw. zwischen zwei parkenden Autos. Kommt es dort glättebedingt zu einem Sturz, können Ansprüche nicht geltend gemacht werden. Dieses Urteil fällte der Bundesgerichtshof (BGH) am 02.07.2019 (VI ZR 184/18).
Geklagte hatte eine Frau, die auf dem von der Beklagten betriebenen Parkplatz eines Einkaufsmarktes ihr Auto parkte. Beim Aussteigen aus dem Auto kam die Frau wegen der überfrorenen Fläche zwischen ihrem und dem auf dem Nachbarparkplatz abgestellten Auto ins Rutschen. Sie stürzte und schlug mit einer Gesichtshilfe auf dem Boden auf.
Die Beklagte hatte den Winterdienst einschließlich Streudienst auf eine entsprechende Firma übertragen. Die Frau verlangte nun Schadensersatz sowohl vom Betreiber des Parkplatzes als auch vom der den Winterdienst ausführenden Firma.
Die Klage vor dem Landgericht wurde abgewiesen. Auch die Berufung der Klägerin vor dem OLG Schleswig hatte keinen Erfolg. Das OLG Schleswig ging von einer nur eingeschränkten Streupflicht aus. Insbesondere zwischen den markierten Parkflächen habe eine Streupflicht nicht bestanden, so das OLG.
Denn die Streupflicht bestehe nur „im Rahmen des für den Verpflichteten Zumutbaren“. Aufgrund der ständig ein- und ausparkenden Autos komme schon eine maschinelle Streuung nicht in Betracht. Dem Betreiber kann nicht zugemutet werden, permanent und manuell zwischen den parkenden Autos zu streuen. So hatte das OLG Schleswig entschieden.
Die Klägerin gab nicht auf und legte Revision beim BGH ein.
Der BGH bestätigte vollumfänglich das Urteil des OLG Schleswig. Die Klägerin konnte keine Ansprüche gegen den Betreiber und die den Winterdienst ausführende Firma geltend machen. Diese hatten keine Verkehrssicherungspflichten verletzt, denn neben dem parkenden Auto der Klägerin bestand keine Streupflicht.
Selbst bei allgemeiner Glättebildung besteht keine uneingeschränkte Räum- und Streupflicht, so der BGH. Der Umfang der winterlichen Streupflichten aufgrund der Verkehrssicherungspflichten richtet sich nach ständiger Rechtsprechung des BGH nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei soll die Streupflicht „nur wirkliche Gefahren beseitigen, nicht aber bloßen Unannehmlichkeiten vorbeugen“. Hierauf weist der BGH in seinem Urteil hin.
Dabei richtet sich nach dem Urteil des BGH der Umfang der Streupflicht danach, „was zur gefahrlosen Sicherung des Verkehrs erforderlich … und was dem Pflichtigen zumutbar ist“. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, ob es sich um einen öffentlich oder privat betriebenen Parkplatz handelt, so der BGH.
In diesem Rechtsstreit bestand nach den Umständen des Einzelfalls zwischen den markierten Parkflächen jedenfalls keine Streupflicht, so die Richter. Nach Auffassung der Richter ist der Grad der von der Glättebildung ausgehenden Gefahr im Bereich der markierten Stellflächen als eher gering einzustufen. Denn die Wageninsassen betreten diese Fläche nur beim Ein- und Aussteigen und können sich zudem am Auto festhalten.
Den Kunden ist es zuzumuten, ihr Fahrzeug bei winterlicher Glätte so abzustellen, dass ein hinreichend gefahrloses Verstauen der Einkäufe im Heck des Fahrzeugs sichergestellt werden kann, so der BGH.
„Angesichts der bei zumutbarer Eigenvorsorge der Kunden geringen vorhersehbaren Sturzgefahr im Bereich der markierten Stellflächen“ waren die Beklagten nicht verpflichtet, den Bereich der markierten Parknischen ständig gestreut zu halten. Insbesondere kam eine maschinelle Streuung aufgrund des ständigen Ein- und Ausparkens nicht in Betracht. So hatte es bereits das OLG Schleswig zutreffend gesehen.
Der BGH weist darauf hin, dass eine kontinuierliche Kontrolle und gegebenenfalls manuelle Bestreuung jeglicher Flächen aufgrund des damit verbundenen hohen Aufwands dem Parkplatzbetreiber nicht zumutbar ist.
Auch mit den von der Klägerin behaupteten Vertiefungen im Boden musste diese rechnen. An der nur eingeschränkten Streupflicht der Beklagten ändert es jedenfalls nichts, so der BGH.
Die Klägerin konnte die von ihr geltend gemachten Ansprüche daher nicht durchsetzen.
BGH, Urteil vom 02.07.2019 – VI ZR 184/18
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