Bei einem Rechtsanspruch auf einen KITA-Platz muss dieser vom zuständigen Träger auch vorläufig und in einer zumutbaren Entfernung zur Verfügung gestellt werden. Dieser Anspruch kann im einstweiligen Rechtsschutz geltend gemacht werden. Der zuständige Träger hat einen konkreten Betreuungsplatz tatsächlich anzubieten, wobei dieser in zumutbarer Weise erreichbar sein muss. Nicht mehr zumutbar ist regelmäßig eine Einrichtung, die zu Fuß und/oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln in mehr als 30 Minuten zu erreichen sind. Diese Entscheidung fällte das Oberverwaltungsgericht Schleswig-Holstein (OVG Schleswig-Holstein) am 09.08.2019.
Eine Mutter von zwei Kindern beantragte für ihr jüngeres Kind bei der Antragsgegnerin einen Betreuungsplatz in einer Kindertageseinrichtung. Die Antragsgegnerin lehnte dies ab und teilte mit, dass ein bedarfsgerechter Platz im Moment nicht vorhanden und auch in absehbarer Zeit nicht in Sicht sei. Die Mutter war jedoch dringend auf diesen Platz angewiesen, da sie täglich ab 9.00 Uhr einen Sprachkurs belegen wollte.
Sie beantragte für ihre Tochter den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zuweisung eines bedarfsgerechten Platzes in einer Kindertageseinrichtung von täglich 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr. Nachdem sie zunächst vor dem zuständigen Verwaltungsgericht keinen Erfolg hatte, gab das OVG Schleswig-Holstein der Mutter Recht.
Der einstweilige Rechtsschutz ist nach dem Beschluss des OVG Schleswig-Holstein zulässig. Wenngleich die Hauptsache grundsätzlich nicht vorweg genommen werden darf, ist hier der Antrag auf vorläufige Zuweisung eines Betreuungsplatzes dennoch zulässig.
Zum einen liegt eine hohe Obsiegenswahrscheinlichkeit in der Hauptsache vor. Zum anderen entstünden ohne den einstweiligen Rechtsschutz schwere und unzumutbare Nachteile, die nachträglich in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden könnten.
Das OVG Schleswig-Holstein weist darauf hin, dass nicht absehbar ist, wann eine Entscheidung in der Hauptsache zu erwarten ist. Bis dahin würde wertvolle Zeit der frühkindlichen Förderung verloren gehen, die nicht nachgeholt werden kann, so das OVG. Aus diesem Grund ist nach dem Beschluss des OVG Schleswig-Holstein der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zulässig. Der Antrag auf vorläufige Zuweisung eines Betreuungsplatzes war auch begründet.
Der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz ergab sich aus § 24 Absatz 2 Satz 1 SGB VIII. Hiernach hat ein Kind, das das erste Lebensjahr vollendet hat bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres einen Anspruch auf frühkindliche Förderung in einer entsprechenden Kindertageseinrichtung. Diese Vorraussetzungen lagen vor.
Das OVG Schleswig-Holstein weist darauf hin, dass der örtlich zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe sicherzustellen hat, dass für anspruchsberechtigte Kinder ein Betreuungsplatz auch „tatsächlich“ zur Verfügung gestellt wird. Der Träger der Jugendhilfe muss dem Anspruchsberechtigten einen solchen Platz tatsächlich bereitstellen oder verschaffen, so das OVG.
„Kapazitätsverschaffung bedeutet, dass der zuständige Träger alle notwendigen, und zwar auch die baulichen und personellen Maßnahmen dazu umsetzen muss, um sicherzustellen, dass die erforderliche Kapazität vorhanden ist“. Hierauf weist das OVG Schleswig-Holstein mit dem Hinweis auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts hin (BVerfG, Urt. v. 21.11.2017 – 2 BvR 2177/16).
Die Antragsgegnerin hat aufgrund ihrer Verpflichtung zu ermitteln, in welcher Einrichtung in zumutbarer Entfernung vom Wohnort ein Betreuungsplatz frei ist. Zumutbar ist die Erreichbarkeit nach höchstrichterlicher Rechtsprechung regelmäßig dann, wenn die Strecke vom Wohnsitz bis zur Einrichtung nicht mehr als 30 Minuten beträgt, ob zu Fuß und/oder mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Hierauf weist das OVG Schleswig-Holstein in seinem Beschluss hin.
Eine zumutbare Erreichbarkeit ist nach Auffassung des OVG zur Not unter Einschaltung eines Taxiunternehmens herzustellen, und zwar durch die Antragsgegnerin.
Nach dem Beschluss des OVG Schleswig-Holstein ist die Antragsgegnerin aufgrund der klaren Gesetzeslage in der Pflicht, einen Betreuungsplatz mit zumutbarer Erreichbarkeit tatsächlich zur Verfügung zu stellen. Da der einstweilige Rechtsschutz zulässig ist, muss der Betreuungsplatz zumindest erst einmal vorläufig zur Verfügung gestellt werden. Dies stellt das OVG Schleswig-Holstein mit seinem Beschluss vom 09.08.2019 klar.
OVG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 09.08.2019 – 3 MB 20/19
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