Ist der Schulweg besonders gefährlich, hat der Schüler unter Umständen einen Anspruch auf Schülerbeförderungskosten. Eine besondere Gefährlichkeit liegt jedoch nur vor, wenn aufgrund konkreter Umstände eine überdurchschnittlich hohe Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts vorliegt.
Die besondere Gefährlichkeit kann sich aus Gefährdungen durch den Straßenverkehr, aber auch aus der Gefahr krimineller Übergriffe ergeben. Ein unzureichend beleuchteter und schwer einsehbarer Weg allein genügt jedoch nicht.
Es müssen konkrete Umstände hinzukommen, die das Schadensrisiko als überdurchschnittlich hoch erscheinen lassen. So entschied das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG Rheinland-Pfalz) in seinem Beschluss vom 24.05.2019 (2 A 10610/19).
In dem Rechtsstreit begehrte die Klägerin, die Schülerin einer Realschule, die Übernahme der Schülerbeförderungskosten durch die Beklagte. Sie war der Auffassung, dass ihr Schulweg besonders gefährlich ist. Die Klägerin musste auf dem Weg zur Schule eine Strecke von ca. 1200 Metern durch die außerörtlichen Weinberge zurücklegen. Der Weg führt zwischen den bestockten Rebflächen und der Kreisstraße entlang. Er ist nur unzureichend beleuchtet und wenig frequentiert. Der Weg ist zudem schwer einsehbar.
Die Klägerin ist der Auffassung, dass sie in besonderem Maße kriminellen Übergriffen ausgesetzt ist. Aus diesem Grund verlangte sie von der Beklagten die Übernahme von Schülerbeförderungskosten. Die Beklagte lehnte dies ab.
Der Rechtsstreit landete zunächst vor dem zuständigen Verwaltungsgericht. Das Verwaltungsgericht lehnte einen Anspruch der Klägerin ab. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts war eine besondere Gefährlichkeit nicht gegeben. Die Klägerin beantragte daraufhin, die Berufung gegen das Urteil zuzulassen. Hierüber entschied nun das OVG Rheinland-Pfalz.
Das OVG Rheinland-Pfalz lehnte den Antrag der Klägerin ab. Es bestätigte damit das Urteil des Verwaltungsgerichts. Der Schulweg der Klägerin ist nicht besonders gefährlich, so das OVG.
Nach § 69 Absatz 2 Satz 1 Schulgesetz Rheinland-Pfalz muss der Schulweg „besonders“ gefährlich sein. Durch die Aufnahme des Begriffes „besonders“ macht der Gesetzgeber deutlich, dass an die Übernahme der Schülerbeförderungskosten „höhere, strengere Anforderungen“ zu stellen sind, als die „bloße (durchschnittliche) Gefährlichkeit des Schulwegs“. Hierauf weist das OVG Rheinland-Pfalz in seinem Beschluss hin.
Es muss aufgrund konkreter Umstände die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts über die üblichen Risiken hinaus vorliegen. Eine allgemeine Gefährlichkeit genügt nicht, so das OVG. Bei der Bewertung der Gefährlichkeit ist auch die „Ortsüblichkeit“ heranzuziehen.
Allein die ländliche Prägung einer Region begründet noch nicht die Annahme einer besonderen Gefährlichkeit des Schulweges, so das OVG Rheinland-Pfalz unter Verweis auf die Rechtsprechung anderer Oberverwaltungsgerichte (z.B. OVG NRW, Beschl. vom 8.9.2016, 19 A 847/13). Vielmehr ist das normale Maß von Schulweggefahren in ländlichen Regionen der Maßstab für die Beurteilung, ob der Schulweg Besonderheiten aufweist, die über dieses Maß hinausgehen, so das OVG Rheinland-Pfalz.
Solche Besonderheiten lagen hier nach der Entscheidung des OVG nicht vor. Allein die unzureichende Beleuchtung und die schwere Einsehbarkeit des Weges sind keine Besonderheiten, die auf eine besondere Gefährlichkeit schließen lassen. Grundsätzlich ist zwar die Gefahr krimineller Übergriffe genauso zu berücksichtigen, wie die Gefahren des Straßenverkehrs, so das OVG Rheinland-Pfalz. Besondere Umstände, die auf eine hohe Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts aufgrund eines kriminellen Übergriffs schließen lassen, liegen hier nach Auffassung des OVG jedoch nicht vor. Die Umstände des Verlaufs des Schulwegs am Rande der Weinberge sowie der unzureichenden Beleuchtung stellen keine besonderen Umstände dar, die zu einer besonderen Gefährlichkeit führen.
Bei dem von der Klägerin zurückzulegenden Schulweg handelt es sich nach Aussage der örtlichen Polizeiinspektion auch nicht um einen Kriminalitätsschwerpunkt. Es spielt nach Auffassung des OVG Rheinland-Pfalz auch keine Rolle, ob die Klägerin aufgrund ihres jugendlichen Alters zum „risikobelasteten Personenkreis“ gehört. Besondere Umstände, die zu einer besonderen Gefährlichkeit des Schulweges führen, waren nach der Entscheidung des Gerichts nicht gegeben.
Ergänzend weist das OVG Rheinland-Pfalz in seiner Entscheidung darauf hin, dass „es vom Grundsatz her die Aufgabe der Eltern ist, trotz einer (teilweise) staatlich finanzierten Schülerbeförderung die Beförderung ihrer Kinder zur Schule“ sicherzustellen. Hierzu gehört es dann möglicherweise auch, einen anderen, gegebenenfalls längeren Schulweg zu wählen, um „mögliche (übliche) Gefährdungen auf dem kürzesten Weg zu vermeiden“, so das OVG Rheinland-Pfalz.
Ein Anspruch der Klägerin auf Übernahme von Schülerbeförderungskosten war nach der gerichtlichen Entscheidung des OVG Rheinland-Pfalz daher nicht gegeben.
OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 24.05.2019 – 2 A 10610/19
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