Weiß der Verkäufer eines Gebrauchtwagens bei Abschluss des Kaufvertrages dass ein Mangel vorliegt, darf er sich nicht auf einen vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Dies stellte das Oberlandesgericht München (OLG München) in seinem Urteil vom 15.05.2019 klar (20 U 4346/18).
In dem Rechtsstreit stritten der Kläger und die Beklagte darüber, ob der Kläger von dem mit der Beklagten geschlossenen Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen zurücktreten durfte.
Der Kläger kaufte von der Beklagten deren PKW. Im Kaufvertrag vereinbarten beide einen Gewährleistungsausschluss für etwaige Mängel. Ein paar Stunden vor Abschluss des Kaufvertrages war das Fahrzeug der Beklagten beim TÜV.
Dort stellte der Prüfer eine Undichtigkeit des Motors und infolgedessen einen Ölaustritt fest. Dies vermerkte der Prüfer in seinem Prüfbericht, den er der Beklagten unmittelbar im Anschluss übergab.
Als am späten Nachmittag desselben Tages der Kaufvertrag mit dem Kläger geschlossen wurde, erwähnte die Beklagte den im Prüfbericht festgestellten Mangel nicht. Dem Kläger war lediglich bekannt, dass das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch keine neue TÜV-Plakette hatte. Die Übergabe des Fahrzeugs erfolgte ca. eine Woche später. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Fahrzeug auch eine neue TÜV-Plakette.
Als der Kläger den Ölaustritt bemerkte, machte er Gewährleistungsrechte geltend. Schließlich erklärte er den Rücktritt vom Kaufvertrag. Hiermit war die Beklagte nicht einverstanden.
Der Kläger erhob Klage vor dem Landgericht. Das Landgericht gab dem Kläger Recht. Auf die Berufung der Beklagten entschied nun das OLG München.
Das OLG München entschied: Die Beklagte darf sich nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Sie wusste bei Abschluss des Kaufvertrages von dem festgestellten Mangel und hätte den Kläger hierüber unterrichten müssen. Da sie dies nicht getan hat, hat sie den Mangel arglistig verschwiegen.
Sie durfte sich daher gemäß § 444 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. So entschied das OLG München und bestätigte damit die zuvor ergangene Entscheidung des Landgerichts.
Das OLG München weist in seinem Urteil auf die entsprechende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hin. Hiernach hat der Verkäufer über solche Umstände aufzuklären, die für den Entschluss eines „verständigen Käufers von wesentlicher Bedeutung sind, sofern eine Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwartet werden kann“ (BGH, Urteil vom 15.07.2011, V ZR 171/10, NJW 2011, 3640). Dies ist bei der hier gegebenen Undichtigkeit des Motors mit Ölverlust durch Abtropfen der Fall, so das OLG München.
Die Beklagte handelte nach Auffassung des OLG München auch arglistig. Der BGH hatte hierzu bereits entschieden, dass arglistig im Sinne des § 444 BGB handelt, „ wer einen Sachmangel mindestens für möglich hält und gleichzeitig weiß oder damit rechnet und billigend in Kauf nimmt, dass der Vertragspartner den Sachmangel nicht kennt und bei Offenbarung den Vertrag nicht oder nicht mit dem vereinbarten Inhalt geschlossen hätte“ (BGH, Urteil vom 21.07.2017, V ZR 250/15, NJW 2018, 389/390). Nicht erforderlich ist jedoch, dass der Verkäufer den Mangel und dessen Ursache positiv kennt, so das OLG München.
Die Beklagte muss aufgrund des Prüfberichts des TÜV, in dem der Mangel angegeben war, diesen zumindest für möglich halten. Unbeachtlich ist, worauf die Undichtigkeit des Motors zurückzuführen ist. Allein die Angabe der Undichtigkeit des Motors mit Abtropfen von Öl reicht für die Annahme eines Mangels aus. Hierauf weist das OLG München hin. Dieser Sachmangel war der Beklagten damit auch bei Abschluss des Kaufvertrages einige Stunden später bekannt. Sie muss ihn nach Auffassung des OLG München zumindest für möglich gehalten haben.
Hierüber hätte die Beklagte den Kläger unterrichten müssen, was unstreitig nicht erfolgt ist. Insbesondere war die Mitteilung nicht entbehrlich, da bei Kaufvertragsschluss die TÜV-Plakette noch nicht angebracht war. Denn allein das Fehlen der TÜV-Plakette lässt nicht darauf schließen, dass das Fahrzeug erhebliche Mängel aufweist. Hierauf weist das OLG München in seiner Entscheidung hin.
Die Beklagte hat damit den vorliegenden Sachmangel arglistig verschwiegen. Sie konnte sich daher gemäß § 444 BGB nicht auf den vereinbarten Gewährleistungsausschluss berufen. Der Kläger durfte von seiner Gewährleistungsrechten Gebrauch machen und am Ende vom Kaufvertrag zurücktreten.
Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg.
OLG München, Urteil vom 15.05.2019 – 20 U 4346/18
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