Bei einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit kann allein das Anbringen von Videokameras im Außenbereich unzulässig sein. In diesem Fall verletzt bereits die Möglichkeit des Filmens des Nachbarn dessen Persönlichkeitsrechte. So entschied das Landgericht Hamburg (LG Hamburg) in seinem Urteil vom 18.01.2018.
Die Parteien sind unmittelbare Grundstücksnachbarn. Zwischen den Parteien besteht seit mehreren Jahren Streit. Es kam zu diversen Rechtsstreitigkeiten und gegenseitigen Strafanzeigen. Diese Verfahren dauerten zum Zeitpunkt dieses Rechtsstreits zum Teil noch an.
Die Beklagten installierten mehrere Kameras auf ihrem Grundstück. Die meisten von ihnen waren verstellbar. Lediglich eine Kamera am Bedienpult der Klingel der Beklagten war nicht verstellbar. Diese Kamera erfasste nicht das Grundstück der Kläger. Ob die übrigen Kameras das Grundstück der Kläger erfassten, ist zwischen den Parteien streitig.
Die Kläger sind jedoch der Auffassung, dass allein die Möglichkeit des Filmens ihres Grundstücks ihre Persönlichkeitsrechte verletzt. Sie verlangten von den Beklagten das Entfernen sämtlicher Kameras. Die Beklagten lehnten es ab.
Daraufhin erhoben die Kläger Klage beim LG Hamburg. Sie beantragten unter anderem, die Beklagten zum Entfernen der Videokameras zu verpflichten.
Das LG Hamburg gab den Klägern, mit Ausnahme der nicht verstellbaren Kamera, Recht. Die Beklagten wurden verpflichtet, die verstellbaren auf ihrem Grundstück angebrachten Videokameras zu entfernen. Allein die Möglichkeit des Filmens verletzt die Kläger in ihrem Persönlichkeitsrecht, da ein so genannter „Überwachungsdruck“ gegeben war. So sah es das LG Hamburg.
Von einem „Überwachungsdruck“ ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung zum Beispiel bei einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit auszugehen. Der Nachbar muss die Überwachung durch Kameras ernsthaft befürchten. Dabei sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung des BGH die Umstände des Einzelfalls zu prüfen (BGH, NJW-RR 2012, 140). Die ernsthafte Befürchtung des Filmens ist dann gerechtfertigt, „wenn sie aufgrund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint“. Hierauf weist das LG Hamburg in seinem Urteil hin. Solche Umstände liegen insbesondere bei einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit vor, so das LG Hamburg mit Verweis auf die höchstrichterliche Rechtsprechung.
In diesem Rechtsstreit war nach Auffassung des LG Hamburg von einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit auszugehen. Allein die Rechtsstreitigkeiten zwischen den Parteien genügen zwar nicht, einen eskalierenden Nachbarschaftsstreit anzunehmen. Darauf weist das LG Hamburg hin. Hier kam es jedoch zwischen den Parteien mehrfach nicht nur zu verbalen, sondern auch zu tätlichen Übergriffen. Die Kläger selbst gaben zudem in einem anderen Verfahren an, die Beklagten mehrfach gefilmt zu haben. Das Nachbarschaftsverhältnis ist von Misstrauen und gegenseitigen Überwachungsmaßnahmen geprägt, so das LG Hamburg. Es ist nach Auffassung des LG Hamburg von einem eskalierenden Nachbarschaftsstreit auszugehen. Hieraus folgt ein Überwachungsdruck zu Lasten der Kläger. Allein die Möglichkeit des Filmens, mit Ausnahme der nicht verstellbaren Kamera, verletzt die Kläger in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht.
Es lag auch kein überwiegendes Interesse der Beklagten an der Videoüberwachung vor. Aus Sicht des LG Hamburg war ein etwaiges überwiegendes Interesse der Beklagten, etwa wegen eines Schutzes vor Einbrüchen, nicht feststellbar.
Die Kläger hatten daher einen Anspruch auf Entfernen der angebrachten verstellbaren Kameras durch die Beklagten, so das LG Hamburg.
LG Hamburg, Urteil vom 18.01.2018 – 304 O 69/17
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