Resturlaub verfällt nicht automatisch zum Ende des Jahres. Etwas anderes gilt, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer über einen möglichen Verfall des Urlaubs aufgeklärt hat. Außerdem muss er seinem Mitarbeiter tatsächlich in die Lage versetzt haben, den Urlaub zu nehmen. Nachweisen muss dies der Arbeitgeber.
So entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) am 06.11.2018.
Der EuGH hatte in zwei Verfahren über den Verfall von Urlaubsansprüchen zu entscheiden. In beiden Verfahren ging es um nicht beantragten Resturlaub.
Im ersten Verfahren klagte ein Rechtsreferendar aus Berlin. Er wollte seinen Urlaub schlichtweg nicht nehmen. Der Kläger beschloss daher, seinen Jahresurlaub nicht zu beantragen. Stattdessen verlangte er die Auszahlung seines Urlaubs. Nach Beendigung des Referendariats beantragte er Urlaubsabgeltung. Das Land Berlin lehnte ab.
Die einschlägige Erholungsurlaubsverordnung würde keinen Abgeltungsanspruch vorsehen. Der Urlaub erlischt, wenn er nicht rechtzeitig beantragt und genommen wird. So sah es das Land Berlin.
Das angerufene Oberverwaltungsgericht (OVG) legte den Fall dem EuGH vor. Dieser sollte über den Verfall der Urlaubsansprüche entscheiden.
Im zweiten Verfahren klagte ein Mitarbeiter des Max-Planck-Instituts. Er war mehrfach befristet eingestellt worden. Im Oktober 2013 erfuhr er, dass sein Arbeitsvertrag nun nicht mehr verlängert wird. Das Arbeitsverhältnis endete am 31.12.2013. Der Mitarbeiter sollte seinen restlichen Urlaub beantragen. Er wurde hierzu explizit aufgefordert. Der Kläger nahm jedoch nur zwei Tage Urlaub. Den restlichen Urlaub von 51 Tagen wollte er sich auszahlen lassen. Der Arbeitgeber lehnte das ab. Der Rechtsstreit ging durch mehrere Instanzen. Schließlich sollte das Bundesarbeitsgericht (BAG) hierüber entscheiden.
Das BAG legte den Fall dem EuGH vor. Nach § 7 BUrlG muss der Urlaub vom Arbeitnehmer beantragt werden. Anderenfalls verfällt der Urlaubsanspruch zum Ende des Bezugszeitraums. Hierauf weist das BAG in seinem Vorlagebeschluss hin. Der EuGH solle nun entscheiden, ob diese Regelung mit dem Unionsrecht vereinbar ist.
Der EuGH hat entschieden:
Urlaub verfällt nicht automatisch, wenn er nicht beantragt wird.
Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter über den drohenden Verfall des Urlaubs ausreichend aufgeklärt haben. Dies muss der Arbeitgeber nachweisen können. Außerdem muss er seine Mitarbeiter in die Lage versetzt haben, den Urlaub wirklich nehmen zu können.
Der Mitarbeiter kann jedoch aus freien Stücken auf seinen Urlaub verzichten. Dann kann und darf der Urlaub verfallen. In diesem Fall muss der Urlaub auch nicht ausgezahlt werden. Nachweisen muss jedoch auch das der Arbeitgeber. So entschied der EuGH
Die deutsche Rechtsprechung hat sich in Zukunft an den Grundsätzen des EuGH zu orientieren.
Die Rechtsprechung des EuGH hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis. Künftig werden Arbeitgeber ihre Mitarbeiter möglichst zu Beginn des Jahres auf die rechtzeitige Beantragung des Urlaubs hinweisen. Es sollte auch der deutliche Hinweis auf den möglichen Verfall des Urlaubs erfolgen. Schließlich ist der Arbeitgeber in der Beweispflicht.
Mit der Entscheidung des EuGH sind die Arbeitnehmerrechte deutlich gestärkt worden.
Die Umsetzung in der nationalen Rechtsprechung bleibt abzuwarten.
In jedem Fall kann sich der Arbeitnehmer auf die Rechtsprechung des EuGH berufen.
Das Unionsrecht ist verbindlich.
EuGH, Urteil vom 06.11.2018 – C-619/16, C-684/16
Wer sich nach getaner Arbeit duscht oder wäscht, kann hierfür unter Umständen Vergütung verlangen. Das…
Wer als Fahrgast in einem Linienbus mitfährt, sollte sich einen Sitzplatz suchen oder zumindest sehr…
Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt, ist nicht immer glücklich mit seinen Nachbarn. Insbesondere wenn es…
Das Landessozialgericht Berlin–Brandenburg (LSozG Berlin-Brandenburg) stellte in einem aktuellen Urteil klar, dass ein Sturz während…
Der Verkauf eines angeblich „kerngesunden“ in Wirklichkeit aber kranken Hundes durch die Stadt Ahlen an…
Die Frage, ob ein Wegeunfall ein Arbeitsunfall ist, wird oft erst vor Gericht geklärt. Lehnt…