Schulverweis und Unterrichtsausschluss bei Fehlverhalten eines Schülers (VG Augsburg, Beschl. v. 24.07.2018 – Au 3 S 18.1253)

Der Schulleiter darf bei Fehlverhalten eines Schülers einen Schulverweis aussprechen. Diese Ordnungsmaßnahme kann vom Gericht nur eingeschränkt überprüft werden. Der Schule kommt insofern ein pädagogischer Beurteilungsspielraum zu. Dies entschied das Verwaltungsgericht Augsburg (VG Augsburg) mit Beschluss vom 24.07.2018 (Au 3 S 18.1253).

Der Fall

Der Antragsteller war Schüler der 5. Klasse. Er fiel wiederholt negativ im Unterricht auf. Der Schüler verweigerte die Mitarbeit und beschimpfte Lehrer und Mitschüler. Darüber hinaus trat er einem Mitschüler gezielt und bewusst in die Genitalien. Der Schüler erhielt mehrere Verweise. Diese wurden sowohl von Lehrern und auch vom Schulleiter ausgesprochen. Es kam sogar zum Ausspruch eines Unterrichtsausschlusses. Dieser wurde jedoch von der Schule unter Verweis auf Verfahrensfehler zurückgenommen.

Kurz darauf erhielten die Eltern des Schülers ein Schreiben vom Schulleiter. Hierin teilte die Schule mit, dass sie beabsichtige, den Schüler wegen seines Verhaltens als Ordnungsmaßnahme vom Unterricht auszuschließen. Die Eltern und auch der Schüler wurden auf ihr Anhörungsrecht hingewiesen. Darüber hinaus lud der Schulleiter sie unter Nennung eines konkreten Termins zu einem Gespräch ein.

Die Eltern lehnten ein Gespräch ab. Sie gaben an, an dem besagten Tag verhindert zu sein.

Diagnose ADHS

Darüber hinaus wiesen die Eltern auf die Diagnose eines Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätssyndroms (ADHS) hin. Dieses würde bei ihrem Sohn vorliegen. Eine Ordnungsmaßnahme der Schule muss diese mit den entsprechenden Ärzten bzw. Therapeuten abstimmen. So zumindest die Auffassung der Eltern.

Die Schule verschob den Anhörungstermin. Aber auch den neuen Anhörungstermin nahmen die Eltern nicht wahr. Die Eltern wiesen jedoch schriftlich darauf hin, dass der angekündigte Unterrichtsausschluss nicht verhältnismäßig sei. Das Verhalten ihres Sohnes ist eindeutig krankheitsbedingt, so die Eltern. Das aufgrund der ADHS verabreichte Medikament Ritalin lässt am Nachmittag nach. Sämtliche von der Schule angeführten Vorfälle ereigneten sich am Nachmittag. Die Ursache für das Fehlverhalten ist nach Auffassung der Eltern daher die diagnostizierte ADHS.

Schulverweis und Unterrichtsausschluss

Die Schule erließ dennoch den angekündigten Bescheid. Mit Bescheid an die Eltern wurde der Schüler vom 18.07.2018 bis einschließlich 25.07.2018 von der Schule verwiesen. Darüber hinaus erfolgte der Ausschluss vom Unterricht.

Der Schüler legte über seinen Bevollmächtigten Widerspruch ein.

Am selben Tag beantragte der Schüler beim VG Augsburg die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Schulbescheid.

Über diesen Antrag hatte das VG Augsburg zu entscheiden.

Entscheidung des VG Augsburg

Das VG Augsburg gab der Schule Recht.

Der Antrag des Schülers war zulässig, aber unbegründet.

Grundsätzlich hat der Widerspruch gegen die Ordnungsmaßnahme des Unterrichtsausschlusses keine aufschiebende Wirkung. Das ergibt sich aus Artikel 88 Absatz 8 BayEUG.

Der Schüler hatte zumindest ein Rechtsschutzinteresse, denn der Unterrichtssausschluss dauerte noch an. Der Antrag war daher zulässig.

Der Antrag war jedoch nach Auffassung des VG Augsburg unbegründet.

Das Gericht hatte zu prüfen, ob das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit des Unterrichtsausschlusses gegenüber dem Interesse des Antragstellers, hiervon verschont zu bleiben, überwiegt. Maßgeblich sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache. Am sofortigen Vollzug einer rechtswidrigen Maßnahme kann kein öffentliches Interesse bestehen.

Das VG Augsburg geht davon aus, dass die Ordnungsmaßnahme rechtmäßig war.

Der Bescheid der Schule war hinreichend bestimmt und wurde auch ausreichend begründet, so das VG Augsburg.

Darüber hinaus hat die Schule auch die Anhörung im erforderlichen Umfang durchgeführt. Dass eine mündliche Anhörung tatsächlich durchgeführt wurde, ist nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich. Zum einen wurde den Eltern diese Möglichkeit eingeräumt. Zum anderen konnte die Anhörung auch schriftlich erfolgen. Die Eltern des Schülers äußerten sich in diesem Fall schriftlich zur beabsichtigten Ordnungsmaßnahme.

Pädagogischer Beurteilungsspielraum

Der Schule steht ein pädagogischer Beurteilungsspielraum zu. Das zuständige Organ der Schule kann im Rahmen dieses Beurteilungsspielraums über eine Ordnungsmaßnahme entscheiden. Hierauf weist das VG Augsburg in seinem Beschluss hin.

Eingeschränkte gerichtliche Überprüfung

Das Gericht darf lediglich die für die Entscheidung relevanten Umstände prüfen.

Darüber hinaus darf nur noch gerichtlich überprüft werden, ob die Verhältnismäßigkeit gewahrt wurde.

ADHS ist kein Freibrief

Zur diagnostizierten ADHS weist das VG Augsburg darauf hin, dass dies „kein Freibrief für jedes Fehlverhalten in der Schule“ ist. Die Schule muss insbesondere nicht über jedes Fehlverhalten in der Schule hinweg blicken, wenn es von einem Schüler mit ADHS ausgeht, so das Gericht. Der Schule bleibt nur die Möglichkeit, mit Ordnungsmaßnahmen etwaigem Fehlverhalten von Schülern entgegenzusteuern. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass Schüler mit ADHS durch etwaige Maßnahmen nicht beeinflussbar wären. So sieht es das Gericht unter Verweis auf entsprechende Rechtsprechung.

Das VG Augsburg konnte auch keine sachfremden Erwägungen feststellen. Die Schule ist bei ihrer Entscheidung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Auch die höchst zulässige Dauer von sechs Tagen wurde nicht überschritten, Art. 86 Absatz 2 Nummer 5 BayEUG.

Die summarische Prüfung des VG Augsburg ergab, dass die verhängte Ordnungsmaßnahme rechtmäßig war.

Daher hatte der Antrag des Schülers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs herzustellen, keinen Erfolg.

VG Augsburg, Beschluss vom 24.07.2018 – Au 3 S 18.1253

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