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eBay-Kauf – Zahlung des Kaufpreises, auch wenn Ware nie ankommt? (AG Kassel, Urt. v. 02.05.2018– 435 C 419/18)

Das Amtsgericht Kassel hatte in einem aktuellen Rechtsstreit darüber zu entscheiden, ob die Käuferin die von ihr über eBay erworbene Kaufsache bezahlen muss, wenn diese nie bei ihr angekommen ist. In diesem Zusammenhang war streitentscheidend, ob der Verkäufer bei eBay als Unternehmer oder als Verbraucher bzw. Privatmann zu behandeln war.

Der Kläger verkaufte der Beklagten auf der Internetplattform eBay im Rahmen eines Versteigerungskaufes einen „Super Nintendo classic mini“. Die Beklagte hat die von ihr ersteigerte Spielkonsole jedoch nie erhalten. Dennoch verlangte der Kläger von der Beklagten im vorliegenden Rechtstreit die Zahlung des Kaufpreises. Ob der Kläger die Spielkonsole tatsächlich zur Post gegeben bzw. anderweitig versendet hat, ist zwischen den Parteien streitig. Nach Auffassung des AG Kassel konnte dies jedoch dahinstehen, da der Kläger auf der Internetplattform rechtlich als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB auftrat und in jedem Fall die Gefahr des Untergangs bis zur tatsächlichen Übergabe an die Käuferin zu tragen hatte. Der Kläger konnte sich als Unternehmer nicht auf die Vorschrift des § 447 Absatz 1 BGB berufen, wonach der Käufer die Gefahr des Untergangs ab Versendung der Kaufsache zu tragen hätte. Auf das Rechtsverhältnis der Beteiligten sind nach Auffassung des AG Kassel die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf (§§ 474 ff. BGB) anzuwenden. Nach § 475 Absatz 2 BGB kommt die Regelung des § 447 Absatz 1 BGB (Käufer trägt die Gefahr des Untergangs ab Versendung) nur dann zur Anwendung, wenn der Käufer die zur Ausführung der Versendung bestimmte Person beauftragt hat. Unstreitig hat die Beklagte niemanden mit der Ausführung der Versendung beauftragt. Der § 475 Absatz 2 BGB findet nach Auffassung des AG Kassel Anwendung, weil es sich im vorliegenden Fall um einen Verbrauchsgüterkauf gem. § 474 BGB handelte. Bei einem Verbrauchsgüterkauf gemäß § 474 Absatz 1 BGB liegt ein Kaufvertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer über eine bewegliche Sache vor. Unstreitig ist jedenfalls, dass die Käuferin Verbraucherin im Sinne des § 13 BGB war. Streitig war, ob der Kläger die Spielkonsole als Privatverkäufer oder als Unternehmer gemäß § 474 Absatz 1 i.V.m. § 14 BGB verkauft hat. Das AG Kassel kam zu dem Ergebnis, dass der Kläger als Unternehmer im Sinne des § 14 BGB zu behandeln war. Der Kläger bezeichnete sich selbst auf seinem eBay-Account als Privatverkäufer, dies war jedoch unbeachtlich. Maßgeblich für die Beurteilung ist das tatsächliche Erscheinungsbild und nicht die Selbstbezeichnung (OLG Frankfurt, Beschluss vom 04.07.2007 – 6 W 66/07). Das AG Kassel weist darauf hin, dass jedermann, der am Markt dauerhaft und planmäßig Leistungen gegen Entgelt anbietet, als Unternehmer zu behandeln ist, ohne dass es auf eine Gewinnerzielungsabsicht ankommt (BGH, Urteil vom 29.03.2006 – VIII ZR 173/05). Auf der Internetplattform eBay ist die Unternehmereigenschaft eines Verkäufers dann anzunehmen, wenn „in zwei Jahren mehr als 200 Verkäufe/ oder Käufe stattgefunden haben, die Dauer und/oder der Umfang der Verkaufstätigkeit auf eine unternehmerische Tätigkeit hinweist oder der Auftritt auf der Internetplattform in geschäftsformmäßiger Ausgestaltung erfolgt“ (OLG Frankfurt a.a.O.). Das AG Kassel geht davon aus, dass diese Kriterien beim Kläger erfüllt sind. Unstreitig hat der Kläger im Monat zwischen 17 und 25 Verkäufe auf der Internetplattform eBay angeboten. Darüber hinaus bot der Kläger unstreitig zum Zeitpunkt der Klageerwiderung 17 gleichartige Artikel gleichzeitig an. Nach Hochrechnung des AG Kassel ist damit der Schwellenwert von 200 Verkäufen im Jahr überschritten. Das AG Kassel geht damit von einer unternehmerischen Tätigkeit aus. Der Kläger hätte vor diesem Hintergrund darlegen und nachweisen müssen, dass er nicht unternehmerisch tätig war, so das AG Kassel. In diesem Fall hat der Kläger noch nicht einmal vorgetragen, als Privatmann tätig geworden zu sein. Der Kläger trug in dem Rechtsstreit lediglich vor, dass er über eine Sammlung der zum Verkauf angebotenen Dinge verfügte, die er anlässlich der Geburt seines Kindes veräußern wollte. Insbesondere habe er Sorge, das Kleinkind könne sich an den Gegenständen verschlucken. Dieser Vortrag war nach Auffassung des AG Kassel jedoch nicht geeignet, die Unternehmereigenschaft des Klägers in Zweifel zu ziehen. Der Kläger handelte damit – so das AG Kassel – als Unternehmer, der der Beklagten als Verbraucherin die Spielkonsole verkaufte. Da es sich somit um einen Verbrauchsgüterkauf handelte, kam die Vorschriften der §§ 474 ff. BGB zur Anwendung. Insbesondere war § 475 Absatz 2 BGB als streitentscheidende Norm heranzuziehen, wonach die Gefahr des zufälligen Untergangs zum Zeitpunkt der Versendung nur dann auf den Käufer übergeht, wenn dieser eine bestimmte Person oder Spedition usw. mit der Versendung beauftragt hat. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Damit verblieb die Gefahr des Untergangs der gekauften Spielkonsole bis zur tatsächlichen Übergabe an die Beklagte beim Kläger. Die Spielkonsole kam unstreitig nie bei der Beklagten an. Die Gefahr des Untergangs der Spielkonsole verblieb beim Kläger, unabhängig davon, ob der Kläger die Spielkonsole tatsächlich verschickt oder ordnungsgemäß versendet hat. Das AG Kassel führte daher keine Beweisaufnahme über die streitige Frage des Versendens der Spielkonsole durch.

Da der Kläger der Beklagten nicht das Eigentum an der von ihr gekauften Spielkonsole verschafft hat, konnte er seinen geltend gemachten Anspruch auf Bezahlung auch nicht mit Erfolg durchsetzen. Das AG Kassel wies die Kaufpreisklage des Klägers daher ab.

AG Kassel, Urteil vom 02.05.2018 – 435 C 419/18

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