In einem urheberrechtlichen Streit hatte sich das Landgericht München I mit den Anforderungen an die Schöpfungshöhe bei einem Sprachwerk im Sinne von § 2 Absatz 1 Nummer 1 UrhG zu befassen. Die Klägerin ist Riesenrad-Ansagerin und tritt als solche beim Oktoberfest in München auf. Dabei hat sie über Mikrofon und Lautsprecher wiederholt den folgenden Satz gesagt:
„Ja und jetzt, jetzt bring ma wieder Schwung in die Kiste, hey ab geht die Post, let’s go, let’s fetz, volle Pulle, volle Power, wow, super!“
Diesen Satz griffen die Beklagten auf und verwendeten ihn in einem Rapp-Musiktitel. Die Klägerin beanstandete das und verlangte unter anderem Unterlassung. Zur Begründung berief sich die Klägerin darauf, dass in dem Lied ohne ihre Zustimmung ihre Stimme verwendet worden sei und dass der Satz urheberrechtlich geschützt sei. Das stützte sie auf die Originalität und Ungewöhnlichkeit des Satzes sowie auf den besonderen Stil, die Worte auszusprechen. Die Beklagten kamen der Unterlassungsaufforderung nicht nach und bestritten unter anderem, dass es sich um die Stimme der Klägerin gehandelt habe. Die Klägerin klagte beim Landgericht München I, ohne Erfolg:
Bei dem Satz, so das Landgericht, handele es sich nicht um ein Sprachwerk im Sinne von § 2 Absatz 1 Nummer 1 UrhG. Bei einem solchen müsse der geistige Gehalt aus dem Werk selbst erkennbar werden. Die besondere Vortragsart oder die stimmliche Intonation spielen dabei keine Rolle. Zwar werden als so genannte „kleine Münze“ auch kurze und gegebenenfalls einfache Werke geschützt. Das macht aber eine gewisse Schöpfungshöhe nicht entbehrlich. Dabei gilt das Prinzip, dass je kürzer ein Sprachwerk ist, umso höher die Anforderungen an die Schöpfungshöhe sind. Eine Schöpfungshöhe ist dann zu bejahen, wenn sich das Werk vom Üblichen abhebt und eine besondere geistige Leistung erkennen lässt. Der in Streit stehende Satz erfüllt die Anforderungen an die erforderliche Schöpfungshöhe nach Auffassung der Münchner Richter nicht, sondern entbehrt jeglicher Hintergründigkeit oder Doppeldeutigkeit. Vielmehr sei der Satz banal und preise erkennbar ein Fahrgeschäft an, ohne sich deutlich von anderen ähnlichen Anpreisungen zu unterscheiden geschweige denn abzuheben.
Unabhängig von der Schutzfähigkeit kann der Schutz des gesprochenen Satzes auf das Leistungsschutzrecht des ausübenden Künstlers nach § 73 UrhG gestützt werden. Aber auch ein solches Recht erkannte das Landgericht hier nicht. Nicht jede Aufführung, Singen oder Interpretieren erfüllt die Anforderungen an eine Darbietung im Sinne von § 73 UrhG. Erforderlich sei vielmehr eine künstlerische Interpretation des Werkes, wofür die Wiedergabe des Satzes „Ja und jetzt, jetzt bring ma wieder Schwung in die Kiste, hey ab geht die Post, let’s go, let’s fetz, volle Pulle, volle Power, wow, super!“ nicht ausreiche. Vielmehr werde der Satz ohne hinreichende interpretatorische Elemente schlichtweg wiedergegeben.
Das Landgericht ließ dahinstehen, ob in dem beanstandeten Lied tatsächlich die Stimme der Klägerin zu hören ist, da in der Wiedergabe einer der Klägerin zuzuordnenden Sequenz in dem Lied keine Persönlichkeitsrechtsverletzung zu erblicken sei (§ 823 Absatz 1 BGB, Art. 1 Absatz 1 i. V. m. Art. 2 Absatz 1 GG). Dabei fiel ins Gewicht, dass der Satz durch die Klägerin öffentlich gesprochen worden ist und daher der so genannten Sozialsphäre zuzuordnen ist. Mit entsprechend geringerem Gewicht war das allgemeine Persönlichkeitsrecht gegen das Recht abzuwägen, durch Verwendung der Sequenz ein der Kunstfreiheit unterfallendes Musikstück zu schaffen.
LG München I, Endurteil vom 12.12.2017 – 33 O 15792/16
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