Alle Spiele, alle Tore. Mit dieser Aussage konnte der Bezahlsender Sky etliche Bundesligafans für sich begeistern. Mit einer Monatsgebühr von 16,99 Euro für Neukunden und einer Mindestvertragslaufzeit von 12 bis 24 Monaten ist das Fußballerlebnis im Abo-Format nicht gerade günstig. Dennoch ließen sich viele begeistern und bescherten Sky einen regen Zulauf und volle Kassen. Umso größer ist nun die Enttäuschung darüber, dass Sky in der Bundesligasaison 2017/2018 gar nicht alle Spiele überträgt, denn der Sender ist bei der Rechtevergabe zwar nicht leer ausgegangen, hat aber nicht die Rechte für alle Spiele bekommen. Aus der ersten Bundesliga werden von den insgesamt 306 Spielen nur noch 266 bei Sky übertragen. Für die restlichen Spiele hat Eurosport die Rechte erworben und wird diese ebenfalls im Bezahlformat übertragen.
Kein Wunder also, dass enttäusche Fußballfans nun das Sky-Abo kündigen wollen. Die erleben aber derzeit ihr blaues Wunder, denn Sky ist der Auffassung, dass der Umstand, dass nicht alle Spiele übertragen werden, kein außerordentliches Kündigungsrecht begründe. Über die Art und Weise, wie Sky das kommuniziert, kann man unterschiedlicher Auffassung sein, wenn eine Vertragskündigung als Kokolores bezeichnet wird und einem Kunden mitgeteilt worden ist, dass Sky ihn bis 2018 “im Sack” habe (Der Westen). Auf Betroffene wirken diese vielleicht witzig gemeinten Sprüche respektlos und unprofessionell. Immerhin scheint Sky bemerkt zu haben, dass dieser Tonfall unangebracht ist und hat sich bei dem unzufriedenen Abonnenten entschuldigt. Der Sache nach bleibt Sky aber dabei, dass die Kündigung nicht rechtens sei und meint, dass ein außerordentliches Kündigungsrecht nicht bestehe. Dass Sky diese Auffassung vertritt, überrascht nicht, denn es geht um viel Geld.
Im wesentlichen stehen sich folgende Positionen gegenüber:
Der Anwalt des Abonnenten vertritt die Auffassung, dass das Abo außerordentlich gekündigt werden könne. Dem stünden auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen von Sky nicht entgegen. Zwar sei in Nummer 1.1.2 der AGB vorgesehen, dass eine Änderung des Programms zulässig sei, sofern der Gesamtcharakter des Kanals erhalten bleibe. Diese Regelung halte aber einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Sky verweist ebenfalls auf 1.1.2 der AGB und ist der Auffassung, dass eine Kündigung ausgeschlossen sei, denn eine Änderung des Programms sei darin ausdrücklich vorbehalten. Darüber hinaus wird Nummer 1.1.4 der AGB diskutiert, wonach Abokunden ein Kündigungsrecht zusteht, wenn einzelne Kanäle oder Pakete wegen Rechteverlusten angepasst werden. Sky vertritt die Auffassung, dass diese Vorschrift nicht einschlägig sei, was nach dem Wortlaut durchaus nachvollziehbar ist, denn Sky hat nicht Rechte verloren, sondern es nicht geschafft, Rechte zu erwerben. Mittlerweile mischen auch andere Anwälte öffentlichkeitswirksam mit und vertreten die Auffassung, dass die Streichung einiger Spiele aus dem Programm kein Sonderkündigungsrecht nach sich ziehe. Diese Auffassung ist wiederum mit Blick auf 1.1.2 der AGB überzeugend, denn durch den Wegfall einiger Spiele ändert sich der Gesamtcharakter des Kanals wohl nicht.
Rechtlich geht die Analyse der allgemeinen Geschäftsbedingungen bereits einen Schritt zu weit, denn maßgeblich ist zunächst einmal der Vertragsinhalt. Darin enthaltene Hauptleistungspflichten dürfen nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen aufgehoben oder unterlaufen werden (vgl. § 307 Absatz 2 Nummer 2 BGB). Unternehmer dürfen daher nicht das Blaue vom Himmel versprechen, um dann im Kleingedruckten darzulegen, dass die Hauptleistungspflichten tatsächlich gar nicht bestehen. Wer also einen Kaufvertrag über einen Brot schließt, muss sich, wenn man ihm ein Bröchten liefert, nicht auf die AGB verweisen lassen, in denen geregelt ist, dass anstelle von Broten Brötchen geliefert werden. In solchen Fällen finden die allgemeinen Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) Anwendung. Auf Sky angewendet bedeutet das, dass nicht auf der einen Seite alle Spiele und alle Tore versprochen werden dürfen, um auf der anderen Seite eben dies in allgemeinen Geschäftsbedingungen auszuschließen. Nach § 314 BGB können Dauerschuldverhältnisse ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist aus wichtigem Grund gekündigt werden. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn ein Festhalten an dem Vertrag unter Abwägung der beiderseitigen Interessen bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar ist. Grundsätzlich bedarf eine Kündigung nach § 314 BGB eines Abhilfeverlangens mit Fristsetzung. Der Abonnent muss Sky daher vor Ausspruch der Kündigung aufgefordert haben, die Vertragspflichten zu erfüllen. In Ausnahmefällen ist dieses Abhilfeverlangen entbehrlich, etwa dann, wenn klar ist, dass Abhilfe nicht geleistet werden kann.
Auf die Regelungen der Nummern 1.1.2 und 1.1.4 der Sky-AGB kommt es nicht an, wenn der Vertrag die Übertragung aller Spiele und aller Tore zum Gegenstand hat. Insoweit überrascht es, wenn Rechtsanwälte sich mit Details der AGB-Regelungen befassen und diskutieren, ob durch den Wegfall einzelner Spiele der Gesamtcharakter des Kanals geändert wird. Sky profitiert von diesem Verwirrspiel, denn es macht die Sache kompliziert und hält Kunden davon ab, von ihren Rechten Gebrauch zu machen. Dass nun ausgerechnet die Anwälte der Abonnenten ganz maßgeblich zu der Verwirrung beitragen, indem sie auf die AGB-Diskussion einsteigen, ist bemerkenswert.
Die Frage, ob die Übertragung aller Spiele und aller Tore eine Hauptleistungspflicht von Sky darstellt, wird letztlich von den Gerichten zu beantworten sein. Dabei kommt es maßgeblich darauf an, wie das Angebot aus Kundensicht aufzufassen war. Angesichts der prominent herausgestellten Werbung mit “Alle Spiele, alle Tore” durften Kunden nicht bloß einen Fußball-Kanal erwarten, auf dem gerade für Sky verfügbare Spiele übertragen werden. Vielmehr signalisiert die Verwendung des Wortes “alle” eine Vollständigkeit und Abgeschlossenheit des Angebots. Der Kunde durfte daher davon ausgehen, dass tatsächlich alle Spiele übertragen werden. Schließlich war gerade das ein wesentliches Verkaufsargument von Sky und es erscheint nahezu ausgeschlossen, dass dazu eine andere Auffassung vertreten werden kann. Kurzum: die Nichtübertragung etlicher Spiele stellt daher einen Vertragsverstoß dar. Rechtlich vage wird es bei den Kündigungsvoraussetzungen nach § 314 BGB, denn nach der Vorschrift ist eine umfassende Abwägung unter Berücksichtigung aller Belange vorgesehen. Vage deshalb, weil eine Abwägung durch eine Richterin oder einen Richter erfolgt und es immer passieren kann, dass dem Abonnenten gesagt wird, dass der Wegfall des einen oder anderen Spiels nicht ins Gewicht fällt. Rechtlich dürfte ein solcher Vorhalt unzulässig sein, denn Fußballfans, die Wert auf Vollständigkeit legen, sind auch beim Wegfall von wenigen Spielen schwer getroffen.
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