Gehört zur Wohnanlage ein Schwimmbad als Gemeinschaftseigentum, hat jeder Eigentümer einen Anspruch auf Nutzung dieses Schwimmbades. Ist die Nutzung des Schwimmbades aufgrund eines Sanierungsbedarfs nicht möglich, müssen die für eine Nutzung erforderlichen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Dies gilt auch dann, wenn sich die Eigentümerversammlung gegen eine Sanierung ausgesprochen hat. So entschied das Amtsgericht München in seinem Urteil am 11.01.2017 (485 C 12234/16WEG).
Dem Rechtsstreit lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Zu einer Wohnanlage in München gehört ein im Gemeinschaftseigentum stehendes Schwimmbad nebst Umkleide-, Dusch- und Saunabereich. Der gesamte Schwimmbadbereich kann jedoch seit etwa 10 Jahren nicht mehr genutzt werden, da er erheblich sanierungsbedürftig ist. Die Wohnungseigentümer beschlossen im Jahr 2014 in einer Eigentümerversammlung, dass der Schwimmbadbereich saniert werden soll und beauftragten entsprechende Firmen mit der Sanierung. Dabei gingen die Wohnungseigentümer noch davon aus, dass die Sanierung mit einem Budget von ca. 210.000,- € zu realisieren sei. Als die Abbrucharbeiten bereits im Gange waren und das Schwimmbad entkernt worden war, ermittelte ein Architekturbüro die tatsächlich zu erwartenden Kosten: der Umbau des Schwimmbadbereiches würde mit 562.888,65 € brutto und ein Abriss und anschließender Neubau sogar mit 750.000,00 € brutto zu Buche schlagen. Aufgrund der nun ermittelten Kosten wurde die bereits begonnene Sanierungsmaßnahme gestoppt. Mit den beauftragten Firmen wurden Aufhebungsverträge geschlossen. Am 10.05.2015 beschloss die Eigentümerversammlung, den gesamten Schwimmbadbereich lediglich „angemessen zu konservieren“, z.B. durch den Einbau neuer Außentüren und die Verbesserung einiger Außenbauteile. Hierfür wurde in dem Beschluss ein Kostenbudget von maximal 10.000,- € brutto festgelegt, wobei die Finanzierung aus der Instandhaltungsrücklage erfolgen sollte. Die Sanierung des Schwimmbadbereiches und damit eine zukünftige Nutzung des Schwimmbades hatte die Eigentümerversammlung aus Kostengründen abgelehnt.
Zwei der Wohnungseigentümer waren hiermit jedoch nicht einverstanden und fochten den Beschluss der Eigentümergemeinschaft an. Sie erhoben Anfechtungsklage vor dem Amtsgericht München mit dem Ziel, den Beschluss der Eigentümergemeinschaft für ungültig zu erklären. Mit Erfolg: Das Amtsgericht München gab den Klägern Recht und erklärte den Beschluss der Eigentümergemeinschaft für nichtig. Den Eigentümern steht ein Anspruch auf Nutzung des Schwimmbereiches zu. Eine Nutzung ist jedoch nur dann möglich, wenn die hierfür notwendigen Sanierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Die im Beschluss der Eigentümerversammlung festgelegte unbefristete Konservierung bedeutet im Ergebnis die dauerhafte Stilllegung des Schwimmbereiches. Sämtliche Wohnungseigentümer werden dadurch vom Gebrauch des Schwimmbades und der dazugehörigen Bereiche ausgeschlossen, was „einem Entzug des Mitgebrauchs gleichkommt“, so das Urteil. Der Beschluss der Eigentümerversammlung war daher für nichtig zu erklären.
Unerheblich war dabei die Argumentation der Beklagten, die kostenintensive Sanierung des Schwimmbereichs sei wirtschaftlich völlig unsinnig. Auch den Einwand, die meisten Wohnungseigentümer seien wirtschaftlich nicht in der Lage, Sonderumlagen in entsprechender Höhe zu leisten, ließ das Amtsgericht nicht gelten. Jeder Wohnungseigentümer habe beim Kauf gewusst, dass es in der Anlage ein Schwimmbad gibt, welches als Gemeinschaftseigentum mit erworben wird. Dass der Erhalt eines Schwimmbades und eine etwaige Sanierung zum Erhalt dieses Schwimmbades mit erheblichen Kosten verbunden sein kann, muss daher jedem Eigentümer bewusst gewesen sein. Die Argumente der Beklagten im Hinblick auf die Höhe der Kosten der für eine Nutzung des Schwimmbades erforderlichen Sanierungsmaßnahme waren unbeachtlich. Dem einzelnen Wohnungseigentümer ist daher die Nutzung eines im Gemeinschaftseigentum mit erworbenen Schwimmbades zu ermöglichen, auch wenn dies mit der vorherigen Durchführung von Sanierungsmaßnahmen und erheblichen Kosten verbunden ist. Der dem entgegen stehende Beschluss der Eigentümerversammlung war daher nichtig. Das Urteil des Amtsgerichts München ist rechtskräftig.
Hintergrund: Die Entscheidung behandelt grundlegende Rechtsfragen des Wohnungseigentumsrechts. Es drängt sich die Frage auf, ob sich Wohnungseigentümer um jeden Preis an der Wiederherstellung von Gegenständen des Gemeinschaftseigentums zu beteiligen haben oder ob es Grenzen gibt. Je nach Anzahl der WEG-Mitglieder und Ausstattung des Hauses kann dies nämlich zu ganz erheblichen Belastungen führen, die möglicherweise die Leistungsfähigkeit des Einzelnen oder sogar den Wert der Wohnung übersteigen. Grundsätzlich hat jeder Wohnungseigentümer Anspruch auf eine dem Interesse der Wohnungseigentümer entsprechenden Verwaltung (§ 21 Absatz 4 WEG). Dazu gehört auch die ordnungsgemäße Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 21 Absatz 5 Nummer 2 WEG). Das Gesetz regelt auch Grenzen des zwangsweisen Engagements: Nach § 22 Absatz 4 WEG kann der Wiederaufbau des Gebäudes dann nicht verlangt werden, wenn es zu mehr als der Hälfte seines Wertes zerstört ist und der Schaden nicht durch eine Versicherung oder in anderer Weise gedeckt ist. Einzelheiten der Wertbemessung sind unter Juristen umstritten. Grundsätzlich gilt, dass der Gebäudewert ohne Berücksichtigung des Wertes des Grundstücks heranzuziehen ist. Beim Gebäudewert sind wiederum sowohl das Gemeinschaftseigentum als auch das Sondereigentum zu berücksichtigen. Für den Fall, dass eine Wohnungseigentumsanlage aus mehreren Gebäuden besteht, ist grundsätzlich das einzelne Gebäude maßgeblich. Das bedeutet, dass die Schwimmbadsanierung dann nicht verlangt werden kann, wenn die dafür aufzuwendenden Kosten mehr als die Hälfte des Gebäudewerts ausmachen und keine Versicherung für die Kosten aufkommt. Überforderten Wohnungseigentümern hilft diese Grenze in der Regel nur wenig, denn die Zahlungspflicht kann trotz Begrenzung erheblich sei.
Für Erwerber von Eigentumswohnungen kann diese Rechtslage zu einem bösen Erwachen führen, denn neben der Finanzierung des Kaufpreises müssen sie sich plötzlich noch um die Finanzierung ihres Anteils am Schwimmbad kümmern. Das gilt selbst dann, wenn das Schwimmbad zum Zeitpunkt des Erwerbs längst außer Betrieb genommen und eingemottet war. Denn maßgeblich sind die in den Vereinbarungen, insbesondere der WEG-Teilungserklärung niedergelegten Gemeinschafts- und Sondereigentumsrechte. Das bedeutet, dass auch neu hinzukommende Wohnungseigentümer gebunden und an der Wiederherstellung finanziell beteiligt werden. Für den gebeutelten Eigentümer könnte die Verjährung des Anspruchs nach § 21 Absatz 4 WEG die Erlösung bringen, wenn man den Instandsetzungsanspruch mit Ansprüchen gegen unzulässige bauliche Veränderungen gleichsetzt. Denn für letztgenannte ist die Geltung der regelmäßigen drei Jahre betragenden Verjährung (§ 195 BGB) anerkannt, mit der Folge, dass mit Eintritt der Verjährung im Hinblick auf die baulichen Veränderungen eine faktische Duldungspflicht eintritt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 26.06.2008 – 3 Wx 217/07). Das wird aber regelmäßig nicht helfen, wenn neben dem Wiederherstellungsanspruch ein Anspruch auf Wiedereinräumung des Mitbesitzes an dem gemeinschaftlichen Eigentum steht. Dieser unterliegt nicht der Verjährung (§§ 985, 902 Absatz 1 BGB). Über das Vorliegen der Voraussetzungen, über die das Amtsgericht München nicht zu entscheiden hatte, wird man trefflich streiten können.
Ob sich der Wohnungseigentümer beim Verkäufer der Wohnung schadlos halten kann, richtet sich in erster Linie nach dem Inhalt des geschlossenen Kaufvertrages. Üblicherweise wird die Haftung für Mängel vertraglich ausgeschlossen. Eine Haftung ist aber immerhin noch für arglistiges Verschweigen von Mängeln und der Verletzung von Aufklärungspflichten denkbar, denn das Vertragsrecht lässt dafür einen Haftungsausschluss nicht zu. Maßgeblich ist, ob der Verkäufer ihm bekannte Umstände verschwiegen hat, die für den Erwerber erkennbar von Bedeutung waren. Arglistansprüche sind zwar in der Regel nur schwer durchzusetzen. Wenn sich aber nachweisen lässt, dass ein Eigentümer eine Wohnung aufgrund einer anstehenden sehr teuren Sanierung schnell loswerden wollte und den Käufer nicht über die anstehende Belastung informiert, stehen die Chancen nicht schlecht. Gut für den Erwerber aber schlecht für den Eigentümer, denn die Probleme lassen sich durch einen Verkauf nur dann risikoarm lösen, wenn der Käufer ordnungsgemäß aufgeklärt wird, was sich im Preis niederschlagen wird. Betroffene Eigentümer können die Wohnung daher nur mit erheblichem Preisabschlag verkaufen.
AG München, Urteil vom 11.01.2017 – 485 C 12234/16WEG
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