Im Jahr 2013 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH), dass der frühere § 5a VVG (Versicherungsvertragsgesetz) nicht mit Unionsrecht vereinbar ist. § 5a VVG alte Fassung hatte ein Rücktrittsrecht vom Vertrag spätestens 1 Jahr nach Zahlung der ersten Versicherungsprämie ausgeschlossen.
Ein Paukenschlag, denn die Entscheidung des EuGH bedeutet ein „ewiges Widerspruchsrecht“ für den Versicherungsnehmer. Dieser kann im Prinzip den Versicherungsvertrag zu jeder Zeit rückgängig machen, wenn er nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist, auch Jahrzehnte später. Denn die Widerspruchsfrist beginnt in diesem Fall gar nicht erst zu laufen.
Für Versicherungsunternehmen ist die Entscheidung des EuGH eine Katastrophe. Dass diese aber dem „ewigen Widerspruchsrecht“ nicht völlig ausgeliefert sind, zeigt eine aktuelle Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 19.07.2023.
Geklagt hatte eine Frau, die im Jahr 1999 eine Lebensversicherung abgeschlossen hatte. Die Frau war nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden. Daher stand ihr im Prinzip das sogenannte „ewige Widerspruchsrecht“ zu. Fast 20 Jahre später, im Jahr 2018, wollte die Frau nun den Vertrag rückabwickeln und verlangte die geleisteten Beiträge zurück, insgesamt fast 114.000,- €.
Der BGH entschied jedoch in diesem Fall zu Gunsten des Versicherers! Ausnahmsweise durfte das Versicherungsunternehmen auf den Fortbestand des Versicherungsvertrages vertrauen. Grund hierfür war, dass die Frau sämtliche Rechte aus der Lebensversicherung an eine Bank abgetreten hatte, und zwar zur Finanzierung ihres Baudarlehens.
Entscheidend war hier der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abschluss der Lebensversicherung und der Abtretung an die Bank. Bei Abschluss des Versicherungsvertrages hat die Frau gegenüber der Versicherung den Eindruck erweckt, unbedingt am Vertrag festhalten zu wollen. So hat sie dem Versicherer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses auch eine Abtretungserklärung zugesandt. Hieraus ergab sich, dass alle gegenwärtigen und künftigen Rechte aus der Lebensversicherung an die Bank abgetreten werden sollen.
Das Verhalten der Frau zeigte, dass sie selbst unbedingt an dem Versicherungsvertrag festhalten wollte, so der BGH. Aus diesem Grund durfte auch der Versicherer darauf vertrauen, dass der Versicherungsvertrag fortgesetzt wird. Nach dem Urteil des BGH führt das schutzwürdige Vertrauen des Versicherers in den Fortbestand des Vertrages dazu, dass der Frau in diesem Fall kein „ewiges Widerspruchsrecht“ zusteht.
Der BGH bestätigte damit das Urteil der Vorinstanz und wies die Klage der Frau auf Rückabwicklung und Rückzahlung der geleisteten Beiträge ab.
BGH, Urteil vom 19.07.2023 – IV ZR 268/21
Wer sich nach getaner Arbeit duscht oder wäscht, kann hierfür unter Umständen Vergütung verlangen. Das…
Wer als Fahrgast in einem Linienbus mitfährt, sollte sich einen Sitzplatz suchen oder zumindest sehr…
Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt, ist nicht immer glücklich mit seinen Nachbarn. Insbesondere wenn es…
Das Landessozialgericht Berlin–Brandenburg (LSozG Berlin-Brandenburg) stellte in einem aktuellen Urteil klar, dass ein Sturz während…
Der Verkauf eines angeblich „kerngesunden“ in Wirklichkeit aber kranken Hundes durch die Stadt Ahlen an…
Die Frage, ob ein Wegeunfall ein Arbeitsunfall ist, wird oft erst vor Gericht geklärt. Lehnt…