Für eine Verbesserung der Mieterrechte sorgt das Landgericht Berlin (67 S 30/20). Mieter können sich nach Auffassung der Berliner Landgerichtsrichter fortan auf deutlich mehr Rechte berufen, wenn die Mietsache Mängel aufweist. Ansprüche gegen Vermieter sind danach auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Mieter die Wohnung in Kenntnis des Mangels gemietet hat. Voraussetzung ist, dass der Mangel zu Gesundheitsgefahren führt.
Das Gesetz bestimmt, dass Ansprüche gegen Vermieter ausgeschlossen sind, wenn der Mieter bei Vertragsschluss den Mangel kennt oder dem Mieter der Mangel infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben ist (§ 536b Satz 1 und 2 BGB). Erkennbare Eigenschaften, die der Mieter anlässlich einer Besichtigung erkannt hat, begründen daher keine Mängelansprüche. Dasselbe gilt für Umstände, die der Mieter zwar nicht erkannt hat aber hätte erkennen können. Das Landgericht Berlin fügt diesem Prinzip nun eine bedeutende Einschränkung hinzu: Ein Ausschluss der Ansprüche erfolgt dann nicht, wenn Gesundheitsgefahren drohen.
Im entschiedenen Fall ging es um fehlende Handläufe an den Treppen innerhalb der Wohnung. Der Mieter hatte bei Vertragsschluss Kenntnis von den fehlenden Handläufen. Normalerweise könnte der Mieter Mängelansprüche darauf nicht stützen. Das Landgericht Berlin urteilte aber, dass die fehlenden Handläufe zu Gesundheitsgefahren führen. Dabei handele es sich um eine vertragliche Pflicht des Vermieters nach § 535 Absatz 1 Satz 2 BGB, welcher Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis nicht entgegenstehe. Der Vermieter hat deshalb Handläufe an den Treppen zu installieren.
Die Entscheidung hat eine große praktische Bedeutung. Denn Gesundheitsgefahren kommen bei zahlreichen Mängeln in Betracht. So können undichte Fenster oder Türen zu Erkältungskrankheiten führen. Eine hohe Türschwelle birgt Stolpergefahren, an einer schwer öffnenden Tür kann man sich stoßen. Der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Die Entscheidung führt daher dazu, dass Mieter deutlich mehr Mängel rügen können als zuvor. Vermieter müssen sich darauf gefasst machen, deutlich mehr investieren zu müssen.
Ob es bei der Entscheidung des tendenziell mieterfreundlichen Landgerichts Berlin bleibt, ist abzuwarten. Das Gericht hat für die Frage, ob die Kenntnis oder grobfahrlässige Unkenntnis Mängelansprüche, die zu Gesundheitsgefahren führen können ausschließt, die Revision zugelassen. Der Ball liegt daher beim BGH – sofern eine der Streitparteien Revision einlegt.
Landgericht Berlin, Urteil vom 12.05.2022 – 67 S 30/20
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