Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem aktuellen Urteil entschieden, ob und unter welchen Voraussetzungen der Verstoß gegen die Öffentlichkeit von Sitzungen zur Unwirksamkeit der gefassten Beschlüsse führt. Im konkreten Fall ging es um die fehlerhafte Vergabe von Sitzplätzen in einer Ratssitzung der Stadt Gladbeck.
Im Jahr 2015 berief der Bürgermeister für den 26. November eine Ratssitzung ein. Wegen der Tagesordnungspunkte stieß die Sitzung auf ein besonders großes Zuschauerinteresse. Die Verwaltung vergab aus diesem Grund für die Sitzung Eintrittskarten.
Von den 73 Plätzen erhielt die Presse acht Sitzplätze. Neun Plätze waren für Funktionsträger vorgesehen. Die im Rat vertretenen Fraktionen erhielten 25 Eintrittskarten, die entsprechend ihrem Stimmenanteil zugeteilt wurden. Es blieben 24 Karten übrig, die die Verwaltung nach der Reihenfolge der Anfragen vergab.
Die Ratssitzung fand dementsprechend statt. In der Sitzung wurden mehrere Beschlüsse gefasst. Eine der Fraktionen war mit der Sitzplatzvergabe jedoch überhaupt nicht einverstanden. Sie ging davon aus, dass aufgrund der Sitzplatzverteilung der Grundsatz der Öffentlichkeit verletzt wurde. Aus diesem Grund sind auch die gefassten Beschlüsse nichtig, so die Fraktion.
Die Fraktion erhob Klage und hatte zunächst Erfolg. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, dass die Sitzvergabe fehlerhaft war und wegen des Verstoßes gegen den Grundsatz der Öffentlichkeit auch die gefassten Beschlüsse unwirksam sind.
In zweiter Instanz entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) jedoch, dass die Beschlüsse trotz des Verstoßes gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz wirksam bleiben. Das OVG ging davon aus, dass die Beschlüsse nur bei schweren Verstößen gegen den Öffentlichkeitsgrundsatz unwirksam sind.
Hier fehlte es nach Auffassung des OVG an einem schweren Verstoß, weil es trotz der mangelhaften Sitzvergabe noch eine relevante Anzahl allgemein zugänglicher Plätze gab. Zudem hatte die Zuhörerschaft insgesamt nicht das Gepräge eines politisch gezielt zusammengesetzten Publikums, so das OVG.
Das BVerwG stellte nun in dritter Instanz klar, dass allein entscheidend ist, ob die Funktion der Sitzungsöffentlichkeit, nämlich demokratische Kontrolle sicherzustellen, noch gewährleistet ist. Und dies war nach Auffassung des BVerwG hier der Fall. Die Begründung des OVG war nach Auffassung des BVerwG fehlerhaft, das Ergebnis allerdings richtig.
Da auch bei der fehlerhaften Sitzplatzvergabe noch die Funktion der Sitzungsöffentlichkeit gewahrt war, führte diese nicht zur Unwirksamkeit der Beschlüsse, so das BVerwG.
Obwohl der Grundsatz der Sitzungsöffentlichkeit verletzt war, blieb es bei der Wirksamkeit der Beschlüsse. Sechs Jahre nach der streitgegenständlichen Sitzung unterlag die Fraktion nun mit ihrer Klage gegen die Beschlüsse.
BVerwG, Urteil vom 27.09.2021 – 8 C 31.20
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