Kein Vollkaskoschutz bei Entfernen vom Unfallort (OLG Koblenz, Beschl. v. 11.12.2020 – 12 U 235/20)

Wer sich unerlaubt vom Unfallort entfernt, verliert seinen Vollkaskoschutz. Die Versicherung darf in diesem Fall eine Regulierung des Schadens ablehnen. So geht es aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Koblenz (OLG Koblenz) vom 11.12.2020 hervor (12 U 235/20).

Geklagt hatte ein Autofahrer, der auf der Autobahn bei Tempo 100 ohne Fremdverschulden mit der linken Leitplanke kollidierte. Das Fahrzeug wurde dabei erheblich beschädigt.  Auf der gesamten linken Fahrzeugseite entstanden Streifspuren. Nach dem Unfall fuhr der Fahrer weiter bis zum nächsten Rastplatz. Dort sah er sich den Unfallschaden an und entschloss sich weiterzufahren, ohne die Polizei oder die Versicherung zu informieren.

Schadensanzeige erst vier Tage später

Das Fahrzeug war vollkaskoversichert. Eine schriftliche Schadensanzeige an die Versicherung erfolgte allerdings erst vier Tage später. Der Kläger gab an, zwei Tage zuvor die Versicherung mündlich über den Unfall informiert zu haben.

Die Reparaturrechnung ergab einen Schaden von über 22.000,- €. An der Leitplanke war nach Angabe des Klägers angeblich kein Schaden entstanden. Ein Tag nach dem Unfall befuhr der Kläger noch einmal die Autobahn und konnte an der Leitplanke keine Beschädigungen erkennen, so der Kläger.

Versicherung lehnt Regulierung ab

Der Kläger verlangte nun von seiner Versicherung die Regulierung des Schadens. Diese lehnte eine Regulierung jedoch ab, weil der Kläger seinen Obliegenheiten aus dem Versicherungsvertrag nicht nachgekommen ist. Hierzu zählt insbesondere, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zum Unfall zu ermöglichen.

Daraufhin erhob der Kläger Klage vor dem Landgericht, ohne Erfolg. Und auch das OLG Koblenz lehnte einen Anspruch des Klägers ab und gab der Versicherung Recht.

Unfallort nicht verlassen

Der Kläger war nach den Versicherungsbedingungen verpflichtet, alles zu tun, was der Aufklärung des Schadensereignisses dienen kann. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut der Kaskobedingungen gehört hierzu, den Unfallort nicht zu verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen.

Verletzung der Wartepflicht

Diese Wartepflicht hat der Kläger nach Auffassung des OLG Koblenz verletzt. Die Frage, ob eine Obliegenheitsverletzung auch dann vorliegt, wenn kein Fremdschaden entstanden ist, konnte nach Ansicht des OLG Koblenz offen bleiben. Denn bei der Qualität des Schadens am Fahrzeug des Klägers ist davon auszugehen, dass auch die Leitplanke nicht unerheblich beschädigt worden sein muss, so das Gericht.

Zwar ist die Versicherung für das Vorliegen einer Obliegenheitsverletzung und somit dann auch für einen Fremdschaden beweispflichtig. Allerdings war hier der Kläger aufgrund des erheblichen Schadens an seinem Fahrzeug gehalten, vorzutragen, warum die Leitplanke nicht beschädigt worden sein soll. Hierauf weist das OLG Koblenz hin.

Der Vortrag des Klägers, er sei am Folgetag noch einmal auf der Autobahn unterwegs gewesen, reicht jedenfalls nicht, so das Gericht. Bei hoher Geschwindigkeit auf der Autobahn lässt sich eine Beschädigung nicht verlässlich begutachten.

Und da der Kläger selbst durch die unterlassene Meldung an die Polizei oder die Versicherung eine Situation geschaffen hat, in der nähere Feststellungen zum Unfall im Nachhinein unmöglich wurden, sind an den von ihm zu erbringenden Vortrag, dass kein Schaden entstanden ist, besonders hohe Anforderungen zu stellen. So geht es aus dem Beschluss des OLG Koblenz hervor.

Diesen Anforderungen ist der Kläger nicht nachgekommen. Aufgrund der Verletzung der Wartepflicht konnte die Versicherung im Nachhinein keine Feststellungen mehr zum Unfallgeschehen treffen. So wäre zum Beispiel zu klären gewesen, ob der Kläger eventuell fahruntüchtig war oder das Fahrzeug womöglich gar nicht selbst geführt hat.

Versicherung muss nicht zahlen

Die Obliegenheitsverletzung des Klägers führte nach Auffassung des OLG Koblenz dazu, dazu die Versicherung von ihrer Pflicht zur Schadensregulierung frei wurde. Der Kläger muss für den entstandenen Schaden selbst aufkommen, so das OLG Koblenz.

OLG Koblenz, Beschluss vom 11.12.2020 – 12 U 235/20

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