Erhöht die private Krankenversicherung ihre Beiträge, muss dies durch Angabe der Rechnungsgrundlage (Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit) begründet werden. Erfolgt die Begründung im nachhinein, wird erst dann die Frist für das Wirksamwerden der Beitragsanpassung in Gang gesetzt. Eine rückwirkende Beitragserhöhung scheidet in jedem Fall aus. Dies stellte der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Urteilen am 16.12.2020 klar (IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19).
In zwei parallel laufenden Verfahren hatten die Kläger gegen die Beitragserhöhungen ihrer privaten Krankenversicherungen geklagt. Die private Krankenversicherung erhöhte in den vergangenen Jahren mehrmals ihre Beiträge. Die Kläger waren der Auffassung, dass die Beitragserhöhungen jedoch nicht ausreichend begründet wurden und verlangten die in den vergangenen Jahren gezahlten erhöhten Beträge zurück.
In einem der Verfahren holte die Versicherung in der Berufungsinstanz die Angabe der Gründe nach. Das Berufungsgericht ging davon aus, dass zumindest ab diesem Zeitpunkt die Beitragserhöhung gilt, da der Mangel nun geheilt sei. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Erhöhung der Beiträge wegen fehlender Begründung jedoch unwirksam, so das Berufungsgericht. Die Versicherung sollte die bis dahin gezahlten Erhöhungen an den Versicherungsnehmer zurückzahlen.
In beiden Verfahren legte die Versicherung Revision beim BGH ein, über die nun entschieden wurde.
Und der BGH stellt klar: Ohne Angabe der Rechnungsgrundlage für die Beitragsanpassung (Versicherungsleistungen oder Sterbewahrscheinlichkeit) können die Beiträge nicht erhöht werden. Erst mit Angabe der Gründe wird die Frist für die Beitragsanpassung in Gang gesetzt. Also auch wenn die Begründung nachgeholt wird, führt dies nicht zu einer rückwirkenden Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhung, so der BGH.
Der Versicherer ist nach § 203 Absatz 5 Versicherungsvertragsgesetz verpflichtet, die für die Beitragsanpassung maßgeblichen Gründe mitzuteilen. Die Neufestsetzung der Prämien wird dann nach dieser Vorschrift zu Beginn des zweiten Monats, der auf die Mitteilung der Änderung und der Gründe folgt, wirksam.
Allerdings muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich die Rechnungsgrundlage geändert hat, so der BGH. Nach der Gesetzesbegründung im Zusammenhang mit der Reform des Versicherungsvertragsgesetzes sollte die Mitteilungspflicht nur geringfügig erweitert werden.
Der BGH weist darauf hin, dass die Mitteilung der Gründe für die Beitragsanpassung dem Versicherungsnehmer zeigen soll, was der Anlass für die konkrete Erhöhung war. Insbesondere sollte dem Versicherungsnehmer verdeutlicht werden, dass weder sein individuelles Verhalten noch die freie Entscheidung des Versicherers Grund für die Beitragserhöhung war. Vielmehr soll dem Versicherungsnehmer deutlich gemacht werden, dass eine bestimmte Veränderung der Umstände die Beitragsanpassung veranlasst hat, so der BGH.
Die Höhe der Rechnungsgrundlage muss nach dem Urteil des BGH jedoch nicht mitgeteilt werden. Denn Zweck der gesetzlichen Begründungspflicht nach § 203 Absatz 5 Versicherungsvertragsgesetz ist nicht, dem Versicherten eine Plausibilitätskontrolle der Prämienanpassung zu ermöglichen. Hierauf weist der BGH in seinen Entscheidungen hin.
In einem der Verfahren war die ursprüngliche Beitragserhöhung nicht ausreichend begründet worden. Erst eine nachträgliche neue Beitragsfestsetzung mit ausreichender Begründung führte hier zur Beitragserhöhung. Die bis dahin gezahlten Beitragserhöhungen sind von der Versicherung zurückzuzahlen.
In dem anderen Verfahren verweis der BGH den Rechtsstreit zum Teil zurück an das Berufungsgericht. Denn dieses hatte eine der mehreren Beitragsanpassungen zu Unrecht für nicht ausreichend gehalten. Hierüber muss nun neu verhandelt und entschieden werden.
BGH, Urteile vom 16.12.2020 – IV ZR 294/19 und IV ZR 314/19)
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