Categories: Prozessrecht

Fristwahrende Berufung mit beA-Schriftsatz (BGH, Beschl. v. 25.08.2020 – VI ZB 79/19)

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob eine per beA-Schriftsatz eingelegte Berufung zu Recht vom OLG Braunschweig verworfen worden ist.

Berufungsbegründung per beA-Schriftsatz

Der erstinstanzlich unterlegene Kläger hatte Berufung eingelegt und diese mit elektronischem Schriftsatz begründet. Der vor Fristablauf abgesandte beA-Schriftsatz mit der Berufungsbegründung wurde aber vom OLG Braunschweig weder abgerufen noch ausgedruckt. Mit Verfügung vom 13.09.2019 machte das OLG den Kläger darauf aufmerksam, dass keine Berufungsbegründung vorliege und verwarf die Berufung mit Beschluss vom 11.10.2019. Hiergegen wandte sich der Kläger mit einer Rechtsbeschwerde. Mit Erfolg.

Der BGH entschied, dass die Berufung fristgerecht per beA erfolgen konnte. Dabei ließ das oberste deutsche Zivilgericht die Vorlage eines Screenshots der beA-Eingangsbestätigung ausreichen. Aus dieser ergab sich, dass der Schriftsatz vor Fristablauf abgesandt und beim OLG Braunschweig eingegangen war.
Zur Fristwahrung genügt es, so der BGH, wenn der Schriftsatz fristgerecht auf dem Empfangsserver des Gericht gespeichert ist.

Nicht erforderlich ist, dass der Schriftsatz von einem Client-Rechner des Gerichts abgerufen und ausgedruckt wird. Beim Abrufen und Ausdrucken handelt es sich um gerichtsinterne Vorgänge, die für die Rechtzeitigkeit des Eingangs ohne Bedeutung sind.
Aus dem Versäumnis des Gerichts dürfen dem Kläger keine Nachteile entstehen. Die Verwerfung der Berufung durch das OLG verletzte daher das Recht auf ein faires Verfahren (Art. 20 Absatz 3 GG).

Verstoß gegen Subsidiaritätsgrundsatz?

Der Beklagte hatte entgegengehalten, dass der Rechtsbeschwerde der Subsidiaritätsgrundsatz entgegenstehe. Nach diesem allgemeinen Prinzip hätte der Kläger zunächst auf den Hinweis des OLGs reagieren müssen. Tut er dies nicht, sei seine Beschwerde unzulässig.

Diesem Einwand erteilte der BGH eine Absage. Ein Verstoß gegen den Subsidiaritätsgrundsatz komme nur dann in Betracht, wenn der Hinweis mit einer Fristsetzung verbunden ist oder wenn seit der Erteilung des Hinweises so viel Zeit verstrichen ist, dass mit einer Stellungnahme nicht mehr gerechnet werden kann. Beides war hier nicht der Fall.

BGH, Beschluss vom 25.08.2020 – VI ZB 79/19

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