Für immissionsschutzrechtliche Anlagen bietet das Gesetz die Möglichkeit, bereits vor Erteilung einer Genehmigung mit der Vorhabenrealisierung zu beginnen. Die Zulassung des vorzeitigen Beginns ist in § 8a BImSchG geregelt. Sie hat drei Voraussetzungen. Es ist erforderlich, dass mit einer Genehmigung zu rechnen ist (1). Es muss ein öffentliches Interesse oder ein berechtigtes Interesse des Antragstellers am vorzeitigen Beginn bestehen (2). Und der Antragsteller muss sich, für den Fall der Nichterteilung der Genehmigung, zur Wiederherstellung des vorherigen Zustands verpflichten (3).
Die Zulassung des vorzeitigen Beginns stellt daher lediglich eine vorläufige Regelung dar. Maßnahmen sind – bei Versagung der Genehmigung – rückgängig zu machen.
Bislang verneinte die juristische Fachliteratur und Rechtsprechung eine Zulassung des vorzeitigen Beginns, wenn umfangreiche Eingriffe in die Natur erfolgen, wie dies bei einer Waldrodung der Fall ist. Dieser Eingriff sei endgültig. Er könne, so die Verfechter dieser Ansicht, nicht rückgängig gemacht werden. Die dritte Voraussetzung der Zulassung des vorzeitigen Beginns wäre daher, wenn die Rodung durchgeführt ist, nicht erfüllbar.
Dieser engen Auffassung erteilte das OVG Berlin-Brandenburg anlässlich der Tesla-Ansiedlung in Brandenburg nun eine Absage. Auch die Rodung eines Waldes kann rückgängig gemacht werden. Der Wald kann nämlich wieder aufgeforstet werden. Damit stehen einer Waldrodung im Rahmen des vorzeitigen Beginns gemäß § 8a BImSchG keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken entgegen.
Dabei fiel ins Gewicht, dass der Tesla-Wald naturschutzfachlich nicht besonders wertvoll war. Es handelte sich um einen Kiefernwald, der relativ schnell wieder nachwachsen kann.
Ein weiterer interessanter Aspekt der Entscheidung sind die Anforderungen an eine positive Prognose der Genehmigungserteilung. Die Voraussetzung, dass mit der Erteilung der Genehmigung gerechnet werden kann, setzt eine hinreichende Beurteilungsgrundlage der Behörde voraus. Gemeinhin wird diese verneint, wenn das Vorhaben mit Öffentlichkeitsbeteiligung verläuft und die Einwendungs- und Stellungnahmefristen noch nicht abgelaufen sind. Sind diese Fristen noch nicht abgelaufen, kann es sein, dass noch Einwendungen vorgebracht werden. Die Behörde hat dementsprechend keine Kenntnis von allen Einwendungen und davon, ob diese relevant sind.
Nach Auffassung der OVG-Richter steht die noch nicht abgelaufene Einwendungsfrist einer positiven Prognose im Sinne von § 8a BImSchG nicht entgegen. Dabei stellte das Gericht darauf ab, dass sich die Verfahrensbeteiligten bereits sehr frühzeitig zum Vorhaben äußerten und voraussichtlich nicht mit einem nennenswerten Erkenntniszugewinn zu rechnen ist.
Die Entscheidung hat eine über den Einzelfall hinaus gehende Bedeutung, wenn die Maßgaben fortan auch für andere Verfahren Anwendung finden. Künftig ist beispielsweise auch bei Windenergieanlagen zu prüfen, ob eine Rodung beim vorzeitigen Beginn in Betracht kommt.
Ob die Entscheidung bei einem Jahrhunderte alten Laubwald ebenso ausgefallen wäre, ist aber zu bezweifeln, denn Laubwälder haben eine viel längere Rekultivierungsdauer. In solchen Fällen kommt es voraussichtlich auf den Umfang der Rodung und die Beschaffenheit des Waldes an.
Anders als von manchen Umweltschützern befürchtet, stellt die Entscheidung keinen Dammbruch dar. Das OVG BB hat die Rodung keinesfalls leichtfertig gestattet, sondern gewissenhaft geprüft, ob Strukturen verlorengehen, die nicht wiederherstellbar sind.
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20.02.2020 – 11 S 8/20
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