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Ablehnung bei Wohnungssuche wegen ausländischem Namen (AG Charlottenburg, Urt. v. 14.01.2020 – 203 C 31/19)

Erhält ein Wohnungssuchender mit türkisch klingendem Namen wiederholt vom Vermieter eine Absage, wohingegen er mit fiktivem Namen für die gleiche Wohnung zur Besichtigung eingeladen wurde, liegen Indizien für eine Diskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor. Kann der Vermieter diese Indizien nicht widerlegen, steht dem Wohnungsinteressenten ein Anspruch auf Entschädigung zu. So entschied das Amtsgericht Charlottenburg (AG Charlottenburg) am 14.01.2020 (203 C 31/19).

Mietstreitigkeiten und Streit vor Abschluss eines Mietvertrages

Mietstreitigkeiten gehören zu den häufigsten Rechtsstreitigkeiten vor Gericht. Aber auch vor Abschluss eines Mietvertrages kommt es immer häufiger zu Streitigkeiten, die gerichtlich geklärt werden müssen. Dies gilt insbesondere seit Inkrafttreten des AGG im Jahr 2006. Dieses Gesetz soll vor Diskriminierung schützen.

AGG gilt auch schon im Vorfeld der Vermietung

Das daraus folgende Diskriminierungsverbot gilt auch bereits im Vorfeld der Vermietung und führt somit unter Umständen zu einem Entschädigungsanspruch zu Gunsten eines Wohnungsinteressenten.

Ablehnung eines Wohnungssuchenden mit ausländisch klingendem Namen

Über einen solchen Anspruch hatte das AG Charlottenburg am 14.01.2020 zu entscheiden. Geklagt hatte ein Wohnungssuchender mit türkisch klingendem Namen, der für sich und seine Frau eine Wohnung in Berlin suchte. Er bewarb sich bei der Beklagten per Onlineformular unter Angabe seines Namens und seiner Kontaktdaten um die Besichtigung einer von der Beklagten angebotenen Wohnung. Am Folgetag erhielt der Kläger eine Absage mit der Begründung, dass dem Kläger aufgrund der vielen Anfragen kein Angebot unterbreitet werden könne.

Nochmalige Anfrage unter fiktivem Namen

Am selben Tag bewarb sich der Kläger noch einmal um dieselbe Wohnung, diesmal unter Angabe eines fiktiven deutsch klingenden Namens. Eine Mitarbeiterin der Beklagten teilte dem Kläger am nächsten Tag mit, dass er sich die Schlüssel für die Besichtigung am Servicepoint abholen könne. Als der Kläger nun am nächsten Tag am Servicepoint seine Unterlagen persönlich abgeben wollte, teilte ihm die Mitarbeiterin mit, dass die Wohnung vergeben sei.

Anfrage eines Strohmanns

Ein Arbeitskollege des Klägers rief anschließend bei der Beklagten an und erkundigte sich nach dem Stand der Wohnungsvergabe. Daraufhin teilte eine Mitarbeiterin der Beklagten dem Arbeitskollegen mit, dass er gerne die Wohnung besichtigen könne, so der Vortrag des Klägers.

Wiederholte Ablehnung bei Anfrage des Interessenten mit ausländischem Namen

Einen Monat später ereignete sich ein ähnlicher Vorfall, als der Kläger sich bei der Beklagten um eine andere Wohnung bewarb. Seine Anfrage unter richtigem türkisch klingenden Namen wurde abgelehnt, wohingegen er erneut unter fiktivem deutsch klingenden Namen anfragte und die Wohnung besichtigen durfte.

Diskriminierung nach AGG?

Der Kläger fühlte sich diskriminiert und ließ sich von der Berliner Fachstelle für Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt beraten. Diese wandte sich im Auftrag des Klägers an die Beklagte und machte wegen der Diskriminierung Ansprüche nach dem AGG geltend. Die Beklagte wies den Vorwurf der Diskriminierung zurück und behauptete, den Kläger aufgrund der Vielzahl der Anfragen abgewiesen zu haben.

Klage auf Entschädigung wegen Diskriminierung

Der Kläger erhob sodann Klage vor dem AG Charlottenburg und verlangte eine angemessene Entschädigung nach dem AGG, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wurde, aber 2.000,- € nicht unterschreiten soll.

Entscheidung des AG Charlottenburg

Das AG Charlottenburg entschied: Dem Kläger steht wegen der Diskriminierung nach AGG eine Entschädigung in Höhe von 3.000,- € zu! Der Anspruch auf Entschädigung folgt aus § 21 Absatz 2 Satz 3 AGG, so das Gericht, da ein Verstoß gegen das Verbot der Benachteiligung wegen ethnischer Herkunft aus § 19 Absatz 2 AGG vorliegt.

Indizien der Benachteiligung ausreichend nachgewiesen

Dem Kläger ist es gelungen, Indizien nachzuweisen, die die Vermutung rechtfertigen, dass er nur wegen seines türkisch klingenden Namens nicht zu einem Besichtigungstermin eingeladen wurde.

Vermieterin konnte Indizien nicht widerlegen

Da die Beklagte dies nicht widerlegen und somit nicht beweisen konnte, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen des Benachteiligungsverbots vorliegt, steht dem Kläger eine Entschädigung nach dem AGG zu, so das AG Charlottenburg.

Keine Einladung zur Wohnungsbesichtigung wegen ethnischer Herkunft

Allein die unstreitige zweifache Absage an den Kläger mit seinem türkisch klingenden Namen und die unstreitige zweifache Zusage bei Angabe eines deutsch klingenden Namens rechtfertigt nach Auffassung des Gerichts die Vermutung, dass der Kläger allein wegen seiner ethnischen Herkunft keine Einladung zum Besichtigungstermin erhalten hat.

Benachteiligung des Interessenten

Hierin liegt zugleich eine unmittelbare Benachteiligung, weil der Kläger aufgrund seiner ethnischen Herkunft eine weniger günstige Behandlung erfahren hat, nämlich keine Einladung zu einem Besichtigungstermin, als eine andere Person in vergleichbarer Situation, so das AG Charlottenburg.

Beweisaufnahme bestätigte Benachteiligung

Die Vermutung der Benachteiligung aufgrund der ethnischen Herkunft konnte die Beklagte nicht widerlegen. Die Beweisaufnahme bestätigte nach Ansicht des Gerichts den Vortrag des Klägers.

Vergabe von Wohnungen an ausländische Mieter

Hinzu kam, dass eine Mitarbeiterin der Beklagten in der Zeugenvernehmung angab, bei der Vergabe der Wohnungen auf eine „gesunde Mischung“ zu achten. Insbesondere würde sie beispielsweise bei einem Mehrfamilienhaus mit sechs Wohnungen die sechste freie Wohnung nicht an einen Chinesen vermieten, wenn die fünf anderen Wohnungen bereits von Chinesen bewohnt werden.

Vernehmung der Mitarbeiter der Vermieterin als Zeugen

Wenngleich die Mitarbeiterin auf ausdrückliche Nachfrage angab, die Besichtigungstermine unabhängig von der Herkunft zu vergeben, konnte diese Aussage nicht dazu führen, die Vermutung der Benachteiligung zu widerlegen. Das AG Charlottenburg würdigte dabei insbesondere auch die Aussage der Mitarbeiterin zum Beispiel des von chinesischen Familien bewohnten Mehrfamilienhauses.

Vorsatz nicht erforderlich

Nach Auffassung des AG Charlottenburg war eine vorsätzliche Diskriminierung nicht erforderlich. Es genügte eine schuldhafte, zumindest fahrlässige Diskriminierung, die nach Ansicht des Gerichts hier vorlag.

Anspruch auf Entschädigung nach AGG

Somit stand dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Entschädigung nach AGG zu. Das AG Charlottenburg sprach dem Kläger eine Entschädigung in Höhe von 3.000,- € zu.

3.000,- € als Entschädigung angemessen

Die Höhe war nach Auffassung des AG Charlottenburg auch angemessen, denn schließlich handelte es sich bei der Beklagten mit einem Wohnungsbestand von ca. 110.000 Wohnungen um einen der größten Vermieter in Berlin. Diskriminierungen wirken daher nach Ansicht des Gerichts besonders schwerwiegend, da der Kläger hierdurch vom „Zugang zu einem erheblichen Anteil des Mietwohnungsmarktes in Berlin abgeschnitten sei“.

AG Charlottenburg, Urteil vom 14.01.2020 – 203 C 31/19

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