Ein Anspruch auf Beseitigung von Bäumen auf dem Nachbargrundstück besteht in der Regel nicht, wenn der Nachbar den Grenzabstand nach Landesrecht eingehalten hat. Dies gilt auch dann, wenn von den Bäumen im großen Umfang Pollen, Samen und Blätter auf das benachbarte Grundstück fallen. Dieses Urteil fällte der Bundesgerichtshof (BGH) am 20.09.2019 nach einem langen Rechtsstreit zwischen zwei Grundstücksnachbarn (V ZR 218/18).
Geklagt hatte ein Grundstückseigentümer gegen seinen Nachbarn, auf dessen Grundstück drei ca. 18 Meter hohe gesunde Birken stehen. Der Kläger konnte für die schönen Birken aber überhaupt keine Freude empfinden. Insbesondere in der Zeit von Juni bis November ärgerte sich der Kläger jedes Jahr maßlos über die drei Birken, wohingegen sein Nachbar in dieser Zeit die grüne Pracht der Birken genoss.
Grund für den Ärger waren die Pollen, Samen, Zapfen, Blätter und Birkenreiser, die im großen Umfang jedes Jahr auf das Grundstück des Klägers fielen.
Im Jahr 2014 reichte es dem Kläger dann. Er erhob Klage vor dem zuständigen Amtsgericht und verlangte vom Nachbarn das Entfernen der drei Birken, hilfsweise eine monatliche Zahlung von 230,- € in den Monaten Juni bis November jeden Jahres.
Das Amtsgericht wies die Klage ab. Das Landgericht hat jedoch auf die Berufung des Klägers den Nachbarn verurteilt, die drei Birken zu entfernen. Für den Nachbarn kam das überhaupt nicht in Frage, er legte Revision beim BGH ein, mit Erfolg!
Der BGH entschied: Die drei Birken dürfen bleiben! Das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts wurde wiederhergestellt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf das Entfernen der Birken.
Entscheidend war in diesem Rechtsstreit, dass der Nachbar die bei der Anpflanzung der Birken geltenden landesrechtlichen Vorschriften zum Grenzabstand eingehalten hat. Hiernach war für die Bäume ein Grenzabstand von 2 Metern zum benachbarten Grundstück einzuhalten. Die drei Birken standen allesamt mindestens zwei Meter entfernt vom Grundstück des Klägers.
Mit dem Einhalten der landesrechtlich vorgeschriebenen Grenzabstände lag eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung des Grundstücks vor, so der BGH. Und wenn eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung vorliegt, sind durch Naturereignisse ausgelöste Störungen bei der Nutzung des Grundstücks vom Nachbarn hinzunehmen, so die Richter.
Der Grundstückseigentümer ist dann für natürliche Immissionen auf dem Nachbargrundstück nicht verantwortlich. Dies gilt jedoch nur, wenn die gesetzlichen Abstandsflächen eingehalten sind. Nur dann liegt eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung vor und nur dann ist der Eigentümer für Störungen aufgrund von Naturereignissen nicht verantwortlich. So entschied der BGH in seinem Urteil.
Die Störungen sind nach Auffassung des BGH auch nicht so schwer, dass sich ausnahmsweise aus dem nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnis ein Beseitigungsanspruch herleiten lässt, so die Richter. Es handelte sich vielmehr um Immissionen, die üblicherweise von Birken ausgehen.
Dem Kläger stand daher kein Anspruch auf Beseitigung der drei Birken zu. Das Urteil des Landgerichts wurde vom BGH aus diesem Grund aufgehoben.
Auch ein Anspruch auf monatliche finanzielle Entschädigung bestand nicht. Da der Nachbar für die Beeinträchtigungen nicht verantwortlich war, hatte er auch keine Entschädigung zu zahlen.
Die Revision des Beklagten war erfolgreich, er kann sich weiterhin an seinen Birken erfreuen. Der Kläger jedoch wird sich nicht nur weiterhin über die Birken ärgern müssen, er hat nun auch noch die Kosten des gesamten Rechtsstreits zu tragen.
BGH, Urteil vom 20.09.2019 – V ZR 218/18
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