Privates Telefonat – Sturz auf Dienstreise kein Arbeitsunfall (Landessozialgericht Hessen, Urt. v. 13.08.2019 – L 3 U 198/17)

Stürzt ein Arbeitnehmer während der Dienstreise in seinem Hotelzimmer, ist dies kein Arbeitsunfall, wenn der Sturz im Zusammenhang mit einem privaten Telefonat passierte. So entschied das Hessische Landessozialgericht am 13.08.2019 (L 3 U 198/17).

Dienstreisen grundsätzlich unfallversichert

Grundsätzlich sind Dienstreisen genauso wie die Arbeit am eigentlichen Arbeitsplatz gesetzlich unfallversichert. Kommt es also zu einem Unfall während der Dienstreise, handelt es sich regelmäßig um einen von der Berufsgenossenschaft anerkannten Arbeitsunfall.

Beruflich bedingte Tätigkeit

Allerdings gilt dies nur, wenn sich der Unfall während der Dienstreise im Zusammenhang mit einer beruflich bedingten Tätigkeit ereignete. Passierte der Unfall während der Dienstreise im Zusammenhang mit einer privat veranlassten Tätigkeit, liegt kein Arbeitsunfall vor!

Privates Telefonat während der Dienstreise

Diese Erfahrung musste eine zum Unfallzeitpunkt 62-jährige Frau machen, die während einer Dienstreise in ihrem Hotelzimmer auf dem Weg zum Telefon stürzte. Die Arbeitnehmerin zog sich aufgrund des Sturzes eine Oberschenkelfraktur zu. Von der Berufsgenossenschaft verlangte sie nun die Feststellung eines Arbeitsunfalls.

Berufsgenossenschaft: Kein Arbeitsunfall!

Die Berufsgenossenschaft lehnte ab. Die Ablehnung begründete die Berufsgenossenschaft damit, dass der Sturz nicht im Zusammenhang mit einer betrieblich veranlassten Tätigkeit passierte. Die Arbeitnehmerin war nämlich auf dem Weg zum Telefon, um sich für eine private Fahrt ein Taxi zu bestellen. Mit dem Taxi wollte die Arbeitnehmerin zum Flughafen gebracht werden, um sich dort einen Mietwagen für den sich an die Dienstreise anschließenden privaten Urlaub abzuholen.

Privates Telefonat ist private Angelegenheit

Bei diesem Telefonat handelte es sich nach Ansicht der Berufsgenossenschaft um eine rein private Angelegenheit, die eben nicht unter den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz fällt.

Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichts

Die Arbeitnehmerin war damit nicht einverstanden und klagte vor dem Sozialgericht, ohne Erfolg. Und auch das eingelegte Rechtsmittel beim Hessischen Landessozialgericht hatte keinen Erfolg. Das Gericht gab der Berufsgenossenschaft Recht, ein Arbeitsunfall lag nicht vor!

Kein Arbeitsunfall

Denn Entscheidung der Berufsgenossenschaft war nicht zu beanstanden, so das Hessische Landessozialgericht. Wenngleich sich die Arbeitnehmerin noch auf der Dienstreise befand und sich der Sturz somit während der Dienstreise ereignete, liegt kein Arbeitsunfall vor.

Privat veranlasste Tätigkeit

Der Sturz passierte eindeutig im Zusammenhang mit einer rein privat veranlassten Tätigkeit. Die Klägerin wollte ein Taxi bestellen, um sich für ihren anschließenden privaten Urlaub einen Mietwagen abzuholen. Diese Tätigkeit war nach Auffassung der Richter nicht betrieblich veranlasst, sondern ausschließlich privater Natur. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn das private Telefonat in einem anlässlich der Dienstreise gebuchten Hotelzimmer stattfindet bzw. stattfinden soll.

Keine Rückreise von der Dienstreise

Auch befand sich die Arbeitnehmerin nicht auf der Rückreise zu ihrem Wohnort, so das Gericht. Diese fiele ebenfalls unter den gesetzlichen Unfallschutz der Berufsgenossenschaft. Die Arbeitnehmerin wollte –das war unstreitig- unmittelbar nach ihrer Dienstreise ihren privaten Urlaub antreten und eben nicht nach Hause zurückreisen.

Ein Arbeitsunfall lag damit nicht vor. Die Berufsgenossenschaft hatte die geltend gemachten Ansprüche der Arbeitnehmerin zu Recht abgelehnt.

LSozG Hessen, Urteil vom 13.08.2019 – L 3 U 198/17

rechtstipp24

Share
Published by
rechtstipp24

Recent Posts

Duschen nach der Arbeit kann Arbeitszeit sein (BAG, Urt. v. 23.04.2024 – 5 AZR 212/23)

Wer sich nach getaner Arbeit duscht oder wäscht, kann hierfür unter Umständen Vergütung verlangen. Das…

2 Tagen ago

Sturz im Bus wegen Vollbremsung (AG München, Urt. v. 18.10.2024 – 338 C 15281/24)

Wer als Fahrgast in einem Linienbus mitfährt, sollte sich einen Sitzplatz suchen oder zumindest sehr…

1 Woche ago

Mietminderung bei Zigarettengeruch (AG Bremen, Urt. v. 17.05.2024 – 17 C 332/22)

Wer in einem Mehrfamilienhaus lebt, ist nicht immer glücklich mit seinen Nachbarn. Insbesondere wenn es…

1 Woche ago

Sturz während der Arbeitspause (LSozG BB, Urt. v. 26.09.2024 – L 21 U 40/21)

Das Landessozialgericht Berlin–Brandenburg (LSozG Berlin-Brandenburg) stellte in einem aktuellen Urteil klar, dass ein Sturz während…

3 Wochen ago

Arbeitsunfall auf privatem Weg (BSozG, Urt. v. 26.09.2024 – B 2 U 15/22 R

Die Frage, ob ein Wegeunfall ein Arbeitsunfall ist, wird oft erst vor Gericht geklärt. Lehnt…

1 Monat ago
Datenschutz
Impressum