Die Mitglieder einer Wohngemeinschaft können einzelne Mieter ohne Zustimmung des Vermieters austauschen. Dies gilt, wenn es in der Vergangenheit wiederholt so gehandhabt wurde und ein Ablehnungsgrund in der Person des neuen Mieters nicht vorliegt. Erforderlich ist jedoch die vorherige Anzeige des bisherigen und des neuen Mieters gegenüber dem Vermieter. So entschied das Amtsgericht Gießen (AG Gießen) in seinem Urteil vom 02.07.2018 (48 C 295/17).
Die vier Klägerinnen bewohnen als Wohngemeinschaft eine Wohnung der Beklagten mit vier Zimmern. In der Vergangenheit kann es zu mehreren Mieterwechseln. Die ursprünglich im Mietvertrag aufgeführten Mieter wurden mittlerweile vollständig durch andere Mieter, nämlich die vier Klägerinnen ersetzt.
Im Jahr 2017 forderte die Beklagte die vier Klägerinnen auf, einer Mieterhöhung ab August zuzustimmen. Eine ausdrückliche Zustimmung durch die Klägerinnen erfolgte nicht. Diese teilten der Beklagten jedoch im August mit, dass die Klägerin zu 4) ausziehen möchte und stattdessen eine neue namentlich benannte Interessentin einziehen möchte. Die Beklagte verweigerte die Zustimmung. Sie teilte den Klägerinnen mit, dass sie bis zur Klärung der Mieterhöhung keinem Mieterwechsel zustimmen werde. Die Miete zahlten die Klägerinnen in der Folgezeit nur noch unter Vorbehalt. Die Klägerin zu 4) zog aus. Ihr WG-Zimmer übernahm die Klägerin zu 3), deren altes Zimmer nun leer stand.
Die Klägerinnen erhoben Klage beim AG Gießen. Sie begehrten die gerichtliche Feststellung, dass sie berechtigt sind, ohne besondere Zustimmung der Beklagten Mieter auszuwechseln, mit der Maßgabe, dass der Mieterwechsel vom bisherigen und vom neuen Mieter angezeigt wird und kein Ablehnungsgrund besteht.
Darüber hinaus verlangten die Klägerinnen von der Beklagten Zahlung der unter Vorbehalt gezahlten Miete für das nun leer stehende –ehemals von der Klägerin zu 3) bewohnten- WG-Zimmer.
Das AG Gießen gab den Klägerinnen Recht.
Es stellte fest, dass die jeweiligen Bewohner zu einem Mieterwechsel ohne Zustimmung der Beklagten berechtigt sind. Der Mieterwechsel muss vom bisherigen und vom neuen Mieter angezeigt werden. Zudem darf in der Person des neuen Mieters kein Ablehnungsgrund vorliegen. So entschied das AG Gießen.
Darüber hinaus wurde die Beklagte zur Zahlung des entgangenen Mietanteils für das nun leer stehende WG-Zimmer verurteilt.
Nach Auffassung des AG Gießen hatten die Klägerinnen einen vertraglichen Anspruch auf Zustimmung der Beklagten zu einem Mieterwechsel. Dieser Anspruch folgt daraus, dass es in der Vergangenheit immer wieder zu Mieterwechseln gekommen ist, so das AG Gießen. So wurden immer wieder Mieter problemlos ausgetauscht. Insbesondere bei dem letzten schriftlich verfassten Mietvertrag wurde ein Mieterwechsel gestattet. Die Klägerinnen durften daher nach Auffassung des AG Gießen davon ausgehen, dass dies auch in Zukunft so gehandhabt wird. Der Anspruch auf Mieterwechsel ist nach Auffassung des AG Gießen damit Vertragsinhalt geworden.
Jedoch muss der Mieterwechsel der Beklagten in entsprechender Anwendung des § 553 Absatz 1 Satz 2 BGB angezeigt werden. Die Beklagte muss als Vermieterin die Möglichkeit haben, einem Mieterwechsel bei Vorliegen eines wichtigen Grundes zu widersprechen. Ein solcher Ablehnungsgrund lag jedoch nach Auffassung des AG Gießen nicht vor. Die Beklagte lehnte eine Zustimmung bis zur Klärung der Mieterhöhung ab. Dieser Grund liegt ersichtlich nicht in der Person der neuen Mieterin.
Aufgrund der verweigerten Zustimmung der Beklagten lag eine Vertragsverletzung vor. Die Beklagte hat sich daher schadensersatzpflichtig gemacht, so das AG Gießen. Das AG Gießen entschied daher, dass die Beklagte den Klägerinnen auch den entgangenen Mietanteil für das leer stehende Zimmer zu erstatten hat.
AG Gießen, Urteil vom 02.07.2018 – 48 C 295/17
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