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Keine Aufklärungspflicht des Tierarztes über Sturzrisiko nach Narkose (OLG Dresden, Urt. v. 15.01.2019 – 4 U 1028/18)

Der Tierarzt ist grundsätzlich nicht verpflichtet, den Tierhalter über eine mögliche Sturzgefahr während der Aufwachphase nach einer Narkose aufzuklären. Eine solche Aufklärungspflicht besteht nur in besonderen Fällen bzw. bei konkretem Anlass. Die Grundsätze der Beratungspflichten von Humanmedizinern gelten nicht bei Tiermedizinern. Ein entsprechendes Urteil fällte das Oberlandesgericht Dresden (OLG Dresden) am 15.01.2019.

Der Fall

Der Kläger ist Eigentümer eines Pferdes. Er brachte sein Pferd zum Zwecke der Kastration in die Tierklinik. Vor der Kastration schloss er mit den Beklagten, Tierärzte und Beschäftigte der Tierklinik, einen entsprechenden Behandlungsvertrag. In diesem Zusammenhang wurde dem Kläger ein Informationsblatt zur „Aufklärung über Narkose- und Operationsrisiken“ übergeben. Der Kläger bestritt den Erhalt dieses Informationsblattes. Die Beklagten legten jedoch ein vom Kläger unterschriebenes Formular über den Erhalt und die Kenntnisnahme des Informationsblattes vor. Auf dem Informationsblatt werden allgemein die bestehenden Narkose- und Operationsrisiken dargestellt. Das Risiko einer Fraktur während der Aufwachphase wird nicht erwähnt. Nach erfolgter Kastration wurde das Pferd in eine Aufwachbox verbracht. Während der Aufwachphase stürzte das Pferd und zog sich eine Fraktur am Sprunggelenk zu.

Der Kläger verlangte von den Beklagten Schadensersatz in Höhe von 15.000,- €. Die Beklagten verlangten vom Kläger die Kosten für die durchgeführte Kastration, die der Kläger aufgrund des Sturzes seines Pferdes nicht gezahlt hatte.

Prozessverlauf

Der Kläger erhob Klage beim zuständigen Landgericht. Die Beklagten erhoben Widerklage auf Zahlung der Kastrationskosten. Das Landgericht gab dem Kläger Recht. Aufgrund der Berufung der Beklagten hatte nun das OLG Dresden zu entscheiden.

Entscheidung des OLG Dresden

Das OLG Dresden wies die Klage des Klägers ab. Der Kläger hingegen wurde zur Zahlung der Behandlungskosten an die Beklagten verurteilt.

Nach Auffassung des OLG Dresden haben die Beklagten den Kläger ausreichend über mögliche Risiken bei dem Eingriff aufgeklärt. Eine konkrete Aufklärung über eine mögliche Sturzgefahr während der Aufwachphase war nicht erforderlich, so das OLG Dresden.Der Bundesgerichtshof entwickelte zum Aufklärungsumfang bei Tierärzten spezielle Grundsätze. Hiernach muss sich der Tierarzt an den erkennbaren wirtschaftlichen Interessen des Auftraggebers, dem ideellen Wert des Tieres und den Geboten des Tierschutzes orientieren. Die Beratung muss die Art und Weise des geplanten Eingriffs in groben Zügen, dessen Erfolgsaussichten, die Risiken und vorhandene Alternativen umfassen. Die Grundsätze der humanärztlichen Aufklärungspflicht können nicht auf die tiermedizinische Behandlung übertragen werden, so das OLG Dresden. Die Regelungen des § 630a BGB gelten nur für die Behandlung von natürlichen Personen, nicht für Tiere. Auch die Neuregelung des § 90a BGB ändert nichts daran. Diese Norm soll den Tierschutz stärken, aber nicht den Tieren den Staus eines Rechtssubjekts verschaffen. Hierauf weist das OLG Dresden hin.

Aufklärung war ausreichend

Die Aufklärung über die im Informationsblatt erwähnten Risiken ist nach Auffassung des OLG Dresden ausreichend gewesen. Insbesondere reicht der Hinweis auf die allgemein beim Eingriff bestehenden Narkose- und Operationsrisiken aus. Die Aufwachphase wird hiervon umfasst, denn die Aufwachphase gehört zur Narkose, so das OLG Dresden. Eine gesonderte Aufklärung über eine mögliche Fraktur war nicht erforderlich. Die für die Beklagten erkennbaren Umstände führten auch nicht zu gesteigerten Anforderungen an die Aufklärungspflicht. Zudem handelte es sich um eine Routineoperation, die angesichts des Gesundheitszustandes des Pferdes auch keine besonderen Risiken aufweist. Hierauf weist das OLG Dresden hin. Hinzu kommt, dass nach Aussage des gerichtlich bestellten Sachverständigen die Todesrate bei Routineoperationen bei 0,9% lag. In diesen Fällen zogen sich lediglich 23% der Pferde eine Fraktur zu. Eine spezielle Pflicht zur Aufklärung über ein Frakturrisiko während der Aufwachphase ergibt sich nach Auffassung des OLG Dresden daraus nicht.

Darüber hinaus konnte der Kläger den Beklagten auch keinen Behandlungsfehler während oder nach der Operation nachweisen. Auch Fehler während der Überwachung in der Aufwachphase waren den Beklagten nicht nachzuweisen.

Das OLG Dresden wies daher die Klage vollumfänglich ab. Den Beklagten stand hingegen der geltend gemachte Zahlungsanspruch zu. Die Widerklage hatte Erfolg.

OLG Dresden, Urteil vom 15.01.2019 – 4 U 1028/18

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