Mietverträge mit einer festen Laufzeit von mehr als einem Jahr bedürfen der Schriftform (§ 550 BGB). Das setzt voraus, dass alle vertragswesentlichen Elemente in der Vertragsurkunde niedergelegt sind und dass der Vertrag unterschrieben worden ist. Wenn die Schriftform nicht eingehalten ist, kann der Vertrag vorzeitig gekündigt werden.
Die Unterzeichnung setzt die Vornahme eines handschriftlichen Namenszugs unter den Vertrag voraus. Hiervon zu unterscheiden ist eine so genannte Paraphe, welche lediglich die Anfangsbuchstaben erkennen lässt. Beispiel: wenn Knut Meier mit „K.M.“ unterzeichnet, handelt es sich nicht um eine der Schriftform entsprechende Unterschrift.
Wenn der Vertrag mit einer Personenmehrheit zustande kommen soll, müssen alle Beteiligten unterschreiben. Das heißt, dass bei Erbengemeinschaften jeder Erbe unterschreiben muss. Fehlt eine Unterschrift, ist die Schriftform nicht gewahrt.
Dasselbe gilt, wenn nach dem Vertrag mehrere Personen nur gemeinschaftlich vertretungsberechtigt sind. Wenn im Vertrag mehrere Vertreter bezeichnet sind, wird der Vertrag nur dann wirksam, wenn die genannten Vertreter unterzeichnet haben.
Die Unterzeichnung durch jeden Einzelnen ist nicht notwendig, wenn ein Fall der Stellvertretung vorliegt. Das BGB lässt es bei der Vertretung zu, dass eine Person für andere Personen handelt. In diesem Fall wirkt die Erklärung des Vertreters für den Vertretenen.
Erforderlich für eine Vertretung ist, dass der Wille, in fremdem Namen zu handeln deutlich zum Ausdruck kommt. Das kann durch den Zusatz „i.V.“- in Vertretung – geschehen. Fehlt ein „i.V.“-Zusatz und ergibt sich die Stellvertretung nicht aus den Umständen, ist die Schriftform nicht gewahrt.
Die Einzelheiten der Schriftform sind regelmäßig Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen. Meistens beginnen die Streitereien damit, dass sich ein Mieter vorzeitig von einem langfristigen Mietvertrag lösen möchte. Es kommt auch vor, dass der Vermieter den Mieter „loswerden“ möchte. In beiden Fällen beginnt die Suche nach Formfehlern, die über § 550 BGB eine vorzeitige Vertragskündigung ermöglichen.
So auch im Fall des OLG Rostock (3 U 23/18): Mieter und Vermieter hatten einen langfristigen Mietvertrag geschlossen. Der Vermieter kündigte den Vertrag vorzeitig und berief sich auf § 550 BGB. Die Schriftform des Mietvertrags sei nicht gewahrt. Im Vertrag hieß es „… Mieter“ vertreten durch
„Dr. W.C. (Geschäftsführer), M.J. (Geschäftsführer) und Dr. M.H. (Geschäftsführer)“.
Unterschrieben haben aber nur „Dr. W.C.“ und „M.J.“. Die Unterschrift des „M.H.“ befindet sich nicht auf dem Vertrag, obwohl in der Unterschriftenleiste unter dem Vertrag auch dessen Unterschrift vorgesehen war.
Das OLG Rostock hat entschieden, dass die Anforderungen an die Schriftform nach § 550 BGB gewahrt sind. Angesichts der fehlenden Unterschrift eines der Geschäftsführer überrascht dieses Ergebnis.
Nach Auffassung des OLGs ergebe sich aus dem bei den Unterschriften ausgebrachten Stempelaufdruck, dass die Geschäftsführer „Dr. W.C.“ und „M.J.“ zugleich den „M.H.“, der nicht unterschrieben hat, vertreten wollten.
Der Stempel vermeide den Eindruck der Unvollständigkeit der Urkunde. Die Mieterin sei daher wirksam vertreten worden, obgleich einer der Geschäftsführer nicht unterschrieben hat.
Zutreffend stellt das OLG darauf ab, dass die Stellvertretung nicht voraussetzt, dass eine Mehrheit von Stellvertretern handelt. Tatsächlich kann von Rechts wegen eine einzige Person den Mieter vertreten. Erforderlich ist, dass die Stellvertretung hinreichend zum Ausdruck kommt. Diese Voraussetzung hat das OLG hier bejaht. Das überzeugt nicht.
Die Vertragsurkunde hat eingangs alle drei Geschäftsführer als Vertreter bezeichnet und es war in der Unterschriftszeile die Unterschrift eines jeden einzelnen Geschäftsführers vorgesehen. Dass die beiden unterzeichnenden Geschäftsführer den dritten Geschäftsführer vertreten wollten, ist fernliegend. Denn dafür müssten sie eine Erklärung für „M.H.“ abgegeben haben. Das heißt, die beiden hätten auf der Urkunde abermals „i.V.“ für „M.H.“ unterzeichnen müssen. Das war hier aber offenkundig nicht der Fall. Dass das OLG aber dennoch meint, dass die beiden Unterzeichner zugleich für den dritten Geschäftsführer unterzeichnen wollten, ist eine Mutmaßung, für die es nicht wirklich belastbare Ansatzpunkte gibt.
Tatsächlich liegt es nahe, dass die Unterschrift des dritten Geschäftsführers schlichtweg fehlte und dass deshalb der Vertrag gar nicht zustande gekommen ist. Dieses Ergebnis erscheint zwingend, denn die Parteien haben im Vertrag explizit vorgesehen, dass drei Unterschriften notwendig sind. Wenn das OLG dies nicht für notwendig erachtet, respektiert es den Parteiwillen nicht.
Der Ansatz des OLGs, der vorzeitigen Kündigung nach § 550 BGB Grenzen zu setzen, ist zu begrüßen. Denn die Vorschrift wird leider häufig rechtsmissbräuchlich eingesetzt. Im Ergebnis ist die Entscheidung aber rechtlich sehr fragwürdig, denn sie setzt sich über den klar erkennbaren Parteiwillen hinweg. Wenn in einem Vertrag explizit die Unterschrift von drei Geschäftsführern vorgesehen ist, darf sich darüber ein Gericht nicht hinwegsetzen. Die Entscheidung ist daher ein Beitrag zur Rechtsunsicherheit, weil man sich nicht mehr darauf verlassen kann, dass bei drei notwendigen Unterschriften auch wirklich drei Unterschriften notwendig sind.
Die Entscheidung wird aus diesen Gründen (hoffentlich) ein Ausreißer bleiben. Dass andere Obergerichte der Rechtsauffassung folgen, ist kaum zu erwarten. Dennoch wird man sich zumindest im Bundesland Mecklenburg-Vorpommern damit auseinanderzusetzen haben.
OLG M-V, Beschluss vom 12.07.2018 – 3 U 23/18
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