Bei Vereitelung einer gebuchten Kreuzfahrt steht den Urlaubern – neben der Erstattung des Reisepreises – ein Anspruch auf Entschädigung in Geld zu, allerdings nicht in Höhe des vollen Reisepreises. So entschied der Bundesgerichtshof (BGH) mit seinem Urteil vom 29.05.2018 (X ZR 94/17).
Der Fall:
Der Ehemann der Klägerin buchte für seine Ehefrau und sich eine Kreuzfahrt in die Karibik zu einem Gesamtwert von ca. 5.000,- €. Drei Tage vor Reisebeginn stellte sich heraus, dass auf dem Kreuzfahrtschiff keine Kabine für das Ehepaar gebucht war. Die gebuchte Kreuzfahrt konnte von dem Ehepaar daher nicht angetreten werden. Die Klägerin und ihr Ehemann unternahmen in dem Urlaubszeitraum sodann eine Tour mit einem Mietwagen durch Florida. Hierfür entstanden dem Ehepaar Mehrkosten in Höhe von ca. 900,- €. Nachdem der Ehemann der Klägerin seine Ansprüche abgetreten hatte, begehrte die Klägerin von der Reiseveranstalterin die Zahlung einer angemessenen Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises sowie den Ersatz der Mehrkosten für die Reise mit dem Mietwagen, ohne Erfolg.
Die Klägerin erhob daraufhin Klage beim zuständigen Landgericht auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises von ca. 5.000,- € sowie auf Erstattung der angefallenen Mehrkosten von ca. 900,- €. Das Landgericht sprach der Klägerin eine Entschädigung wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit in Höhe von ca. 3.700,- € zu, was ca. 73% des Reisepreises entspricht. In Bezug auf die geltend gemachten Mehrkosten in Höhe von ca. 900,- € für die Ersatzreise mit dem Mietwagen wies das Landgericht die Klage ab.
Gegen das Urteil legte die Klägerin beim Oberlandesgericht Berufung ein und begehrte den nicht zugesprochenen Differenzbetrag sowie die Mehrkosten in Höhe von ca. 900,- €. Das Oberlandesgericht sprach der Klägerin die Mehrkosten für die Ersatzreise zu, wies jedoch die Berufung im Übrigen zurück. Sowohl die Klägerin als auch die beklagte Reiseveranstalterin legten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Revision beim BGH ein. Die Klägerin begehrte weiterhin den nicht zugesprochenen Differenzbetrag, die Beklagte die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Die Entscheidung:
Der BGH entschied, dass der Klägerin ein weiterer Entschädigungsanspruch nicht zusteht. Grundsätzlich wies der BGH darauf hin, dass im Falle der Vereitelung einer gebuchten Reise sowie bei einer erheblich beeinträchtigten Reise neben der Erstattung des Reisepreises eine angemessene Entschädigung in Geld wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit gemäß § 651 f Absatz 2 BGB geltend gemacht werden kann. Die Bemessung der Höhe der Entschädigung ist dabei grundsätzlich Aufgabe des Tatrichters. Die Überprüfung der Bemessung kann durch den BGH nur in engen Grenzen vorgenommen werden. Der BGH weist darauf hin, dass grundsätzlich eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises angemessen sein kann, z.B. wenn „die Reise wegen Mängeln der Leistung des Veranstalters so erheblich beeinträchtigt“ ist, dass der „Erfolg der Reise (nahezu) vollständig verfehlt worden ist“. Liegt jedoch eine Vereitelung der Reise vor, steht diese nicht ohne weiteres einer durch Reisemängel vollständig entwerteten Reise gleich, so der BGH. Aus diesem Grund ist bei einer ausgefallenen Reise nicht grundsätzlich auch eine Entschädigung in Höhe des vollen Reisepreises als angemessen anzusehen. Hierzu weist der BGH darauf hin, dass es bei der Entschädigung nach § 651 f Absatz 2 BGB nicht um eine „zweite Rückerstattung“ des Reisepreises geht. Tatsächlich geht es bei der Entschädigung darum, den Urlauber dafür zu entschädigen, dass er seine Urlaubszeit nicht so verbringen konnte, wie mit dem Veranstalter vereinbart. Insbesondere kann die sich hieraus ergebene immaterielle Beeinträchtigung bei groben Mängeln erheblich größer sein, als bei einer Reise, die gar nicht stattfindet, so der BGH.
Die vom Berufungsgericht festgesetzte Höhe der Entschädigung (73% des Reisepreises) ist nach Auffassung des BGH frei von Rechtsfehlern und daher nicht zu beanstanden. Insbesondere hat das Berufungsgericht bei der Höhe der Entschädigung berücksichtigt, dass es sich um eine hochwertige Kreuzfahrt handelte und dass diese erst drei Tage vor Reiseantritt abgesagt wurde. Das Berufungsgericht hat zu Recht jedoch auch berücksichtigt, dass die Klägerin und ihr Ehemann aufgrund des vollständigen Reiseausfalls nun wieder frei über ihre Urlaubszeit verfügen konnten, anders als dies bei einer durch Mängel erheblich beeinträchtigten Reise der Fall ist, so der BGH. Die vom Berufungsgericht bestätigte Entschädigung in Höhe von ca. 73% des Reisepreises war daher nicht zu beanstanden. Die Revision der Klägerin wurde aus diesem Grund vom BGH zurückgewiesen.
Die von der Beklagten in Bezug auf die vom Berufungsgericht zugesprochene Erstattung der Mehrkosten von ca. 900,- hingegen hatte Erfolg. Der BGH entschied hierzu, dass der Klägerin ein Anspruch auf Erstattung der Mehrkosten für die Ersatzreise nicht zusteht. Ist die Reise insgesamt vereitelt worden, können Aufwendungen für eine Ersatzreise nicht gleichzeitig eine Abhilfemaßnahme darstellen, so der BGH. Die von der Klägerin geltend gemachten Mehrkosten für die Ersatzreise konnte daher nicht verlangt werden.
BGH, Urt. vom 29.05.2018 – X ZR 94/17
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