Getrennt lebende Eltern mit gemeinsamer elterlicher Sorge haben untereinander einen Auskunftsanspruch gemäß § 242 BGB, wenn es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt. Hierauf weist das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG Oldenburg) in seinem Beschluss vom 30.01.2018 hin.
Der Fall:
Die Beteiligten sind getrennt lebende Ehepartner mit einem gemeinsamen minderjährigen Sohn, der seit der Trennung im Haushalt der Antragsgegnerin lebt. Beide Ehepartner haben die gemeinsame elterliche Sorge für den Sohn. Zu Gunsten des Sohnes war ein Sparkonto mit einem Vermögen von mehr als 15.000,- € angelegt. Die Antragsgegnerin hatte eigenmächtig ein neues Sparkonto für ihren Sohn eingerichtet und das Vermögen vom alten Sparkonto auf das neue Sparkonto verbracht. Der Antragsteller begehrte zunächst außergerichtlich Auskunft über den Verbleib des Geldes, ohne Erfolg. Daraufhin erhob der Antragsteller gegen die Antragsgegnerin Klage beim zuständigen Amtsgericht auf Auskunft darüber, wo das Sparvermögen des gemeinsamen Sohnes verblieben ist. Im Laufe des gerichtlichen Verfahrens erteilte die Antragsgegnerin dann die begehrte Auskunft. Die Parteien erklärten übereinstimmend die Erledigung des Rechtsstreits. Das Amtsgericht entschied mit Beschluss nur noch über die Kosten des Verfahrens. Es war der Auffassung, dass der Antragsteller seine Auskunftsanspruch nicht mit Erfolg hätte geltend machen können und legte daher dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auf. Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass hier allenfalls ein Auskunftsanspruchs des Sohnes in Betracht käme, den dieser ggf. durch einen Ergänzungspfleger geltend machen könne.
Der Antragsteller legte gegen den Beschluss des Amtsgerichts Beschwerde ein. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und legte den Rechtsstreit zur Entscheidung dem OLG Oldenburg vor.
Die Entscheidung:
Das OLG Oldenburg wies in seinem Hinweisbeschluss vom 30.01.2018 darauf hin, dass es beabsichtige, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen und den Beschluss des Amtsgerichts entsprechend abzuändern.
Die Beschwerde des Antragstellers war zulässig und begründet, so das OLG Oldenburg. Dem Antragsteller stand gegen die Antragsgegnerin ein Auskunftsanspruch über den Verbleib des Vermögens des gemeinsamen Sohnes zu. Dieser Auskunftsanspruch folgt aus § 242 BGB, da es sich um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt und die Eltern das gemeinsame Sorgerecht ausüben, so das OLG Oldenburg. Die elterliche Sorge umfasst gemäß § 1626 Absatz 1 BGB sowohl die Personensorge als auch die Vermögenssorge. Es gilt insbesondere das Gesamtvertretungsprinzip gemäß § 1629 Absatz 1 BGB. Bei getrennt lebenden Eltern ist allerdings nur in Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung ein gegenseitiges Einvernehmen erforderlich, § 1687 Absatz 1 Satz 1 BGB. In den Dingen des täglichen Lebens hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, die Befugnis allein zu entscheiden, § 1687 Absatz 1 Satz 2 BGB. Das OLG Oldenburg weist in seinem Beschluss darauf hin, dass es sich bei der Verfügung über das Sparvermögen des Sohnes in Höhe von mehr als 15.000,- € um eine Angelegenheit von erheblicher Bedeutung handelt. Aufgrund des Gesamtvertretungsprinzips durften die Parteien daher nur gemeinsam darüber entscheiden und nicht die Antragsgegnerin allein. Ein gegenseitiges Einvernehmen der Parteien wäre erforderlich gewesen. Das gemeinsame Sorgerecht der Beteiligten gebietet einen Auskunftsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin nach den Grundsätzen von Treu und Glauben (§242 BGB). Dieser Auskunftsanspruch bezieht sich auf die unbefugte eigenmächtige Verfügung über das Sparvermögen des gemeinsamen Sohnes, so das OLG Oldenburg. Der in § 1686 BGB normierte Auskunftsanspruch greift vorliegend nicht, da er nur im Hinblick auf die persönlichen Verhältnisse des Kindes anwendbar ist. Die vermögensrechtlichen Verhältnisse gehören nach anerkannter Rechtsprechung nicht dazu. Das OLG Oldenburg weist in seinem Beschluss jedoch darauf hin, dass es für andere Bereiche der elterlichen Sorge auch Auskunftsansprüche geben muss, abgesehen von den in § 1686 BGB und in § 1605 BGB normierten Fällen. „Die fortbestehende Verpflichtung getrenntlebender Eltern zur gemeinsamen Ausübung der elterlichen Sorge gebietet es vielmehr, bei einem eigenmächtigen Handeln des einen Elternteils als Grundlage dem anderen Elternteil einen Auskunftsanspruch zur Information über die näheren Umstände und die Folgen des eigenmächtigen Handelns zu gewähren“, so das OLG Oldenburg. Der Antragsteller hatte daher gegen die Antragsgegnerin einen Anspruch auf Auskunft über den Verbleib des Sparvermögens des gemeinsamen Sohnes resultierend aus den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Die Kosten sind daher, wie dem Beschluss des OLG Oldenburg zu entnehmen ist, der Antragsgegnerin aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat trotz vorgerichtlicher Aufforderung die begehrte Auskunft nicht erteilt. Sie hat damit hinreichend Veranlassung zur Klage gegeben, so das OLG Oldenburg.
Die Beschwerde des Antragstellers hat nach dem Beschluss des OLG Oldenburg Erfolg.
OLG Oldenburg, Beschluss vom 30.01.2018 – 4 WF 11/18
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