Sachverhalt: Das Amtsgericht Schwerin hatte über einen Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe zu entscheiden. Der einer rechtsgerichteten Partei angehörige Antragsteller war in einer politischen Auseinandersetzung im Kontext mit der deutschen Nazi-Vergangenheit in einer regionalen Tageszeitung als „Idiot“ bezeichnet worden, der einfach nicht dazu lerne. Der Antragsteller verlangte Unterlassung und Schmerzensgeld. Nachdem ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abgegeben worden war, beantragte der Antragsteller beim Amtsgericht Schwerin Prozesskostenhilfe für die Geltendmachung von Schmerzensgeld. Das Amtsgericht wies den Antrag zurück und versagte dem Antragsteller damit die begehrte Geldentschädigung.
Entscheidend war für das Amtsgericht, dass der geltend gemachte Anspruch keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe. Im Rahmen der vorzunehmenden Güter- und Interessenabwägung seien das Persönlichkeitsrecht des Antragstellers und das Recht auf freie Meinungsäußerung zu berücksichtigen. Ein besonderes Gewicht sei der Meinungsäußerungsfreiheit zu geben, wenn es sich nicht um eine private Auseinandersetzung handelt, sondern die Äußerung der öffentlichen Meinungsbildung dienen soll. Zwar beeinträchtige die Äußerung den Antragsteller. Eine Entschädigung in Geld sei aber dann nicht gerechtfertigt, wenn damit lediglich ein politischer Standpunkt im Hinblick auf das Verhalten des Antragstellers deutlich gemacht werden sollte. So liege der Fall hier, denn die Äußerung in der Zeitung dürfte unschwer als politisch gemeinte Wertung seines Verhaltens zu verstehen sein.
Die Entscheidung des Amtsgerichts Schwerin kann hier abgerufen werden: AG Schwerin, Beschl. v. 17.01.2012 – 12 C 216/11.
Würdigung: Die Entscheidung ist alles andere als ein Meisterstück. Denn wenn man einmal vom Ergebnis absieht, ist daran kaum etwas richtig. Der Antragsteller wollte Schmerzensgeld geltend machen. Das würde aber voraussetzen, dass die Äußerung „Schmerzen“ – in Gestalt körperlicher Auswirkungen – erlitten hat. Zwar ist das aufgrund psychischer Beeinträchtigungen durchaus denkbar, dazu wurde aber im Verfahren von Seiten des Antragstellers nichts vorgetragen. Das Gericht geht darauf mit keinem Wort ein. Richtigerweise wollte der Antragsteller eine Geldentschädigung durchsetzen, die bei besonders schwerwiegenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen zuerkannt werden kann. Sodann nimmt das Gericht eine Abwägung vor, ohne sich damit auseinander zu setzen, ob es sich hier um eine Formalbeleidigung oder eine unzulässige Schmähkritik handelt, welche der Abwägung nicht zugänglich sind. Es wäre naheliegend gewesen, die Bezeichnung als „Idiot“ als Formalbeleidigung anzusehen. Eine Abwägung würde dann ausscheiden. Sofern man der Auffassung sein sollte, dass dieser Bezeichnung nicht stets eine Diffamierung zu eigen ist, hätte geprüft werden müssen, ob es sich um eine Schmähkritik handelt, was hier möglicherweise aufgrund des Umstandes, dass die Äußerung im politischen Schlagabtausch erfolgt ist, zu verneinen sein kann. Die Entscheidung dürfte in der Sache aber dennoch zutreffen, denn die Zuerkennung von Geldentschädigung setzt eine schwerwiegende Persönlichkeitsrechtsverletzung voraus. Hier gab es Anhaltspunkte dafür, dass dies nicht der Fall war: Der Antragsteller, der selbst nicht gerade zimperlich mit Äußerungen war, hat die Unterlassungsverpflichtungserklärung sogleich nach der Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs erhalten aber die Geldentschädigung erst kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist geltend gemacht. Zwar kann man grundsätzlich mit der Geltendmachung von Ansprüchen warten, hier könnte aber der Eindruck entstehen, dass es dem Antragsteller in Wahrheit gar nicht um den Ausgleich einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung ging, sondern schlichtweg darum, Kasse zu machen.
AG Schwerin, Beschluss vom 17.01.2012 – 12 C 216/11