§ 17 Vertretung im Europäischen Datenschutzausschuss, zentrale Anlaufstelle
(1) Gemeinsamer Vertreter im Europäischen Datenschutzausschuss und zentrale Anlaufstelle ist die oder der Bundesbeauftragte (gemeinsamer Vertreter). Als Stellvertreterin oder Stellvertreter des gemeinsamen Vertreters wählt der Bundesrat eine Leiterin oder einen Leiter der Aufsichtsbehörde eines Landes (Stellvertreter). Die Wahl erfolgt für fünf Jahre. Mit dem Ausscheiden aus dem Amt als Leiterin oder Leiter der Aufsichtsbehörde eines Landes endet zugleich die Funktion als Stellvertreter. Wiederwahl ist zulässig.
(2) Der gemeinsame Vertreter überträgt in Angelegenheiten, die die Wahrnehmung einer Aufgabe betreffen, für welche die Länder allein das Recht zur Gesetzgebung haben, oder welche die Einrichtung oder das Verfahren von Landesbehörden betreffen, dem Stellvertreter auf dessen Verlangen die Verhandlungsführung und das Stimmrecht im Europäischen Datenschutzausschuss.
§ 17 BDSG 2018 wurde neu gefasst mit dem Datenschutz-Anpassungs- und -Umsetzungsgesetz EU – DSAnpUG-EU – vom 30.06.2017, BGBl. I, vom 05.07.2017, S. 2097 und tritt am 25.05.2018 in Kraft.
§ 17 trifft Regelungen zum gemeinsamen Vertreter im Europäischen Datenschutzausschuss, zu dessen Vertreter und zur zentralen Anlaufstelle.
Unionsrechtlich sind Mitgliedstaaten, in denen es mehr als eine Aufsichtsbehörde gibt, verpflichtet, im Einklang mit den nationalen Rechtsvorschriften eine Aufsichtsbehörde zu bestimmen, die zugleich gemeinsamer Vertreter im Europäischen Datenschutzausschuss ist (Artikel 51 Absatz 3 und 68 Absatz 4 DSGVO und Artikel 41 Absatz 4 der Richtlinie (EU) 2016/680).
Absatz 1 Satz 1 dient der Umsetzung dieses Regelungsauftrags und benennt als gemeinsamen Vertreter der deutschen Aufsichtsbehörden den Bundesbeauftragten. Damit schafft der Gesetzgeber zugleich eine zentrale Anlaufstelle, wie in Erwägungsgrund 119 DSGVO vorgesehen und schafft eine strukturelle Parität zu den übrigen Mitgliedstaaten, die fast alle nur eine einzige Aufsichtsbehörde haben.
Die Bestellung des Bundesbeauftragten als gemeinsamer Vertreter wird außerdem dem Grundsatz der Außenvertretung des Bundes gemäß Artikel 23 GG und dem Gesetz über die Zusammenarbeit von Bund und Ländern in Angelegenheiten der Europäischen Union (EUZBLG) gerecht.
Der Bundesbeauftragte war nach altem Recht bereits Mitglied im Vorgängergremium des Europäischen Datenschutzausschusses, der Artikel 29-Gruppe, und verfügt, funktional als Dienststelle betrachtet, über jahrelange Erfahrungen.
Die durch Absatz 1 Satz 1 bestimmte zentrale Anlaufstelle „Bundesbeauftragter“ ermöglicht eine wirksame Beteiligung aller Aufsichtsbehörden am Kohärenzverfahren und eine effiziente Zusammenarbeit mit den Aufsichtsbehörden der anderen Mitgliedstaaten, dem Europäischen Datenschutzausschuss und der Europäischen Kommission (vgl. Erwägungsgrund 119 DSGVO).
Nach dem normalen deutschen Sprachgebrauch ist der Sinn des Wortes „Kohärenz“, welches je nach Kontext eine unterschiedliche Bedeutung haben kann, nicht ohne Weiteres zu verstehen. Der Begriff „Kohärenz“ geht auf das unionsrechtlich geregelte Kohärenzgebot zurück (Art. 3 EU-Vertrag/Amsterdam, Art. 18 Absatz 4 Satz 1 EU-Vertrag/Lissabon). Kohärenz bedeutet nach dem BDSG und der DSGVO „zusammenhängend“ und bezieht sich auf den Prozess des Zusammenwachsens und Fortentwickelns. Nach Erwägungsgrund 135 der DSGVO handelt es sich beim Kohärenzverfahren um ein Verfahren, welches die einheitliche Anwendung der DSGVO in der gesamten Union sicherzustellen und zu einer vereinheitlichen Rechtsanwendung beitragen soll. Das Kohärenzverfahren stellt ein Verfahren für die Zusammenarbeit zwischen den Aufsichtsbehörden dar, das dann angewendet wird, wenn die Maßnahme einer Aufsichtsbehörde Wirkungen auf Verarbeitungsvorgänge hat, die für eine bedeutende Zahl betroffener Personen in mehreren Mitgliedstaaten erhebliche Auswirkungen haben. Es kommt auch zur Anwendung, wenn eine betroffene Aufsichtsbehörde oder die Kommission die Durchführung beantragt.
Zweck der Einrichtung einer zentralen Anlaufstelle in Absatz 1 Satz 1 ist, Aufsichtsbehörden anderer Mitgliedstaaten, dem Europäischen Datenschutzausschuss und der Europäischen Kommission zu ermöglichen, ohne Kenntnis der innerstaatlichen Zuständigkeitsverteilung mit den deutschen Aufsichtsbehörden in Kontakt treten zu können. Praktisch wird der Bundesbeauftragte in seiner Funktion als zentrale Anlaufstelle zugehende Informationen Geschäftskorrespondenz an die hiervon betroffenen deutschen Aufsichtsbehörden weiterleiten. Umgekehrt können sich die Aufsichtsbehörden bei der Kommunikation mit dem Europäischen Datenschutzausschuss, der Europäischen Kommission und den Aufsichtsbehörden der übrigen Mitgliedstaaten der zentralen Anlaufstelle zur Weiterleitung von Informationen und Korrespondenz bedienen. Dabei soll die zentrale Anlaufstelle auch bei der Identifizierung der richtigen Aufsichtsbehörden in anderen Mitgliedstaaten unterstützen. Gesetzlich ist die zentrale Anlaufstelle nicht mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet, vielmehr kommt ihr eine rein unterstützende Rolle zu. Zu den Unterstützungsleistungen der zentralen Anlaufstelle zählt auch die Koordinierung der Willensbildung unter den Aufsichtsbehörden des Bundes und der Länder. Die zentrale Anlaufstelle wirkt zudem auf die Einhaltung der von der DSGVO vorgesehenen Fristen und Verfahren des Informationsaustauschs, beispielsweise durch standardisierte Formate nach Artikel 67 DSGVO hin. Die Unterstützungsfunktion der zentralen Anlaufstelle besteht über das in Erwägungsgrund 119 der DSGVO genannte Kohärenzverfahren hinaus für alle Angelegenheiten der Europäischen Union, insbesondere für das Verfahren der Zusammenarbeit der Artikel 60 bis 62 DSGVO.
Die zentrale Anlaufstelle ist der Dienststelle des Bundesbeauftragten organisatorisch angegliedert, ihre Aufgabenwahrnehmung ist aber von den übrigen Aufgaben der oder des Bundesbeauftragten organisatorisch getrennt.
Absatz 1 Satz 2 trifft eine Regelung zur Bestellung eines Stellvertreters des gemeinsamen Vertreters nach Absatz 1 Satz 1. Vorgesehen, dass dieser vom Bundesrat gewählt wird. Diese Regelung trägt der innerstaatlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern bei der Vertretung im Europäischen Datenschutzausschuss Rechnung (vgl. Artikel 68 Absatz 3 DSGVO). Der Stellvertreter hat ein Anwesenheitsrecht, wodurch die Wahrung der Länderbelange und die Sicherstellung des Informationsflusses zu den Aufsichtsbehörden der Länder sichergestellt ist, außerdem kann er gemäß Absatz 2 von dem gemeinsamen Vertreter die Übertragung der Verhandlungsführung und das Stimmrecht verlangen, sofern es sich um eine Angelegenheit handelt, für welche die Länder alleine das Recht zur Gesetzgebung haben oder welche die Einrichtung oder das Verfahren von Landesbehörden betreffen. Diese Regelung geht über die den Ländern nach dem EUZBLG bestehenden lediglich partiellen Anwesenheitsrechte hinaus.
Absatz 1 Satz 3 bestimmt für den Stellvertreter eine Amtszeit von fünf Jahren.
Absatz 1 Satz 4 sieht vor, dass das Ausscheiden als Leiter der Aufsichtsbehörde zugleich eine Beendigung der Funktion als Stellvertreter zur Folge hat.
Absatz 1 Satz 5 bestimmt, dass die Wiederwahl des Stellvertreters zulässig ist.
Absatz 2 trifft Regelungen zu Beteiligungsrechten des Stellvertreters bei der Außenvertretung der deutschen Aufsichtsbehörden im Europäischen Datenschutzausschuss. Die Regelung orientiert sich am EUZBLG, geht aber zugunsten der Länderrechte über die im EUZBLG vorgesehenen Beteiligungsrechte hinaus. Bei Angelegenheiten, die die Wahrnehmung einer Aufgabe betreffen, für welche die Länder das alleinige Recht zur Gesetzgebung haben, oder welche die Einrichtung oder das Verfahren von Landesbehörden betreffen, wird dem Stellvertreter auf dessen Verlangen die Verhandlungsführung und das Stimmrecht im Europäischen Datenschutzausschuss eingeräumt. Die Außenvertretung des Stellvertreters umfasst insoweit alle Angelegenheiten, die ausschließlich Gesetzgebungsbefugnisse der Länder oder die Datenverarbeitung durch Landesbehörden betreffen.