OLG Rostock, Urteil vom 20.01.2016 – 1 U 32/15

Aktenzeichen: 1 U 32 /15

Oberlandesgericht Rostock

Im Namen des Volkes

Urteil

1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 28.04.2014, Az.: 4 O 469/12, wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil sowie das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

 

I.

Die Klägerin nimmt den Beklagten nach § 25 Abs. 1 HGB auf Zahlung einer von ihr zur Insolvenztabelle betreffend die XXX KG angemeldeten und vom Insolvenzverwalter festgestellten Forderung aus Warenlieferungen in Anspruch.

Über einen Teilbetrag von 6.000,00 € nebst Zinsen hatte die Klägerin ein durch Beschluss des Senats vom 21.11.2012, Az.: 1 U 109/11, rechtkräftiges Urteil des Landgerichts Schwerin, Az.: 4 O 36/11, zu ihren Gunsten erstritten. Im vorliegenden Verfahren macht sie den Restbetrag von 55.043,97 € geltend.

Das Landgericht Schwerin hat den Beklagten unter Bezugnahme auf das im Vorprozess ergangene Urteil antragsgemäß verurteilt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Parteivortrages und der Begründung der landgerichtlichen Entscheidung wird auf das Urteil vom 28.04.2014 Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Mit seiner form- und fristgerecht eingelegten und rechtzeitig begründeten Berufung begehrt der Beklagte die Abänderung des angefochtenen Urteils und Klageabweisung.

Er rügt die Verletzung prozessualen und materiellen Rechts. Das Urteil des Landgerichts verstoße gegen den Grundsatz rechtlichen Gehörs. Das Landgericht habe noch im Beschluss vom 23.12.2013 geäußert, dass ein Haftungsausschluss gerechtfertigt wäre, wenn der Beklagte das Unternehmen vom Insolvenzverwalter erworben habe, was jedoch von keiner Partei behauptet worden sei. Mit Schriftsatz vom 27.01.2014 sei wiederholt und unbestritten klargestellt worden, dass er die Betriebs- und Geschäftsausstattung vom Insolvenzverwalter zurückgegeben erhalten habe. Es hätte eines weiteren Hinweises bedurft, dass dies nicht als Unternehmenserwerb zu verstehen sei.

Das Landgericht habe zudem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB verkannt. So sei nicht festgestellt worden, wie und von wem der Beklagte das Handelsgeschäft der Gemeinschuldnerin erworben haben solle. Es fehle an einem der Unternehmensfortführung zugrundeliegenden derivativen Erwerb. Eine bloße Geschäftsfortführung bedeute nicht, dass sich der neue Inhaber aufgrund eines derivativen Erwerbs zu der Geschäftsfortführung bewusst entschlossen habe. Die Interessen des Geschäftsverkehrs seien im Hinblick darauf, dass es sich beim Inhaberwechsel um eine nach §§ 31 Abs. 1, 29 HGB eintragungspflichtige Tatsache handele, hinreichend geschützt. Dem Geschäftspartner komme das Wahlrecht zu, ob er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeiten an den neuen oder an den alten Inhaber wenden möchte. Zudem hätte er das Handelsgeschäft aus der Insolvenzmasse erworben und somit nicht unter Lebenden im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB erworben. Wegen § 87 InsO sei es nicht mehr möglich, den Schuldner außerhalb des Insolvenzverfahrens persönlich in Anspruch zu nehmen. Das Landgericht habe sich weder mit dem Umstand, dass die Insolvenz der Gemeinschuldnerin im Handelsregister vermerkt und öffentlich bekannt gemacht worden sei noch damit, dass es sich bei dem Beklagten um einen Kleingewerbetreibenden, der ein handwerklich geprägtes Dachdeckergeschäft betreibe, auseinandergesetzt. Indem das Landgericht einen Tatbestandsberichtigungsantrag mit Beschluss vom 16.06.2014 zurückgewiesen habe, sei ihm verborgen geblieben, dass er sich gegen die nicht bewiesene und noch nicht einmal vorgetragene Tatsache gewehrt habe, zuvor ein einzelkaufmännisches Unternehmen geführt zu haben. Entgegen geltenden Rechts habe das Landgericht ausgeführt, dass es zur Fortführung der Firma eines vollkaufmännischen Handelsgeschäftes nicht bedürfe. Einem Kleingewerbetreibenden stehe es frei, sich im Handelsregister einzutragen. Dagegen habe er sich bewusst entschieden. Selbst wenn er den Rechtsschein gesetzt haben sollte, im Rechtsverkehr durch Neueröffnung des Dachdeckerbetriebes als Kaufmann aufzutreten, habe die Klägerin hierauf keine gutgläubige Vertrauensdisposition getätigt. Ihm sei es mangels Kaufmannseigenschaft nicht gestattet, eine Firma im Sinne der §§ 18f. HGB zu führen. Bei der Bezeichnung „XXX Dachdeckermeister” handele es sich lediglich um eine Geschäftsbezeichnung. Die Weiterführung einer solchen genüge zur Haftungsbegründung nach § 25 HGB nicht. Bauunternehmer und Bauhandwerker unterfielen nicht § 21 Abs. 2 HGB, denn die Werkleistung stehe im Vordergrund. Das Landgericht habe zudem ohne eine erforderliche Gesamtwürdigung sämtlicher Umstände entschieden. Die wesentliche Kriterien, die für die Annahme einer kaufmännischen Tätigkeit gegeben sein müssten, lägen sämtlich nicht vor. Gerade den Handel mit Baustoffen habe er vom Insolvenzverwalter nicht übernommen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Landgerichts Schwerin vom 28.04.2014 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin verteidigt das landgerichtliche Urteil und verweist zur Begründung auf den Senatsbeschluss vom 21.11.2012. Sie führt im Einzelnen auf, dass das Landgericht hinreichend Hinweise erteilt und Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben habe. Im Rahmen des § 25 HGB sei ein derivativer Erwerb nicht erforderlich.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitigen Schriftsätze nebst der darin bezeichneten Anlagen Bezug genommen; im Übrigen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung.

 

II.

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und rechtzeitig begründete Berufung des Beklagten hat keinen Erfolg.

1.

Ohne Erfolg rügt der Beklagte eine Verletzung prozessualen Rechts. Eine entscheidungserhebliche Gehörsverletzung im Sinne des § 321a Abs. 1 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor.

a)

Das Gebot rechtlichen Gehörs im übereinstimmend von Art. 103 Abs. 1 GG und der ZPO gewährleisteten Rahmen verlangt nur, dass den Parteien Gelegenheit gegeben wird, sich zu sämtlichen entscheidungserheblichen Fragen zu äußern. Eine allgemeine richterliche Aufklärungs- und Hinweispflicht besteht indes nicht. Allerdings darf das Gericht ohne vorherigen Hinweis nicht Anforderungen an den Sachvortrag stellen oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellen, mit denen auch eine gewissenhafte und kundige Partei nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen braucht. Auf Änderungen seiner Rechtsauffassung hat ein Gericht daher hinzuweisen (vgl. Zöller/Vollkommer, ZPO, 31. Aufl., § 321a, Rn. 7f 10, m. w. N.).

b)

Eine Überraschungsentscheidung ist danach nicht ersichtlich. Das Landgericht hatte bereits mit der Ladungsverfügung vom 20.06.2013 (GA 34/I) darauf hingewiesen, dass es sich vollumfänglich den Auffassungen des Oberlandesgerichts im Hinweis vom 02.08.2012 und Beschluss vom 21.11.2012, Az.: 1 U 109/11, anschließen wolle, wozu die Parteien mit Schriftsätzen vom 03.07.2013 (GA 40/I) und 04.07.2013 (GA 46/I) sowie vom 12.07.2013 (GA 53/I) Stellung nahmen. In der mündlichen Verhandlung vom 01.08.2013 wurden weitere Hinweise erteilt (GA 56/I). Daraufhin vertieften die Parteien mit Stellungnahmen vom 21.08.2013 (GA 62/I) und 21.08.2013 (GA 72/I) ihre jeweiligen Rechtsansichten; der Beklagtenvertreter erwiderte mit Schriftsatz vom 03.09.2013 (GA 79/I) zu Behauptungen der Klägerseite. Das Landgericht hat sodann mit am 09.09.2013 verkündetem Beschluss (GA 82/I) auf von dem Vortrag zum Berufungsverfahren zu 4 O 36/11 abweichendes Bestreiten hingewiesen. Schließlich hat das Landgericht unter dem Eindruck der Schriftsätze des Klägervertreters vom 19.09.2013 (GA 90/I) und des Beklagtenvertreters vom 10.10.2013 (GA 107/I) nach einer Anfrage vom 22.10.2013 zu dem im Klägerschriftsatz vom 19.09.2013 erfolgten Beweisangebot betreffend eines Erwerbs von Insolvenzverwalter und der hierauf erfolgten Klarstellung des Beklagten mit Schriftsatz vom 07.11.2013, dass er das wesentliche Betriebsvermögen der Gemeinschuldnerin vom Insolvenzverwalter erhalten habe, wobei es sich allerdings um keinen Erwerb im Sinne des § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB gehandelt habe (GA 115/I), mit Beschluss vom 20.12.2013 (GA 117/I) weitere Hinweise erteilt, verbunden mit der Anordnung des schriftlichen Verfahrens gem. § 128 Abs. 2 ZPO (GA 117/I).

Das Landgericht hat somit durch die dem jeweiligen Verfahrensstand angepassten Hinweise zu erkennen gegeben, dass es noch nicht zu einem abschließenden Erkenntnis gelangt war, und insbesondere auch die nach Anordnung des schriftlichen Verfahrens gem. § 128 ZPO eingehenden Stellungnahmen der Parteien Entscheidungsgrundlage sein würden – letztes wie vom Gesetzgeber vorgesehen. Beiden Parteien war jeweils hinreichend Gelegenheit gegeben worden zu den Ansichten der jeweiligen Gegenseite und den vorläufigen Einschätzungen des Gerichts Stellung zu nehmen.

2.

Die Entscheidung des Landgerichts lässt auch durchgreifende Fehler bei der Anwendung materiellen Rechts betreffend der Haftung des Beklagten gem. § 25 Abs. 1 HGB nicht erkennen.

a)

Nach der Rechtsprechung des BGH ist § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB anwendbar, wenn neben einer (Weiter-)Verwendung zumindestens von Bestandteilen der bisherigen Firma auch der Tätigkeitsbereich, die innere Organisation und die Räumlichkeiten ebenso wie Kunden- und Lieferantenbeziehungen – jedenfalls im Kern – beibehalten und/oder Teile des Personals übernommen werden und auf diese Weise dem Verkehr eine nach außen in Erscheinung tretende Unternehmenskontinuität vermittelt wird, die den tragenden Grund für die Erstreckung der Haftung auf den Erwerber bildet. Ob dieser – in den Augen des Verkehrs auf eine ungebrochene Kontinuität des bisherigen Unternehmens hindeutenden – Fortführung ein rechtsgeschäftlicher, derivativer Erwerbsvorgang zugrunde liegt, ist unmaßgeblich; ausreichend für ein Eingreifen der Fortführungshaftung ist vielmehr bereits die bloße Tatsache der Geschäftsfortführung unabhängig davon, ob zwischen dem alten und dem neuen Inhaber zum Zwecke der Fortführung des Unternehmens bestimmte Abreden getroffen sind oder ob die zu prüfende Fortführung lediglich tatsächlich erfolgt ist. Bei Unternehmensveräußerungen durch den Insolvenzverwalter ist die Fortführungshaftung allerdings einschränkend auszulegen und findet keine Anwendung, wenn der Insolvenzverwalter aus der Insolvenz heraus ein zur Masse gehörendes Unternehmen ganz oder in seinem wesentlichen Kern durch Veräußerung an einen Dritten verwertet. Diese durch die Besonderheiten des Insolvenzverfahrens bedingten Gesichtspunkte sollen aber auf die Fortführung eines überschuldeten Unternehmens außerhalb eines Insolvenzverfahrens nicht zutreffen. Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Anwendbarkeit von § 25 Abs. 1 HGB nicht ausgeschlossen beim Erwerb des Handelsunternehmens u.a. von einem vorläufigen Insolvenzverwalter oder in den Fällen, in denen schon vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens das Unternehmen des späteren Schuldners von einem Dritten in seinen wesentlichen Bestand unverändert fortgeführt wird. Wird nämlich ein in Insolvenz befindliches Unternehmen von einem Dritten außerhalb des Insolvenzverfahrens lediglich tatsächlich fortgeführt, ohne dass diese Fortführung vom Insolvenzverwalter abgeleitet wird, kollidiert eine Fortführungshaftung des Erwerbers nicht mit den aus § 159 InsO folgenden Verwertungspflichten des Insolvenzverwalters und führt auch nicht im Falle der lediglich tatsächlichen Unternehmensfortführung zur Gefahr einer ungleichmäßigen Befriedigung aller Insolvenzgläubiger. So liegt es offenkundig hier. Dass der Beklagte die Firma insgesamt über den Insolvenzverwalter erworben hätte, ist nicht dargetan. Vielmehr hat er die von ihm zuvor an die Schuldnerin verpachteten Räumlichkeiten und Gegenstände von dem Insolvenzverwalter zurückerhalten und sodann den Betrieb in seinem wesentlichen Bestand unverändert fortgeführt und – wie ausgeführt – den prägenden Teil in dem neuen Betrieb beibehalten. Dass er die Branchenbezeichnung durch Wegfall des Baustoffhandels geändert hat, schließt eine Firmenkontinuität nicht aus; denn das Weglassen einer Geschäftszweigbezeichnung ist unschädlich (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 23.10.2013, VIII ZR 423/12, ZIP 2014, 29f; OLG Köln, Urteil vom 30.05.2014, 19 U 165/13, Tz. 44, 47 – jeweils zitiert nach juris). Entscheidend ist aber allein die Tatsache der Fortführung des Unternehmens nach einem Wechsel des Unternehmensträgers. Ein solcher hat hier stattgefunden, weil der Beklagte nicht Gesellschafter der KG, sondern lediglich Gesellschafter deren Komplementärin war. Er war daher nicht Inhaber der KG, sondern deren Angestellter und führte nach der Übernahme jedoch deren Betrieb und Unternehmen jedenfalls im Kern fort.

b)

Entgegen der Ansicht des Beklagten kommt es für die Haftung aus § 25 Abs. 1 HGB nicht darauf an, ob ein rechtsgeschäftlicher, derivativer Erwerb zugrundeliegt. Erforderlich ist die bloße Tatsache der Geschäftsfortführung unabhängig davon, ob etwa zum Zwecke der Fortführung des Unternehmens bestimmte Abreden getroffen worden sind oder ob die Fortführung lediglich tatsächlich erfolgt ist (OLG Köln a.a.O., Tz. 47). Einer Abrede bedurfte es offenkundig nicht – der Beklagte hat schlicht das Unternehmen der Gemeinschuldnerin im wesentlichen Kern weitergeführt unter Beibehaltung der Geschäftsräume, der Fax- und Telefonnummer sowie von Teilen des bisherigen Mitarbeiterstammes. Für eine Unternehmensfortführung spricht zudem, dass der Beklagte – wie er durch Vorlage der Anlage B 1 belegt hat – ausweislich der betriebswirtschaftlichen Auswertung vom Dezember 2010 im Jahr 2010 bereits einen Umsatz i.H.v. 108.182,00 € erwirtschaften konnte. Dies scheint nur bei Nutzung des Kundenstammes der Gemeinschuldnerin möglich. Mit dem Argument, dass der Beklagte sein Einzelunternehmen parallel zur Gemeinschuldnerin betrieben habe, auch wenn er bei dieser als Meister angestellt gewesen sein will, dringt der Beklagte nicht durch. Der Senat hat hierzu bereits in seinem Beschluss vom 21.11.2012 gemäß § 522 Abs. 2 ZPO ausgeführt, dass die Tatsache, dass er parallel auf dem Markt tätig gewesen ist, eine Unternehmensfortführung nicht ausschließt (vgl. BGH, Urteil vom 24.09.2008, VIII ZR 192/06, NJW-RR 2009, 820 Tz. 15).

c)

Entgegen der Ansicht des Beklagten ist es schließlich auch nicht erforderlich, dass der „Erwerber“ bzw. „Fortführer“ des Unternehmens Vollkaufmann ist.

Der Senat hat im gleichzeitig zu verkündenden Urteil in dem – denselben Beklagten und dieselbe Rechtsfrage betreffenden – Verfahren 1 U 16/14 erkannt:

„aa)

Dass § 25 HGB nur dann zur Anwendung kommt, wenn der Veräußerer Vollkaufmann ist, entspricht – soweit ersichtlich – der ganz überwiegenden Meinung und ist hier gegeben, weil das veräußerte Unternehmen eine KG war (§§ 6 Abs. 1, 106, 162 HGB).

bb)

Nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag des Beklagten ist er nicht im Handelsregister eingetragen (§§ 2, 5 HGB) und außerdem lediglich als Kleingewerbetreibender tätig, was Umsatz, Umfang usw. seines Betriebes angeht.

cc)

Daraus ergibt sich aber nicht, dass die Fortführungshaftung des § 25 HGB ausgeschlossen ist.

Nach der Definition des Bundesgerichtshofes greift die Haftung ein, wenn aus der Sicht des maßgeblichen Verkehrs das „alte” Unternehmen in seinem wesentlichen Bestand unverändert unter alter Firmenbezeichnung fortgeführt wird. Das kann auch der Fall sein, wenn das „neue” Unternehmen tatsächlich, aber für den maßgeblichen Verkehr nicht erkennbar kein Handelsgeschäft i.S.d. HGB ist. Es genügt vielmehr, dass der Eindruck entsteht, das „alte” Unternehmen werde als Handelsgeschäft fortgeführt.

Zwar handelt es sich bei der Firma um die Handelsbezeichnung des Kaufmanns (§ 17 Abs. 1 HGB), so dass an sich nur ein Kaufmann eine Firma führen kann. Die Berufung meint, da der Beklagte gerade kein Kaufmann ist, dürfe und könne er eben keine Firma führen und deshalb auch keine fortführen. Darauf kommt es aber nicht an: entscheidend ist, ob der Beklagte als Erwerber eine Firma tatsächlich führt, nicht, ob diese auch zulässig ist (vgl. Hopt in Baumbach/Hopt, HGB, 36. Aufl., § 25 Rn. 9; Ries in Röhrich/Graf v. Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl., § 25 Rn. 17). Die Haftung aus § 25 Abs. 1 Satz 1 HGB kann nicht davon abhängen, ob der Erwerber den nach § 19 Abs. 1 HGB vorgeschriebenen Rechtsformzusatz führt. Er hätte es sonst in der Hand, bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen allein durch die Wahl einer registerrechtlich unzulässigen Firmenbezeichnung einer Haftung zu entgehen. Dem steht jedoch der Schutzzweck dieser Norm entgegen, wonach bei der nach außen in Erscheinung tretenden Kontinuität des Unternehmens der neue, tatsächliche Unternehmensträger neben dem bisherigen für die bisher begründeten Verbindlichkeiten eintreten soll. Dies stellt auch ein Korrelat dafür dar, dass der Erwerber die Vorteile der Fortführung (Weiterführung der Geschäfts- und Kundenkontakte, Profitieren von dem erarbeiteten Ruf des übernommenen Unternehmens) nutzen kann. Deshalb steht auch die Möglichkeit der Einsichtnahme in das Handelsregister der Haftung nicht entgegen.

Im Übrigen ist es dem Beklagten unbenommen, sich als Kannkaufmann (§ 2 HGB) eintragen zu lassen und sodann von der Möglichkeit des § 25 Abs. 2 HGB Gebrauch zu machen. Zwar begründet § 2 Satz 2 HGB keine Pflicht, sondern eine Option zur Eintragung, und es kann gute Gründe dafür geben, von einer Registereintragung Abstand zu nehmen. Daher wird in der Literatur teilweise vertreten, die Anwendung des § 25 Abs. 1 HGB komme für einen Kleingewerbetreibenden als Erwerber nicht in Betracht, weil ansonsten die gesetzlich vorgesehene Wahlfreiheit entwertet werde (Reuschle in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohm, HGB, 3. Aufl., § 25 Rn. 24 a.E.; Oetker/Vossler, HGB, 4. Aufl., § 25 Rn. 13). Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, dass – sofern eine entsprechende Firma gewählt wird – die Rechtsfolgen des § 25 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 HGB einer von ggfs. mehreren Punkten ist, die in die Abwägung, ob eine Eintragung erfolgen soll, einzufließen haben. Nach Ansicht des Senats muss der Erwerber, wenn er sich gegen die Eintragung nach § 2 HGB entscheidet, in Kauf nehmen, als Konsequenz hieraus keinen Haftungsausschluss nach § 25 Abs. 2 HGB erreichen zu können. Um gleichwohl eine Haftung zu vermeiden, bleibt ihm die Wahl einer Firma, die von der ursprünglichen deutlich unterscheidbar ist.“

Dem schließt sich der Senat in der zur Entscheidung im vorliegenden Verfahren berufenen Besetzung nach Beratung an.

 

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Von der Zulassung der Revision war mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO abzusehen.

 

Unterschrift/en