NPD von Europa (in Bezug auf CSU): BVerfG, Beschl. v. 22.06.1982 – 1 BvR 1376/79

keine Schmähkritik im Wahlkampf

Sachverhalt: Auf Wahlveranstaltungen äußerte ein Kandidat für das EU-Parlament, die CSU sei „die NPD von Europa“. Die CSU machte Unterlassungsansprüche geltend und obsiegte sowohl beim Landgericht als auch beim Oberlandesgericht. Gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts erhob der Kandidat Verfassungsbeschwerde. Mit Erfolg.

Entscheidend war für das BVerfG zunächst die Unterscheidung zwischen Meinungsäußerung und Tatsachenäußerung. Das Oberlandesgericht hatte die Äußerung als Tatsachenäußerung qualifiziert und ihr deshalb im Ergebnis den Schutz der Meinungsfreiheit versagt. Zu Unrecht: Nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts war die Äußerung derart substanzarm, dass vom Vorliegen einer Meinungsäußerung auszugehen ist. Bei der Beurteilung der Frage, ob die Meinungsäußerung die Grenzen der Schmähung überschreitet, war zu berücksichtigen, dass die Schwelle für die Unzulässigkeit im politischen Wahlkampf deutlich höher ist als sonst. Denn nach Art. 21 Absatz 1 Satz 1 GG wirken die politischen Parteien an der Willensbildung des Volkes mit und sie nehmen eine öffentliche Aufgabe wahr, indem sie den Wahlakt als Legitimation der das Volk repräsentierenden Organe vorbereiten (§ 1 Absatz 2, § 2 Parteiengesetz). Eine politische Partei hat daher solche herabsetzenden Äußerungen hinzunehmen, wobei das BVerfG ausdrücklich darauf abstellte, dass die Partei die Möglichkeit hatte, sich politisch zu wehren.

BVerfG, Beschluss vom 22.06.1982 – 1 BvR 1376/79

Schmähkritik-Lexikon