AG Hamburg, Urteil vom 13.11.2008 – 35B C 151/08

Amtsgericht Hamburg

AZ: 35B C 151/08

URTEIL

Im Namen des Volkes

In der Sache

XXX AG – Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: XXX

gegen

XXX – Beklagte –

Prozessbevollmächtigte: XXX

Erkennt das Amtsgericht Hamburg, Abteilung 35B, durch den Richter XXX aufgrund der am 16.10.2008 geschlossenen mündlichen Verhandlung für Recht:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

 

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt Werklohn für Verbrauchsmessung und Abrechnung nach vorzeitiger Kündigung des Vertrages.

Die Klägerin ist ein Dienstleistungsunternehmen, das Messdienst- und Abrechnungsleistungen erbringt. Der Beklagte betreibt eine Hausverwaltung. Vin den Streitverkündeten, den früheren Eigentümern des Objekts XXX-Straße in Rostock, wurde der Beklagte mit der Hausverwaltung betraut. Eine entsprechende umfassende Verwaltervollmacht vom 20.12.2002 übersandte der Beklagte mit Schreiben vom 24.01.2003 der XXX GmbH, der damaligen Gebietsleitung der Klägerin im Gebiet Rostock/Schwerin.

Mit Vertrag vom 23.12.2005/08.03.2006/13.04.2006 beauftragte der Beklagte die Klägerin für eine Laufzeit von zehn Jahren die Heizkosten- und Kaltwasserabrechnung für das oben genannte Objekt vorzunehmen. Ferner übernahm die Klägerin die Bereitstellung der entsprechenden Messgeräte und die Garantiewartung der Kaltwasserzähler für sechs Jahre und der Warmwasserzähler für fünf Jahre. Auf Auftraggeberseite war auf dem von der Klägerin gestellten und im voraus ausgefüllten Vertragsformular unter „Auftraggeber“ mit Computerschrift vorgegeben „XXX“ [Anmerkung: Beklagter]. Darunter sind Ort, Datum und die Unterschrift des Beklagten sowie dessen Stempel hinzugesetzt worden. Die Rubrik „Auftraggeber vertreten durch“ wurde nicht ausgefüllt. Auf die Anlage K1 wird Bezug genommen.

Zum 01.01.2007 wurde das Objekt von der Streitverkündeten verkauft. Der neue Eigentümer übernahm die mit der Klägerin geschlossenen Verträge nicht. Der Klägerin verlangt nun die für die weitere Vertragslaufzeit vorgesehene Vergütung abzüglich ersparter Aufwendungen.

Die Klägerin meint, der Beklagte habe bei Vertragsschluss in eigenem Namen gehandelt und sei ihr Vertragspartner geworden. Er habe nicht offengelegt, dass er im Namen der Streitverkündeten habe handeln wollen.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin € 4.398,29 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint, dass nicht er, sondern die Streitverkündeten Vertragspartner der Klägerin geworden seien. Aus den Umständen habe sich das für die Klägerin klar ergeben.

 

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten aus § 649 S. 2 BGB, weil dieser nicht ihr Vertragspartner geworden ist. Vertragspartner sind vielmehr die Eigentümer des Objekts, die Streitverkündeten, geworden.

Gemäß § 164 Abs. 1 BGB wirkt eine Willenserklärung, die jemand innerhalb der ihm zustehenden Vertretungsmacht abgibt, unmittelbar für oder gegen den Vertretenen. Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Erklärung ausdrücklich im Namen des Vertretenen erfolgt oder ob die Umstände die Stellvertretung ergeben. Legt man dies zugrunde, hat der ausweislich der Verwaltervollmacht vom 20.12.2002 umfassend bevollmächtigte Beklagte nach den Umständen als Vertreter der Streitverkündeten gehandelt. Ein Eigengeschäft des Beklagten kann nach dem maßgeblichen objektivierten Empfängerhorizont nicht angenommen werden.

Zwar hat der Beklagte das Auftragsformular als Auftraggeber unterzeichnet, während das daneben stehende Feld für eine Vertreterhandeln frei geblieben ist. Der Vertrag war jedoch von der Klägerin vorgefertigt. Angesichts der weiteren Umstände des Vertragsschlusses kommt dem Auftragsformular keine entscheidende Bedeutung zu.

Zu diesen Umständen gehört, dass der Klägerin in Form ihrer zuständigen Gebietsleitung die Rolle des Beklagten als Verwalter aufgrund der vorliegenden Vollmacht und auch aufgrund der Forma des Beklagten bekannt war. Sie wusste, dass der Beklagte beauftragt und befugt war, Geschäfte mit Wirkung für und gegen die Streitverkündeten ausweislich der Anlage B4 selbst als Kunden führte.

Ein Eigengeschäft des Beklagten lag angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Vertrags fern. Für Hausverwaltungen ist es typisch und es entspricht den Interessen der Beteiligten, dass der Hausverwalter nicht für sich, sondern für seine Auftraggeber tätig wird (vgl. BGH, Urteil vom 08.01.2004 – VII ZR 12/03, NJW-RR 2004, 1017). Im vorliegenden Fall gilt dies in besonderer Weise. Der geschlossene Vertrag hatte eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren, während eine eigene Beauftragung des Beklagten durch die Streitverkündeten offenbar eine deutlich kürzere Laufzeit aufwies. In einer solchen – für die Klägerin ohne weiteres erkennbaren – Situation konnte sie nicht davon ausgehen, dass der Beklagte mit einem Eigengeschäft eine derartiges wirtschaftliches Risiko eingehen wollte, wie es sich um konkreten Fall schließlich verwirklicht hat. Der wirtschaftlichen Bedeutung entspricht vielmehr ein Handeln als Vertreter der Eigentümer, die allein bei einem Verkauf des Objekts die Übertragung der Verträge hätten vornehmen können.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 S. 1. ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Unterschrift