Muss ein Windenergie-Pachtvertrag eine Widerrufsbelehrung haben?

Nutzungsverträge für die Errichtung von Windenergieanlagen werden häufig zwischen Verbrauchern und Unternehmern geschlossen. Für solche Vertragsschlüsse sieht das Gesetz unter bestimmten Umständen ein Widerrufsrecht des Verbrauchers vor und der Unternehmer wird verpflichtet, darüber mit einer Widerrufsbelehrung aufzuklären. Das führt dazu, dass Windenergie-Pachtverträge oft eine Widerrufsbelehrung enthalten.

Das ist aber nach gegenwärtiger Rechtslage gar nicht notwendig. Die Rechtslage hat sich zum 13. Juni 2014 geändert (Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU vom 25.10.2011 durch Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013, BGBl. Teil I, S. 3642 ff.).

Auch nach der Änderung ist davon auszugehen, dass der Nutzer des Grundstücks „Unternehmer“ und der Grundstückseigentümer „Verbraucher“ im Sinne des Gesetzes sind und dass ein „Verbrauchervertrag“ nach § 310 Absatz 3 BGB vorliegt. Anstelle von „Haustürgeschäften“ knüpft das Gesetz nun an „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“ an.

§ 312 Absatz 1 BGB sieht jedoch in der seit Juni 2014 geltenden Fassung vor, dass die Anwendung der „Kapitel 1“ und „Kapitel 2“ von „Untertitel 2“ (Grundsätze bei Verbraucherverträgen und besondere Vertriebsformen) eine entgeltliche Leistung des Unternehmers voraussetzt. Eine entgeltliche Leistung kann die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung einer Ware sein. Beim WEA-Nutzungsvertrag erbringt der Unternehmer aber keine Dienstleistung und liefert auch keine Ware, sondern mietet bzw. nutzt ein Grundstück, um darauf eine WEA und Infrastruktur zu errichten. Die in Kapitel 1 und 2 enthaltenen Informationspflichten und Widerrufsrechte (§ 312g BGB) sind daher bei wortgetreuer Anwendung des Gesetzes nicht mehr einschlägig.

Zu der Rechtslage seit 13. Juni 2014 existiert noch keine obergerichtliche Rechtsprechung. Rechtsprechung zur alten Rechtslage (vgl. OLG Brandenburg, Urt. v. 20.3.2014 – 5 U (Lw) 62/13) ist nicht auf die neue Rechtslage übertragbar. Teilweise wird davon ausgegangen, dass das Widerrufsrecht nach § 312g BGB bei Vertragsabschlüssen außerhalb von Geschäftsräumen auch auf WEA-Nutzungsverträge Anwendung findet. Diese Auffassung verkennt aber, dass die Anwendung von § 312g BGB (dieser Paragraph befindet sich im „2. Kapitel“) nach § 312 Absatz 1 BGB nur dann anzuwenden ist, wenn der Vertrag eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand hat, woran es beim WEA-Nutzungsvertrag fehlt. Kurzum: solange unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und eine gefestigte Rechtsprechung nicht existiert, besteht ein gewisses Risiko, wenn eine Widerrufsbelehrung nicht erfolgt.

Wer dieses Risiko, das angesichts der klaren Gesetzeslage gering ist, vermeiden möchte, kann vorsorglich über ein Widerrufsrecht belehren (Muster für § 312g BGB). Das hat allerdings den Nachteil, dass damit dem Verbraucher ein Recht eingeräumt wird, welches nach dem Gesetz nicht besteht.

Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung vom 20. September 2013, BGBl. Teil I, S. 3642 ff.

Richtlinie 2011/83/EU vom 25.10.2011