Mining 2.0: Gelddrucken im Internet mit JavaScript – Coin Hive & Co aus rechtlicher Sicht

Der Traum vom Geldverdienen ohne Mühe ist so alt wie das Märchen vom Schlaraffenland, wo einem die leckersten Speisen einfach in den Mund fliegen, wenn man ihn nur öffnet. Dass man auch ohne richtige Arbeit Geld verdienen kann, ist mittlerweile allen klar: jeder Börsencrash verbrennt nicht bloß Vermögen, sondern macht regelmäßig etliche Leute zu Millionären, die keinerlei produktive Leistung erbracht haben. Beim Zocken an der Börse kann aber nur mitmachen, wer starke Nerven und Geld hat.

Mining von Monero, BitCoin, Ethereum & Co

Mit dem jüngsten Mining-Boom scheint sich das geändert zu haben. Der Blockchain ist zu verdanken, dass praktisch jeder mit einem gut ausgerüsteten Rechner und Software selbst Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum erzeugen kann. Die mit mehreren Grafikkarten ausgestatteten Rechner haben allerdings ihren Preis, sodass die modernen Miner erst einmal drei- bis fünftausend Euro in eine Schürfausrüstung investieren müssen, um ihrem Traum auf Reichtum näher zu kommen. Hinzu kommen eine saftige Stromrechnung, ständige Lüftergeräusche und jede Menge Wärme.

Ungefragtes Crowd Mining – Coin-Hive und Monero

Für diejenigen, denen das Geld für den Einstieg in das Mining fehlte oder die die Investition scheuten, gibt es eine Alternative: findige Programmierer haben eine JavaScript basierte Anwendung entwickelt, die in herkömmliche Internetseiten eingebunden wird und die im Hintergrund Mining betreibt. Der Nutzer ruft die Internetseite wie gewohnt auf und das hinterlegte Script zapft Rechnerleistung der Nutzer an. Die Nutzer bekommen davon in der Regel nichts mit, denn die Rechnerleistung wird im Hintergrund genutzt, um Kryptowährungen zu generieren. Coin-Hive nutzt die Rechnerleistung zum Generieren der Kryptowährung Monero, prinzipiell eignet sich das Konzept aber auch für andere Währungen wie z. B. Litecoin, Feathercoin oder Ethereum. Für das Mining wird regelmäßig eine hohe Rechnerleistung benötigt, die mit der JavaScript-basierten Software praktisch gestreut wird auf viele Nutzer. Wenn genügend Nutzer zusammenkommen, ergibt das einen sehr leistungsstarken virtuellen Rechner, der die Ausrüstung der meisten Miner locker in den Schatten stellt. Nebenwirkung für Nutzer: Die Auslastung der CPU erhöht sich, beispielsweise von 1-2% auf 20-30%. Das erhöht den Stromverbrauch, reduziert womöglich die Lebensdauer des Rechners und kann dazu führen, dass der Lüfter öfter als gewohnt anspringt. Es scheint eine Frage der Zeit zu sein, wann Coin-Hive oder Konkurrenzmodelle Einzug in Andoid-Apps nehmen, die auf Smartphones laufen. Die damit verbundenen Auswirkungen dürften für Nutzer weitaus nachteiliger sein, denn das Smartphone wird warm und die Akkuleistung sinkt schneller als gewohnt.

Ersatz für Werbung?

Das Konzept scheint eine gute Alternative zu herkömmlicher Werbung zu sein. Klar ist, dass Webseitenbetreiber Geld benötigen und Werbung stört viele Nutzer. Der Nutzer „bezahlt“ anstatt mit eingeblendeter Werbung damit, dass er ein wenig Rechenleistung abgibt. Das erspart ihm lästige Werbung und die Webseitenbetreiber erlangen etwas für die bereit gestellten Inhalte. Der erhöhte Stromverbrauch wird außerdem dadurch relativiert, dass auch das Schalten herkömmlicher Werbung den Stromverbrauch erhöht, denn auch dafür laufen im Hintergrund Anwendungen – oft ebenfalls über JavaScipt. Zahlreiche hochfrequentierte Internetseiten nutzen das Hintergrund-Mining mit Coin-Hive, unter anderem bessert Fußballprofi Christiano Ronaldo damit sein Einkommen auf. Nutzer können einfach Abhilfe schaffen, indem sie Skripte entweder pauschal oder gezielt deaktivieren. Dann wird die Software nicht aktiv und der Rechner macht beim Crowd-Mining nicht mit.

Ist das Anzapfen von Rechnerleistung legal?

Wie bei allen neuen Geschäftsmodellen stellt sich die Frage, ob das ungefragte Anzapfen von Rechnerleistung legal ist. Bei den meisten Anwendungen lässt sich diese Frage – zumindest nach deutschem Recht – klar verneinen: Das Konzept ist zwar nicht per se rechtswidrig, wenn es transparent angewendet wird. Das bedeutet, dass der Nutzer eindeutig und klar darauf hingewiesen werden muss, was mit dem Rechner geschieht, insbesondere, dass der Rechner für das Mining benutzt wird. Der Hinweis hat vor dem Beginn der Aktivität der Software zu erfolgen und muss wohl als ausdrückliche Zustimmung ausgestaltet sein. Denn ein in der Datenschutzerklärung oder den AGB versteckter Hinweis dürfte nicht ausreichen, da er als intransparente und überraschende Klausel unwirksam wäre und daher nicht als Zustimmung gewertet werden kann (§ 305c BGB). Nutzern stehen im Falle einer nicht transparenten Handhabung Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche zu (§§ 823, 826 i. V. m. § 1004 BGB entsprechend). Hinzu kommt das Risiko von Abmahnungen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (§ 3a UWG). Das Coin-Hive Konzept dürfte bei fehlender wirksamer Zustimmung der Nutzer im rechtlichen Sinne als Virus oder Malware zu qualifizieren sein, denn es nutzt den Rechner für Zwecke, die durch den Nutzer nicht beabsichtigt sind.

Ist ungefragtes Crowd Mining mit Coin Hive strafbar?

Fehlt es an einer wirksamen Zustimmung des Nutzers, könnte sich der Internetseitenbetreiber wegen Computerbetrugs (§ 263a StGB) strafbar machen, denn die ungefragte Verwendung des Rechners zum Mining stellt eine unbefugte Beeinflussung des Ablaufs eines Programms dar, da der Browser nicht wie vorgesehen zum Anzeigen einer Internetseite, sondern zum Minen rekrutiert wird. Das Ganze erfolgt, um sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvorteil zu verschaffen. Die Vorschrift stellt auch Vorbereitungshandlungen in Gestalt eines Verschaffens oder Überlassens unter Strafe (§ 263a Absatz 3 StGB), sodass Helfer und Initiatoren nicht bloß Teilnehmer oder Gehilfen (§§ 25, 27 StGB), sondern selbst als Täter in Betracht kommen. Die Strafdrohung von bis zu fünf Jahren Gefängnis erhöht sich bei Fällen der gewerbsmäßigen Begehung als Mitglied einer Bande auf sechs Monate bis zehn Jahre Gefängnis (§ 263a Absatz 2 i.V.m. § 263 Absatz 3 Satz 2 Nummer 1 StGB). Eine „Bande“ liegt dann vor, wenn sich mindestens drei Personen mit dem Willen verbunden haben, über eine gewisse Dauer Straftaten der genannten Art zu begehen. Nicht erforderlich ist, dass die Bandenmitglieder sich persönlich treffen, sodass auch mehrere Personen an völlig verschiedenen Orten, die nur elektronisch oder per Telefon miteinander kommunizieren, Bandenmitglieder im strafrechtlichen Sinne sein können. Allerdings stellt der Computerbetrug wie auch der normale Betrug ein Vermögensverschiebungsdelikt dar. Dafür ist eine Vermögensverschiebung bzw. die „Stoffgleichheit“ zwischen Schaden und Bereicherung erforderlich. Das erscheint hier zweifelhaft, denn die vom Internetseitenbetreiber erlangte Rechenleistung ist nicht identisch mit dem Mehrverbrauch an Strom, den der Nutzer zu beklagen hat. Stellt man hingegen auf die Rechenleistung als vermögenswertes Gut ab, sieht die Sache anders aus, denn der Internetseitenbetreiber erlangt die Rechenleistung, die dem Nutzer entzogen wird. Das Erlangte und der Schaden wären bei einer solchen Sichtweise durchaus stoffgleich. In der strafrechtlichen Literatur ist die Stoffgleichheit bei der unbefugten Benutzung einer Datenverarbeitungsanlage umstritten. Teilweise werden solche Fälle als bloßer „Zeitdiebstahl“ angesehen, wobei es an der erforderlichen Vermögensverschiebung fehle (Kindhäuser in ders./Neumann/Paeffgen, StGB, 5. Aufl. 2017, § 263a Rn. 31). Ob diese Auffassung angesichts des Umstandes, dass Rechenleistung selbst einen Vermögenswert darstellt, aufrechterhalten werden kann, darf bezweifelt werden.

Wegen Entziehung elektrischer Energie (§ 248c StGB) machen sich Nutzer von Coin-Hive und vergleichbaren Konzepten hingegen nicht strafbar, denn dazu muss in Bezug auf die elektrische Energie eine Zueignungsabsicht bestehen, woran es hier wohl fehlt. Denn Ziel ist nicht der Strom, sondern das Ergebnis der Rechenleistung. Eine Strafbarkeit wegen „einfachen“ Betrugs (§ 263 StGB) kommt aufgrund des spezielleren Computerbetrugs nicht in Betracht.

Fazit

Wer ungefragt mit der Rechenleistung von Nutzern Mining betreibt, geht ein hohes Risiko ein, denn jeder einzelne Nutzer könnte Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Hinzu kommt das Risiko teurer Abmahnungen und einer Strafbarkeit wegen Computerbetrugs (§ 263a StGB). Eine Alternative zur Werbung sind Coin-Hive und ähnliche Konzepte wohl kaum, denn die zumindest in Deutschland notwendige ausdrückliche Zustimmung der Nutzer dürfte ebenso lästig sein wie Werbung.

1 Gedanke zu „Mining 2.0: Gelddrucken im Internet mit JavaScript – Coin Hive & Co aus rechtlicher Sicht“

  1. Hallo, danke für den Artikel.
    Mir stellt sich noch eine weitere Frage:
    Wie sieht das Minen durch User steuerrechtlich aus?
    Wird Monero im deutschen Steuerrecht als Währung gesehen oder ist Monero ein Warengut?
    Früher, Später oder vielleicht auch garnicht (falls die Blase Platz) wird der Fiskus daran ja mitverdienen wollen…

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