Haftung für Schäden durch Tiere – Hundebiss, Reitunfall & Mitverschulden

Über Schäden durch Tiere, z. B. Verletzungen durch Hundebisse, existieren in Deutschland keine offiziellen Statistiken. Die Medien berichten regelmäßig über Angriffe mit schlimmen Folgen, etwa dann, wenn ein Hund ein Kind beißt oder über Reitunfälle mit Beteiligung von Kindern. Das ist aber nur die Spitze des Eisberges, denn die meisten Angriffe schaffen es gar nicht in die Medien, auch wenn die Folgen für die Betroffenen in vielen Fällen erheblich sind. Unfälle mit Tieren führen oft nicht bloß zu körperlichen Schäden, sondern können auch psychische Folgen haben.

Aufgrund der großen Beliebtheit von Pferden und Hunden kommt es häufig zu Reitunfällen und Hundebissen. Neben Sicherheitsmaßnahmen und Vermeidungsstrategien rückt der artgerechte Umgang mit Tieren in den Fokus. Kindern wird bereits früh der richtige Umgang mit Tieren nahegebracht. Dieser Ansatz bringt zwangsläufig Risiken mit sich. Kinder können je nach Entwicklungsstand und Alter unterschiedlich mit Tieren umgehen und das Erlernte nicht immer wie gewünscht umsetzen.

Erziehung & Ursachen

Verletzungen durch Tiere führen besonders zwischen Eltern gebissener Kinder und Hundehaltern zu kontroversen Diskussionen. Oft sieht jeder die Schuld beim andern. So beklagen sich Hundehalter darüber, dass Kinder laut und schnell auf Hunde zulaufen und dass sich Hunde nur wehren. Eltern halten dem entgegen, dass Kinder nun einmal impulsiv und laut sind und dass dies keinesfalls einen Biss rechtfertigt. Dasselbe Muster findet sich für andere Situationen, in denen ein Hund ein Kind angegriffen hat. Beispielsweise wenn der Hund unvermittelt unsanft von hinten gestreichelt wurde oder das Kind den Hund in die Enge gedrängt hat. Häufig kommt es auch zu fatalen Missverständnissen. Wenn ein Hund die Lefzen hochzieht, was auf Aggression hindeutet, interpretieren Kinder das oft als Lächeln. Erwidert das Kind dieses “Lächeln”, fasst das der Hund wiederum als Aggression auf.

Ganz ähnliche Positionen stehen sich beim Umgang mit Pferden gegenüber. Kinder sind auch auf dem Reiterhof impulsiv und laut und sie erkennen Warnsignale falsch oder gar nicht. Immer wieder kommt es daher zu Reitunfällen mit Kindern oder zu Unfällen bei Bodenarbeiten unter Beteiligung von Pferden.

Die Kontroverse um die Ursachen von Hundeangriffen und Reitunfällen mag ihre Berechtigung haben. Fest steht, dass Kinder lauter und impulsiver sind als Erwachsene. Dass sie das sein dürfen, wird nicht nur von der überwiegenden Anzahl der Menschen so gesehen, sondern auch vom Gesetzgeber und von den Gerichten (vgl. § 22 Absatz 1a BImSchG). Kinderlärm ist „Ausdruck der Lebensfreude“ und notwendig für die geistige und körperliche Entwicklung von Kindern. Genervte Erwachsene müssen sich regelmäßig mit den Beeinträchtigungen abfinden.

Gefährdungshaftung: Höhe unbegrenzt

Das deutsche Recht regelt die Haftung für Schäden durch Tiere klar zu Lasten der Tierhalter. Tierhalter haften für alle Schäden, die ihre Tiere an Leben, Gesundheit und Sachen verursachen (§ 833 Satz 1 BGB). Die Haftung gilt unabhängig von einem Verschulden und ist der Höhe nach unbegrenzt. Auf versäumte Aufsichtspflichten kommt es grundsätzlich nicht an. Von der strengen Ersatzpflicht gibt es eine Ausnahme für Haustiere, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dienen. Die Privilegierung setzt voraus, dass der Halter die Sorgfaltspflichten gewahrt hat. Die verschuldensunabhängige Haftung findet ihre Rechtfertigung in der Gefährdung. Für die vom Tier ausgehende Gefahr soll der Halter unbeschränkt haften. Dementsprechend gibt es bei der Halterhaftung keine summenmäßige Begrenzung, was vereinzelt zu krassen Ergebnissen führen kann.

Halterhaftung: Hund, Katze, Pferd, Bakterie

Die Haftung setzt voraus, dass der Schaden von einem „Tier“ verursacht worden ist. Bei Hunden, Katzen und Vögeln handelt es sich ganz klar um Tiere in diesem Sinne. Ebenso bei Insekten, wie Bienen, Wespen und Fliegen. Anerkannt ist, dass Viren nicht als „Tiere“ im Sinne von § 833 BGB gelten.

Ob Bakterien darunter fallen, ist aber unter Juristen umstritten. Teilweise wird die Anwendbarkeit der Norm auf Mikroorganismen verneint, da es sich bei Bakterien nicht um Tiere im biologischen Sinne handelt, sondern allenfalls um tierähnliche Wesen. Andere wollen § 833 BGB auch auf Bakterien anwenden, da die Vorschrift nach Sinn und Zweck auch Bakterien umfassen müsse. Der Streit hat durchaus praktische Relevanz. Zwar ist ein an einer bakteriellen Infektion leidender Mensch nicht „Halter“ der Bakterien – dementsprechend haftet er nicht nach § 833 BGB, wenn er andere Menschen ansteckt. Anders sieht die Sache aber bei einem Betreiber eines Labors aus, der zielgerichtet gefährliche Mikroorganismen züchtet.

Tierhalter

Im Gesetz findet sich keine Definition zum Begriff des Tierhalters. Vielmehr wird der Begriff vom Gesetz vorausgesetzt. Nach der Rechtsprechung ist Tierhalter, wer nach der Verkehrsanschauung die Sorge für ein Tier übernommen hat. Das muss zumindest für eine gewisse Dauer im eigenen Interesse durch Gewährung von Obdach und Unterhalt geschehen. Dabei sind die tatsächlichen Umstände maßgeblich und es spielt keine Rolle in wessen Eigentum das Tier rechtlich steht. Nicht relevant ist zudem, ob das Tier berechtigt oder unberechtigt gehalten wird. Auch Kinder können Tierhalter sein. Das Entlaufen des Tieres berührt die Eigenschaft als Tierhalter grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt dann, wenn das Tier dauerhaft abhandengekommen ist, beispielsweise wenn es dem Halter gestohlen worden ist. Der Finder eines Tieres wird regelmäßig erst dann zum Halter, wenn er sich dauerhaft um das Tier kümmert. Dabei spielt auch eine Rolle, ob der Finder die Suche nach dem Eigentümer aufgegeben hat.

Geduldete Tiere werden regelmäßig nur dann „gehalten“, wenn eine gewisse Bindung hergestellt worden ist. So wird eine Stadt nicht Halter der auf den Grundstücken der Stadt anwesenden Schwäne. Anders kann das aber dann aussehen, wenn die Schwäne dauerhaft dort sind, weil ihnen die Flügel gestutzt worden sind (LG Düsseldorf, Urteil vom 20.01.1993 – 2 O 365/92).

Beispiele Tierhalter

Einzelfälle zum Tierhalter:

  • Imker sind Halter der Bienen, die sich bestimmungsgemäß in den Bienenstöcken aufhalten und von dort ihre Flüge unternehmen. Gesellt sich ein fremder Bienenschwarm hinzu, wird der Imker indessen nur dann zum Halter, wenn er diesen dauerhaft übernimmt.
  • Metzger und Viehhändler sind Halter der Tiere, die sie zum Zwecke des Schlachtens weiterveräußern (OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.04.1982 – 3 U 137/81).
  • Gerichtsvollzieher, die Tiere pfänden und für eine geplante Versteigerung unterbringen lassen, werden regelmäßig nicht zum Halter – so entschieden für ein gepfändetes Pferd (OLG Hamm, Urteil vom 14.04.1994).
  • Tierheime sind regelmäßig als Halter der Tiere anzusehen (LG Hanau, Urteil vom 16.01.2003 – 1 O 1130/02)
  • Entlaufene Tiere bleiben Tiere des Halters, jedoch entfällt die Haltereigenschaft, wenn eine Rückkehr, ein Einfangen oder eine Rückverbringung ausgeschlossen ist und das Entlaufen einer dauerhaften Besitzentziehung gleichkommt.
  • Finder von Tieren werden zu Haltern, wenn sie die Suche nach dem vorherigen Halter aufgegeben haben und sich monatelang um die zugelaufenen Tiere kümmern (KG, Urteil vom 15.06.1979 – 9 U 111/79).
  • Mieter von Tieren, z. B. zum Zwecke des Ausritts mit einem Pferd, werden regelmäßig nicht Halter der Tiere, wohl aber Tieraufseher (§ 834 BGB).
  • Streunende Katzen zu füttern macht denjenigen, der das Tier füttert in der Regel noch nicht zum Halter. Anders kann das aber dann zu beurteilen sein, wenn die Katzen praktisch nur diesen einen Bezugspunkt haben.
  • Verjagt jemand seinen Hund, erlischt in der Regel die Haltereigenschaft, wenn der Besitzwille aufgegeben wird und die Obhut und Fürsorge für das Tier beendet ist.
  • Verkäufer von Tieren bleiben solange Halter, bis sie die Tiere an die neuen Halter übergeben haben und sich der neue Halter kümmert (OLG München Urteil vom 08.08.2012 – 20 U 1121/12).

Im Einzelfall kann die Ermittlung der Haltereigenschaft schwierig sein und es kann Zweifelsfälle geben. Wer beispielsweise in seiner Garage ein Wespennest findet und dieses dort belässt, wird wohl kaum als Halter der Wespen anzusehen sein. Wer die Ansiedlung der Wespen durch Raum und Futterquellen fördert, kann aber durchaus Halter der Wespen sein. Bei entlaufenen und zugelaufenen Tieren ist die Bestimmung der Haltereigenschaft von den Umständen des Einzelfalls abhängig. Es kann vorkommen, dass die Haltereigenschaft bei Gericht in erster Instanz bejaht und in zweiter Instanz verneint wird oder umgekehrt.

Spezifische Tiergefahr?

Für die Haftung nach § 833 BGB ist notwendig, dass der Schaden durch das Tier verursacht worden ist. Die Rechtsprechung fordert außerdem, dass der Schaden durch eine spezifische Tiergefahr entstanden ist (vgl. „durch das Tier“, § 833 BGB). Von einer spezifischen Tiergefahr ist auszugehen, wenn sich ein Tier unberechenbar oder selbständig verhält und gerade daraus ein Schaden resultiert. Von einer spezifischen Tiergefahr ist regelmäßig in folgenden Fällen auszugehen:

  • Pferd: Austreten, Ausschlagen, Scheuen, Ausbrechen (OLG Koblenz, Urteil vom 26.01.2006 – 5 U 319/04),
  • Hund: Beißen, Anspringen, Toben & Balgen mit anderen Hunden (OLG Oldenburg, Urteil vom 04.02.2002 – 11 U 79/01),
  • Katze: Beißen, unvermitteltes Laufen (LG Bielefeld, Urteil vom 21.03.2012 – 21 S 38/11),
  • Katze frisst Vogel des Nachbarn,
  • Hund verjagt Katze des Nachbarn,
  • Übertragung von Krankheitserregern durch Beschnüffeln und Belecken,
  • Auf die Fahrbahn laufen (OLG Koblenz, Urteil vom 16.04.2012 – 12 U 1396/10),
  • Unerwünschter Deckakt: OLG Hamm, Urteil vom 08.07.1993 – 6 U 44/93),
  • Schäden durch Ausscheidungen von Tieren (OLG Karlsruhe, Urteil vom 22.03.1994 – 3 U 17/93),
  • Laufender Hund kreuzt die Bahn eines Joggers, der über den Hund stürzt und sich verletzt,
  • Tobender Hund überrennt Kleinkind, das hinfällt und sich verletzt.

In der Rechtsprechung wird das Erfordernis der spezifischen Tiergefahr manchmal erheblich aufgeweicht. So wurde die Haftung auch dann bejaht, wenn sich das Tier völlig normal verhalten hat oder nur physisch vorhanden war.

Beispiele:

  • Fliegende Taube gerät in Triebwerk eines Flugzeugs (OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2004 – 13 U 194/03),
  • Hund liegt vor Eingang eines Ladens und ein Gast stürzt darüber (OLG Hamm, Urteil vom 15.02.2013 – 19 U 96/12),
  • Pferde stehen auf einer Straße (BGH, Urteil vom 14.02.2017 – VI ZR 434/15).

Der Verwirklichung der spezifischen Tiergefahr steht es nicht entgegen, wenn das Verhalten eines Tieres durch Dressieren oder Abrichten vorhersehbarer wird. Ein Hundehalter, der seinen Hund auf einen Menschen loslässt, haftet daher auch dann, wenn der Hund sich wie vom Halter gewünscht verhält. Denkbar sind hier allerdings Rechtfertigungsgründe, beispielsweise, wenn der Hund auf einen Einbrecher losgelassen wird (§ 224 BGB).

Kausalität

Die spezifische Tiergefahr muss für den Schaden ursächlich, d. h. “kausal”, sein. Was bei Arztkosten nach einem Hundebiss klar ist, kann im Einzelfall deutlich weniger eindeutig sein. Etwa dann, wenn weitere Ursachen hinzutreten. Wer vor einem Hund fliehend auf die Straße rennt und dort von einem Auto erfasst wird, wurde nicht vom Tier verletzt, sondern vom Auto. Dennoch greift auch in diesen Fällen die Halterhaftung nach § 833 BGB, denn die Verletzung ist der Tiergefahr zurechenbar.

Anders als im Strafrecht bestimmt sich die Kausalität im Zivilrecht nicht nach der streng naturwissenschaftlichen Ursächlichkeit (Äquivalenztheorie). Entscheiden ist vielmehr, ob ein bestimmter Geschehenslauf bei einem normalen Lauf der Dinge geschieht (Adäquanztheorie).

Dass ein Mensch, der vor einem Hund flieht, auf die Straße läuft und dort angefahren wird, ist nicht ungewöhnlich und damit adäquat kausal. Der Halter haftet für den Schaden (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25.05.1994 – 15 W 13/94). Anders wäre es, wenn die Verletzung nicht mehr auf die typische Tiergefahr zurückgeführt werden kann. Beispiel: Jemand flieht vor einem Hund und wird auf der Flucht vom Blitz getroffen.

Die Tierhalterhaftung kann auch eingreifen, wenn jemand bei dem Versuch, ein in Not befindliches Tier aus seiner Notlage zu befreien.

Haustiere für Beruf / Erwerb / Unterhalt

Für Haustiere, die dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Tierhalters dienen, gelten Sonderregelungen. Eine Haftung tritt nicht ein, sofern der Halter die erforderliche Sorgfalt beachtet oder der Schaden unabhängig davon eingetreten wäre.

Ein Tierhalter, dessen Pferd durchgegangen ist haftet daher nicht, wenn er im Straßenverkehr pflichtwidrig das Anlegen von Scheuklappen unterlassen hat, wenn das Durchgehen nicht auf die fehlenden Scheuklappen, sondern auf einen Wespenstich zurückzuführen ist. Denn die Sorgfaltspflichtverletzung hat sich in diesem Fall nicht ausgewirkt.

Die Privilegierung gilt nur für „Haustiere“. Was darunter zu verstehen ist, bestimmt sich nach der Verkehrsauffassung, die regional und zeitlich unterschiedlich sein kann. Die Rechtsprechung wendet hierfür eine Definition des Reichsgerichts aus dem Jahr 1938 an. Haustiere sind danach

„diejenigen Gattungen von zahmen Tieren, die in der Hauswirtschaft zu dauernder Nutzung oder Dienstleistung gezüchtet oder gehalten zu werden pflegen und dabei aufgrund von Erziehung und Gewöhnung der Beaufsichtigung und dem beherrschenden Einfluss des Halters unterstehen“

(Reichsgericht, Urteil vom 19.11.1938 – V 238/10).

Zu Haustieren zählen danach Katzen, Hunde, Ziegen, Schafe, Pferde, Kühe und Schweine. Nicht zu den Haustieren zählen Wildtiere, und zwar unabhängig davon, ob sie gezähmt sind. Wildtiere sind zum Beispiel Dachse, Füchse, Rehe, Wölfe, Luchse, Löwen, Affen, Kamele, Reptilien (Schlangen, Leguane), Lamas, Fische.

Verkehrsauffassung kann sich ändern

Die Verkehrsauffassung weist regionale Unterschiede auf und unterliegt einem zeitlichen Wandel. Es kann daher sein, dass zur Fleischproduktion gehaltene Strauße früher als Wildtiere anzusehen waren aber heute “Haustiere” sind. In den 90er Jahren war die Haltung von Straußen zur Fleischproduktion unüblich, mittlerweile gibt es zahlreiche Straußfarmen für die Fleischproduktion. Bis sich eine gewandelte Verkehrsauffassung in der Rechtsprechung durchgesetzt hat, kann es aber Jahre oder sogar Jahrzehnte dauern.

Beispiel: Ein zur Fleischproduktion gehaltener Strauß bricht aus einer ordnungsgemäß gesicherten Farm aus. Er läuft auf die Straße und verursacht einen Unfall. Der Halter kann sich nur dann auf den Haftungsausschluss berufen, wenn der Strauß als Haustier im Sinne von § 833 Satz 2 BGB anzusehen ist. Zwar ist der Strauß kein herkömmliches Haustier. Die besseren Gründe sprechen aber dafür, Strauße ebenso wie Schweine, Ziegen und Schafe als bestimmungsgemäß zur Fleischproduktion gehaltene Tiere anzusehen. Vor Gericht wird es der Staußenhalter aber schwer haben, denn eine Verkehrsanschauung dahingehend, dass es sich beim Strauß um ein Haustier handelt, existiert noch nicht.

Der Haftungsausschluss ist nur dann anzuwenden, wenn das Haustier dazu bestimmt ist, dem Beruf, der Erwerbstätigkeit oder dem Unterhalt des Halters zu dienen. Diese Voraussetzung dient der Abgrenzung zwischen Nutztier und Luxustier und wird in folgenden Fällen bejaht:

  • Hütehund des Schäfers,
  • Blindenhund des Blinden,
  • Jagdhund des Jägers,
  • Hofhund / Wachhund, der zum Schutz des Hofes oder eines Unternehmensgeländes dient,
  • Milchkühe, die zu Erwerbszwecken gehalten werden,
    Schweine und Rinder, die zum Zwecke der Fleischproduktion gehalten werden,
  • Für Erwerbszwecke gehaltene Pferde.

Der Jagdhund des Freizeitjägers erfüllt die Voraussetzung nicht, denn der Einsatz für ein nicht Erwerbszwecken dienendes Hobby macht den Hund zum Luxustier. Der Freizeitjäger kann sich daher nicht auf die Privilegierung berufen.

Beim Blindenhund leuchtet nicht ohne Weiteres ein, warum der Halter von der Privilegierung profitieren soll. Der Blindenhund dient nicht dem Beruf und auch nicht der Erwerbstätigkeit. Allein in Betracht kommt, den Blindenhund als „dem Unterhalt“ dienend anzusehen. Nach dem Wortsinn des Gesetzes ist das aber abzulehnen, denn der Blindenhund dient der Orientierung und nicht der Erlangung der für das Leben notwendigen Dinge. Dass der Blindenhund dennoch unter die Haftungsfreistellung nach § 833 Satz 2 BGB gefasst wird, ist daher wohl auf das Bestreben zurückzuführen, Blinden etwas Gutes zu tun. Juristisch ist das aber unsauber.

Haustier oder Luxustier?

Ob Kaninchen Haustiere im Sinne von § 833 Satz 2 BGB sind, hängt von der Zweckbestimmung des Haltens ab. Wenn sie von vornherein zum Zwecke des späteren Schlachtens und Verzehrens oder Veräußerns gehalten werden, profitiert der Halter von der Privilegierung. Im Einzelfall kann die Bestimmung, ob ein Tier zu Erwerbszwecken gehalten wird, schwierig sein.

Beispiel: Ein eingetragener Verein hält Pferde, welche den Vereinsmitgliedern gegen Bezahlung zur Verfügung gestellt werden. Ein Vereinsmitglied nahm an einem Reitunterricht teil und erhielt dazu ein Pferd. Während des Reitunterrichts galoppierte das Pferd unvermittelt an und änderte die Richtung. Die Reiterin wurde abgeworfen und gegen eine Steinwand geschleudert. Dabei erlitt sie Prellungen und Knochenbrüche. Die Reiterin verlangte vom Verein Schadensersatz und Schmerzensgeld. Der Verein verweigerte die Zahlung und berief sich darauf, dass das Tier zu Erwerbszwecken gehalten wurde (§ 833 Satz 2 BGB). Ohne Erfolg: Bei dem Pferd handelte es sich nicht um ein zu Erwerbszwecken gehaltenes Haustier, denn der Verein hält die Pferde allein im Eigeninteresse der Mitglieder und verfolgt damit keine Gewinnerzielung (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 24.01.2000 – 13 U 166/99). Da das Pferd in dem Fall als Luxustier anzusehen war, haftet der Verein für den Schaden.

Besonders an dem Fall war, dass der Verein die Pferde an Vereinsmitglieder vermietete. Deshalb würde es nahe liegen, die Privilegierung nach § 833 Satz 2 BGB dann anzuwenden, wenn ein eingetragener Verein die Pferde an Dritte vermietet. Schließlich würde die Vermietung dann dem Erwerb dienen. Der Bundesgerichtshof (BGH) folgt dieser Argumentation aber nicht: Hält ein Verein Pferde, könne eine Vermietung nur Nebenzweck sein, da der Verein anderenfalls nicht mehr Idealverein – das heißt ideellen Zwecken dienend – wäre (BGH, Urteil vom 21.12.2010 – VI ZR 312/09). Ein e.V. kann daher gar keine Erwerbszwecke verfolgen und dürfte sich daher überhaupt nicht auf § 833 Satz 2 BGB berufen.

Diese Argumentation überzeugt nicht. Die Frage, ob jemand Erwerbszwecken nachgeht, ist von der Frage der Rechtmäßigkeit des Tuns zu unterscheiden. Ein Verein kann sich sehr wohl wirtschaftlich betätigen, und zwar auch dann, wenn er gegen das Vereinsrecht verstößt. Durch eine rechtswidrige wirtschaftliche Betätigung riskiert der Verein seinen Status, an dem Erwerbszweck ändert das aber nichts. Die Entscheidung des BGHs (VI ZR 312/09) dürfte auch angesichts der zeitlich danach ergangenen Rechtsprechung zum Nebenzweckprivileg (II ZB 7/16) weiter anwendbar bleiben: der BGH hat entschieden, dass Vereine im Rahmen ihres Nebenzweckprivilegs durchaus wirtschaftlich in größerem Umfang tätig sein dürfen, solange sich die Betätigung dem ideellen Zweck unterordnet (II ZB 7/16).

Höchstrichterlich anerkannt ist daher, dass Vereine zum Zwecke der Mittelbeschaffung wirtschaftlich tätig sein dürfen. Ob sie dazu Haustiere zu Erwerbszwecken halten dürfen (vgl. § 833 Satz 2 BGB), hängt davon ab, zu welchem Zweck ein Tier schwerpunktmäßig gehalten wird. Ein Verein, der für seine Mitglieder Pferde hält und diese zur Finanzierung im Rahmen des Nebenzweckprivilegs an Dritte vermietet, kann daher durchaus von der Haftungsfreistellung nach § 833 Satz 2 BGB profitieren.
Die Rechtsauffassung, dass die wirtschaftliche Betätigung gegenüber der ideellen Betätigung von untergeordneter Natur sein muss und deshalb keinen Erwerbszweck im Sinne von § 833 Satz 2 BGB darstelle, ist abzulehnen. Denn Vereine können selbstverständlich schwerpunktmäßig ideell tätig sein und sich – im Rahmen des Nebenzweckprivilegs – wirtschaftlich betätigen. Dass die wirtschaftliche Betätigung dem ideellen Zweck untergeordnet ist, ändert nichts daran, dass die wirtschaftliche Betätigung der Mittelbeschaffung und damit Erwerbszwecken dient.

Eine höchstrichterliche Entscheidung dazu liegt noch nicht vor und die zum Betrieb von Kindergärten ergangene vereinsrechtliche Entscheidung des BGHs (II ZB 7/16) hat, soweit ersichtlich, noch keine Berücksichtigung in der Kommentarliteratur zur Halterhaftung nach § 833 BGB gefunden. Sowohl die ältere Rechtsprechung als auch die Kommentarliteratur sehen in der Erwerbstätigkeit (§ 833 Satz 2 BGB) einerseits und dem ideellen Zweck des Vereins andererseits einen Widerspruch. Bei Lichte betrachtet besteht aber kein Widerspruch, denn ein Tier kann auch dann zur Finanzierung des Vereins und damit zu Erwerbszwecken gehalten werden, wenn dies im Rahmen des Nebenzweckprivilegs passiert. Für die Frage, ob Erwerbszwecke oder ideelle Zwecke verfolgt werden, kommt es nicht auf den Verein insgesamt an, sondern auf das Tier.

Tier mit Doppelfunktion Beruf / Luxus

In Fällen der Doppelfunktion eines Tieres wird nicht darauf abgestellt, welche Funktion das Tier zum Zeitpunkt des Schadensereignisses hatte, sondern darauf, zu welchem Zweck das Tier schwerpunktmäßig gehalten wird. Wird daher ein Pferd für den Verein gehalten und nur manchmal an Dritte vermietet, ist der darin liegende Erwerbszweck untergeordneter Natur. Die Haftungsbeschränkung nach § 833 Satz 2 BGB findet dann keine Anwendung. Anders ist es hingegen, wenn das Tier vorrangig für die Vermietung gehalten wird. Im Falle einer Doppelnutzung sind Vereine gut beraten, die Tiere so einzusetzen, dass der Schwerpunkt auf dem Erwerbszweck liegt. Das muss wohlgemerkt nach den Maßgaben der jeweiligen Vereinssatzung und im Rahmen des Nebenzweckprivilegs passieren, da der Verein sonst seinen Status als „e.V.“ und die Beschränkung der Haftung auf das Vereinsvermögen riskiert.

Wird ein Hund auf Ausstellungen präsentiert und nur gelegentlich als Deckrüde eingesetzt, ist er regelmäßig nicht der Erwerbstätigkeit zuzurechnen, sondern der Freizeitgestaltung. Der Halter haftet daher nach § 833 Satz 1 BGB. Ein Nutztier, welches aus Alters- oder Gesundheitsgründen nicht mehr als solches eingesetzt wird, sondern auf dem Hof sein Gnadenbrot fristet, behält seine Eigenschaft als „Haustier“ im Sinne von § 833 Satz 2 BGB. Allerdings kann sich das durch eine spätere Zweckänderung wandeln: Wird beispielsweise ein nicht mehr in der Landwirtschaft eingesetztes Pferd zum Ausreiten eingesetzt, kann das zur Folge haben, dass das Pferd fortan als Luxustier zu qualifizieren ist, für das der Halter voll haftet (§ 833 Satz 1 BGB).

Hält die öffentliche Hand Tiere, etwa Polizeihunde, Drogenspürhunde oder Pferde, richtet sich die Haftung nicht nach § 833 BGB. Die Rechtsprechung nimmt an, dass § 833 BGB vom der Haftung nach § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG verdrängt wird. Gleichwohl wird die Beweislastregelung nach § 833 Satz 2 BGB angewendet (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 21.03.1997 – 11 U 179/96). Praktisch haftet die Polizei daher wie für Nutztiere im Sinne von § 833 Satz 2 BGB: Wird jemand beim Einsatz eines Polizeihundes verletzt, ist es Sache der Polizei zu beweisen, dass die erforderliche Sorgfalt beachtet worden ist oder dass der Schaden auch dann eingetreten wäre, wenn die erforderliche Sorgfalt beachtet worden wäre.

Im Verkehr erforderliche Sorgfalt

Welche Anforderungen an die im Verkehr erforderliche Sorgfalt zu stellen sind im Sinne von § 833 Satz 2 BGB, hängt vom Einzelfall ab. Dabei ist „Verkehr“ nicht im Sinne von Straßenverkehr zu verstehen, sondern als Synonym für den Umgang mit Tieren und die dabei zu beachtenden Maßgaben. Bei Weidetieren wird grundsätzlich eine Mindesthöhe der Umzäunung von 1,20 Meter verlangt und die Weide muss groß genug sein, damit gewährleistet ist, dass die Tiere bei einer ausbrechenden Panik genug Auslauf haben anstatt den Zaun zu durchbrechen.

Ein Zaun ist aber nicht stets notwendig. Vielmehr kann es durchaus vorkommen, dass eine Weide von Wanderwegen durchschnitten ist, auf denen sich Menschen aufhalten. In solchen Fällen gehört es indessen zur Sorgfalt des Halters, mit Schildern auf die Tiere und auf gegebenenfalls besondere Gefahren aufmerksam zu machen. Dazu zählt bei der Rinderhaltung, dass sowohl Hunde als auch deren Halter beim Durchqueren der Weide besonderen Gefahren ausgesetzt sind, denn Kühe könnten sich bedroht fühlen und dadurch aggressiv werden. Schilder und Zäune sind regelmäßig auf ihre Wirksamkeit hin zu prüfen. Außerdem muss sichergestellt sein, dass die Tiere eine Umzäunung nicht selbst öffnen können oder dass dies von Tieren außerhalb der Weide geschieht (z. B. Weidetor). Besondere Anforderungen können sich außerdem aus der Lage der Koppel ergeben: Liegt diese an einer Straße, kann eine höhere Umfriedung notwendig sein, um ein Überspringen durch Kühe oder Pferde zu verhindern.

Wer Tiere im Straßenverkehr führt, was nach § 28 Absatz 2 StVO grundsätzlich gestattet ist, muss seine Sorgfalt nach der Art der Straße, dem Verkehrsaufkommen und dem Charakter des Tieres ausrichten. So kann es dem Führer einer Kutsche mit Pferd abzuverlangen sein, dass er bei Anzeigen von Unruhe, absteigt und das Pferd führt.

Das Treiben von Tieren auf Straßen setzt voraus, dass eine ausreichende Anzahl von Personen vor Ort ist, die in der Lage ist, die Tiere zu beherrschen. Welche Anzahl zu fordern ist, ist einzelfallabhängig. Regelmäßig reicht eine Person nicht aus, um eine aus sechs Rindern bestehende Herde zu treiben. Kann ein Grundstück frei betreten werden, sind bissige Hunde anzuleinen und gegebenenfalls mit Maulkörben zu versehen und es ist mit einem Schild, z. B. „Vorsicht bissiger Hund“, vor den Gefahren zu warnen. Ein solches Schild entbindet den Halter nicht von der Haftung. Ignoriert aber jemand ein solches Schild, wird ihm regelmäßig eine Mitschuld zuzurechnen sein. Bei besonders großen Hunden, wie Bernhardinern, die eigentliche für ihre Gutmütigkeit bekannt sind, nimmt die Rechtsprechung zuweilen an, dass allein aufgrund der Größe eine besondere Gefährlichkeit besteht, der durch Anleinen Rechnung zu tragen ist.

Mitverschulden

Hat das Verhalten des Geschädigten zur Entstehung des Schadens beigetragen, verringert sich der Ersatzanspruch nach Maßgabe des Mitverschuldens (§ 254 BGB). So bunt wie die Vielzahl der Fälle ist die Rechtsprechung zum Mitverschulden bei der Tierhalterhaftung. Wer eine deutliche Warnung missachtet, muss damit rechnen, dass das Gericht den Anspruch kürzt oder sogar ganz verneint. Das ist beispielsweise der Fall, wenn jemand trotz entgegenstehender Warnung einen über eine Kuhweide führenden Wanderweg mit Hund betritt und von den Kühen angegriffen wird. Bei der Festlegung der Mitverschuldensquote wird der Kenntnis- und Erfahrungsstand des Verletzten berücksichtigt: So muss ein erfahrener Pferdehalter mit Angriffen rechnen, wenn er mit seinem Pferd eine Weide betritt, auf der sich vier andere Pferde aufhalten (OLG Koblenz, Urteil vom 10.05.2012 – 2 U 573/09). Im entschiedenen Fall wog das Mitverschulden aus Sicht des Gerichts so schwer, dass es dem verletzten Pferdehalter den Anspruch auf null kürzte.

Große Bedeutung hat die Mitschuld auch bei Reitunfällen. Denn Reiter werden zwar in den Schutz der Halterhaftung einbezogen, müssen sich aber eigene Verursachungsbeiträge zurechnen lassen, was oft zu einer erheblichen Kürzung der Ansprüche führt. Fälle für ein je nach den Umständen des Einzelfalls mehr oder weniger starkes Mitverschulden nach § 254 BGB sind daher

  • Reitfehler,
  • Reiten auf einem fremden Pferd,
  • Auswahl einer schwierigen oder ungeeigneten Strecke,
  • Springreiten,
  • Kunststücke mit einem Voltigierpferd.

Davon zu unterscheiden sind Fälle, in denen sich Geschädigte selbst in Gefahr begeben, indem sie sich beispielsweise auf eine Pferdekoppel begeben und dort die Pferde füttern und dabei verletzt werden. In solchen Fällen kommt es darauf an, ob ein Mitverursachungsbeitrag angenommen werden kann.

Beispiel: Die Geschädigte ging mit Essensresten auf eine Pferdekoppel und wollte die Pferde füttern. Sie kannte die Pferde als friedfertig und ausgeglichen und war zuvor bereits mehrfach selbst auf diesen geritten. Während sie ein Pferd aus der Hand fütterte und streichelte, näherte sich ein anderes Pferd von hinten und rieb zunächst seinen Kopf an der Wade der Geschädigten. Die Geschädigte gab später an, dass ihr das Pferd völlig unvermittelt in den Unterschenkel gebissen habe, möglich sei aber auch, dass es sich am Turnschuh verfangen hatte und sich mit dem Huf befreien wollte. Durch den Biss oder den Befreiungsversuch entstand eine 8-9 Zentimeter lange Wunde bis auf den Knochen, welche sich im Nachgang entzündete und eine Hauttransplantation erforderlich machte.

Die Geschädigte verlangte Schadensersatz und 10.000 Euro Schmerzensgeld vom Tierhalter. Dieser bzw. dessen Versicherung machte geltend, dass der Geschädigten ein überwiegendes Mitverschulden anzulasten sei, da sie sich selbst in Gefahr begeben habe. Das Gericht erblickte in dem Verhalten indessen kein Mitverschulden und verurteilte den Halter bzw. die Versicherung – allerdings mit einem geringeren Betrag von 7.500 Euro. Das Füttern von Tieren stelle kein ungewöhnliches Risiko dar und rechtfertige nicht die Annahme eines Mitverschuldens im Sinne von § 254 BGB (LG Neuruppin, Urteil vom 20.11.2007 – 2 O 392/06).

Die Neuruppiner Entscheidung ist mit Vorsicht zu genießen. Vielmehr ist damit zu rechnen, dass andere Gerichte nicht so großzügig zugunsten Geschädigter urteilen, die sich selbst in Gefahr begeben haben. In Fällen, in denen sich Menschen Tieren nähern und sich wissentlich in den Gefahrenbereich eines Tieres begeben, wird vielmehr regelmäßig eine Kürzung des Schadens nach § 254 BGB vorzunehmen sein, wenn das Verhalten willensgesteuert, mitursächlich und in gewissem Ausmaß riskant war. Diese Voraussetzungen liegen im Fall des Landgerichts Neuruppin vor. Menschen, die zu Pferden auf die Koppel gehen und diese dort füttern, müssen mit Verletzungen rechnen. Es ist alles andere als lebensfremd, dass ein Pferd unabsichtlich zuschnappt oder einem Menschen versehentlich auf den Fuß tritt. Um welchen Anteil der Schaden nach § 254 BGB zu kürzen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Vergleichsweise strengere Gerichte hätten der Neuruppiner Klägerin allenfalls 50% des Schadens zuerkannt.

Auch bei Verletzungen von Tieren untereinander kann das Mitverschulden zu einer Minderung des Anspruchs führen, etwa dann, wenn sich Tiere wechselseitig verletzen. Der Tierhalter, dessen Tier an einer Beißerei beteiligt war, muss sich das Verhalten des eigenen Tieres im Rahmen von § 254 BGB anspruchsmindernd zurechnen lassen. Verletzt sich ein Pferd selbst, nachdem es durch einen Hund in Panik versetzt wurde und sich bei dem Versuch, über ein Gatter zu springen ein Bein brach, kann das eine Teilung des Schadens zwischen dem Hundehalter und dem Halter des Pferdes rechtfertigen (OLG Rostock, Urteil vom 10.12.2012 – 5 U 57/10).

Mehrere Verursacher

Bei einer Ungewissheit über die Täter, gilt nach § 830 BGB eine gesamtschuldnerische Haftung aller Beteiligten. Das gilt auch für den Fall der Unerweislichkeit, d. h.  wenn bei mehreren Beteiligten unklar ist, wer den Schaden verursacht haben. Die Rechtsprechung wendet diese Vorschrift auch auf die Schadensverursachung durch Tiere an:

Beispiel: Wird jemand auf einer Pferdekoppel verletzt und führt eine verletzungsbedingte Ohnmacht dazu, dass keine Aussage zum verursachenden Pferd gemacht werden kann, gelten die Halter aller vier dort vorhandenen Pferde als Beteiligte und haften entsprechend § 830 Absatz 1 Satz 2 BGB (OLG Koblenz, Urteil vom 10.05.2012 – 2 U 573/09). In dem Fall wollte ein Pferdehalter mit seinem Pferd eine Weide überqueren, um zu einer anderen Weide zu gelangen. Auf der Weide, die er überqueren wollte, befanden sich drei Pferde und ein Pony. Später lag der Geschädigte schwer verletzt auf der Weide, die er überqueren wollte. Er erlitt zahlreiche komplizierte Knochenbrüche und Weichteilverletzungen. Das OLG Koblenz sprach dem Geschädigten zwar aufgrund überwiegenden Mitverschuldens (100%: § 254 BGB) keinen Schadensersatz zu, hielt aber die Halter der drei Pferde und des Ponys allesamt für haftbar.

Diese Rechtsprechung ist sehr weit reichend, denn sie überdehnt die Anforderungen an eine „Beteiligung“ im Sinne von § 830 BGB. Zwar ist die Anwendung der Vorschrift auf Tiere zu begrüßen, denn der gesetzgeberische Zweck, den Geschädigten von den Ungewissheiten der Anspruchsdurchsetzung zu entlasten, gilt bei der Verletzung durch Tiere gleichermaßen. Das bedeutet aber nicht, dass die Anforderungen geringer sein dürfen als bei der Anwendung auf menschliche Schädiger, die nur dann nach § 830 BGB haften, wenn eine Beteiligung nachweisbar ist. Notwendig für die entsprechende Anwendung der Zurechnungsnorm ist daher eine irgendwie geartete Beteiligung an der Schädigungshandlung.

Haftung des Tieraufsehers

Praktisch relevant für die Halterhaftung ist die Einschaltung einer Pflegeperson. Wer sein Pferd beispielsweise in die Obhut eines professionellen Hofes gibt, geht regelmäßig davon aus, dass er selbst nicht haftet. Rechtlich ist das nach § 834 BGB auch der Fall, wenn durch Vertrag einem Dritten die Aufsicht über das Tier übertragen worden ist. Wenn das Tier einen Schaden verursacht, haftet der Tierhüter, es sei denn er kann nachweisen, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt angewendet hat oder der Schaden auch bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt eingetreten wäre. Der Tierhalter hat daher die Möglichkeit, seine Verpflichtungen zu delegieren. Der Halter bleibt dann von der Haftung frei. Die rechtswirksame Delegierung von Pflichten setzt aber voraus, dass der Tierhalter folgendes beachtet:

  • Sorgfältige Auswahl des Gehilfen (der Gehilfe muss zuverlässig und geeignet sein),
  • Überwachung des Gehilfen (regelmäßige Kontrollen),
  • Instruktion des Gehilfen über Besonderheiten des Tieres (Charakter, Gefahren, Schreckhaftigkeit, Bissigkeit, Vorsichtsmaßnahmen).

Gelingt es dem Tierhalter der Nachweis, dass er die Anforderungen eingehalten hat, ist er von der Haftung befreit. Geschädigte haben sich dann an den Tieraufseher zu halten, der für Schäden nach § 834 BGB haftet. Von der Haftung befreit ist der Tieraufseher dann, wenn er nachweisen kann, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder der Schaden auch bei Anwendung dieser Sorgfalt eingetreten wäre.

Eine parallele Haftung von Tierhalter und Tieraufseher kommt in Betracht, wenn dem Tierhalter der Nachweis der oben genannten Maßgaben nicht gelingt. In diesem Fall haften Tierhalter und Tieraufseher gesamtschuldnerisch (§ 840 Absatz 1 BGB). Das bedeutet, dass jeder auf den gesamten Schaden haftet, die Summe aber nur einmal zu zahlen ist. Im Innenverhältnis haben Tierhalter und Tieraufseher einen Ausgleich vorzunehmen, der sich in erster Linie nach dem geschlossenen Vertrag aber auch nach Verschuldensanteilen richtet. Die deliktsrechtliche Vorschrift des § 840 Absatz 3 BGB, wonach bei Beteiligung eines Dritten der Dritte allein haftet, ist hier nicht anzuwenden, da es sich weder beim Tierhalter noch beim Tieraufseher um „Dritte“ im Sinne der Vorschrift handelt.

Verletzung des Tieraufsehers und Mitverschulden

Wird derjenige, der das Tier aufgrund einer Vereinbarung zu beaufsichtigen hat, durch das Tier verletzt, stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die Tierhalterhaftung (§ 833 BGB) zur Haftung des Tieraufsehers (§ 834 BGB) steht. Man möchte meinen, dass dann eine Haftung des Tierhalters nicht in Betracht kommt. Schließlich ist es, wenn der Tierhalter seinen Pflichten ordnungsgemäß nachgekommen ist (vgl. oben, Auswahl & Überwachung etc.), Sache des Tieraufsehers, das Tier zu kontrollieren und zu sichern. Die Rechtsprechung hält aber dennoch die Tierhalterhaftung für anwendbar, kürzt aber regelmäßig den ersatzfähigen Schaden aufgrund Mitverschuldens nach § 254 BGB (BGH, Urteil vom 25.03.2014 – VI ZR 372/13). Der BGH wendet die Tierhalterhaftung an, solange derjenige, der das Tier in Pflege gibt, die Kosten der Tierhaltung trägt und Wert und Nutzen des Tieres für sich in Anspruch nimmt und das Risiko seines Verlustes trägt.

Sofern ein Dritter zeitweise das Tier nutzt, ist auf den Schwerpunkt der Nutzung abzustellen (BGH, a.a.O.). Bei Lichte betrachtet ist die Tierhalterhaftung deshalb stets neben der Tieraufseherhaftung anwendbar. Denn wenn die Voraussetzungen vorliegen, ist derjenige, der das Tier in Pflege gibt, nicht mehr Tierhalter im Sinne von § 834 BGB.

Beispiel: Der Tierhalter gibt seinen Hund für 10 Tage entgeltlich in eine Tierpension. Beim Ausführen des Hundes legt die Betreiberin der Tierpension den Hund an die Leine und der Hund beißt ihr ins Gesicht. Sie klagt auf Schadensersatz. Obgleich die Klägerin selbst verantwortlich ist für das Tier (§ 834 BGB), haftet der Tierhalter nach § 833 Satz 1 BGB. Der Anspruch ist indessen nach § 254 BGB um den Mitverantwortungsanteil der Klägerin zu mindern. Denn von der Klägerin wäre zu erwarten, dass sie als Betreiberin einer Tierpension Maßnahmen ergreift, die Bisse verhindern. Die Klägerin kann daher nur einen Teil des entstandenen Schadens ersetzt verlangen.

Dieselben Maßgaben gelten für Personen, die nur einzelne Verrichtungen an einem Tier durchführen, wie dies beim Tierarzt oder dem Hufschmied der Fall ist. Beißt das Tier den Tierarzt, haftet der Halter für den Schaden. Der Tierarzt muss sich aber regelmäßig einen Mitverschuldensanteil zurechnen lassen (§ 254 BGB). Ebenso verhält es sich beim Hufschmied, der beim Beschlagen eines Pferdes einen Tritt erleidet. Aber auch hier ist regelmäßig nicht der gesamte Schaden ersatzfähig, denn der Hufschmied muss von Berufs wegen wissen, wie er mit Pferden umzugehen hat, um solche Unfälle zu vermeiden.

Wann ist man “Tieraufseher”?

Tieraufseher im Sinne von § 834 BGB ist nur derjenige, der die Aufsicht über das Tier durch „Vertrag“ übernommen hat. Da Tierärzte und Hufschmiede regelmäßig nicht die Aufsicht über Tiere übernehmen, sind sie meistens nicht Tieraufseher im Sinne des Gesetzes. Tieraufseher ist auch nicht, wer die Aufsicht über ein Tier lediglich aus Gefälligkeit übernimmt, denn in solchen Fällen fehlt regelmäßig der für einen „Vertrag“ erforderliche Rechtsbindungswille. Bittet man beispielsweise jemanden im Familienkreis, kurz auf den Hund aufzupassen, handelt es sich um eine Gefälligkeit und nicht um einen “Vertrag”. Der Aufpasser haftet deshalb nicht nach § 834 BGB.

Die Anforderungen an die Eigenschaft als Tieraufseher sind gering: Wer mit einem gemieteten Pferd ausreitet, ist Tieraufseher und haftet nach § 834 BGB für Schäden, die durch das Tier entstehen. Kommt es dabei zu einem Unfall, bei dem der Reiter selbst eine Verletzung erleidet, gelten die oben genannten Maßgaben. Der Halter haftet für den Schaden nach § 833 BGB, wird dem Reiter aber regelmäßig ein Mitverschulden entgegenhalten können, denn der Reiter haftet selbst (§ 834 BGB) und hat möglicherweise einen Reitfehler begangen, der für den Schaden ursächlich war. Relevant sind außerdem die Auswahl und das Tragen eines Reithelms, die Wahl des Parcours, die Geschwindigkeit, das Verhalten bei Zusammentreffen mit anderen Tieren (z. B. Hunden), Einstellen der Steigbügel, korrektes Anlegen und Festziehen des Sattels und des Zaumzeugs.

Ein Fall des Mitverschuldens ist es auch, wenn jemand ohne Erlaubnis ein Pferd reitet und dabei zu Schaden kommen: Steigt jemand ungefragt und ohne Zustimmung des Halters auf ein Pferd und stürzt, haftet der Halter nach § 833 BGB. Der Umstand, dass die Benutzung des Pferdes unbefugt erfolgte, schließt die Haftung nicht aus, sondern ist beim Mitverschulden (§ 254 BGB) zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 30.04.2013 – VI ZR 13/12). Der Schaden ist daher nicht voll, sondern nur teilweise zu ersetzen. Die Höhe der Quote hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

Der Rechtsgedanke des Mitverschuldens findet auch Anwendung, wenn sich Tiere gegenseitig verletzen oder wenn das eigene Tier mitursächlich für einen Schaden geworden ist. Das gilt auch in Fällen, in denen das eigene Tier die Verletzung herbeigeführt hat, was regelmäßig bei dafür ursächlichen wechselseitigen Angriffen anzunehmen ist.

Beispiel: Beim Spaziergang wird der Hund des Klägers von einem anderen Hund angegriffen. Nachdem der Kläger beide Hunde voneinander getrennt hatte und sich seinem eigenen Hund zuwandte, biss dieser ihm ins Gesicht und erlitt Biss- und Risswunden. Der Kläger verlangte vom Halter des angreifenden Hundes Schadensersatz. Mit Erfolg. Allerdings war der Schaden entsprechend § 254 BGB zu kürzen. Während das Landgericht eine Kürzung um 50% annahm, befand das Oberlandesgericht auf eine Kürzung um 25% (OLG Naumburg, Urteil vom 23.04.2014 – 1 U 115/13).

Beweislast für Einhaltung der Sorgfalt

Sowohl der Nutztierhalter (§ 833 Satz 2 BGB) als der Tieraufseher (§ 834 Satz 2 BGB) tragen die Beweislast für die fehlende Sorgfaltspflichtverletzung. Dasselbe gilt für den Umstand, dass der feststehende Sorgfaltspflichtverstoß nicht ursächlich für den Schaden geworden ist. Der Nachweis dieser negativen Tatsache fällt in der Praxis regelmäßig schwer. Die Nichterweislichkeit geht zu Lasten des Nutztierhalters oder des Tieraufsehers.

Beispiel: Verursacht eine entlaufene Kuh einen Schaden, ist der Halter für eine hinreichende Absicherung darlegungs- und beweisbelastet. Er muss also beweisen, dass

  • die Weide ordnungsgemäß und hoch genug abgezäunt war,
  • die Tore geschlossen waren,
  • der Elektrozaun Strom führte,
  • die Weide zur Vermeidung von Panikreaktionen der Rinder groß genug war,
  • dem Halter keine Fahrlässigkeit anzulasten ist (z. B. bei Durchbrechen von Barrieren).

Die Frage des Verschuldens stellt sich bei Tierhaltern von Luxustieren nicht. Für Tiere, die nicht der Erwerbstätigkeit, dem Beruf oder dem Unterhalt dienen, haftet der Halter verschuldensunabhängig.

Minderjährige / Kinder als Tierhalter und Tierhüter

Juristen behandeln die Haftung Minderjähriger in Fällen der Tierhaltung und der Tieraufsicht nicht einheitlich. Unter Minderjährigen versteht man Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 2 BGB). Teilweise werden die für Minderjährige geltenden Vorschriften des Deliktsrechts entsprechend auf die Tierhalterhaftung angewendet (§§ 828, 829 BGB). Danach gilt:

  • Minderjährige bis sieben Jahre haften gar nicht (§ 828 Absatz 1 BGB),
  • Kinder zwischen dem vollendeten siebenten und dem zehnten Lebensjahr haften nicht für unvorsätzlich verursachte Unfälle im Zusammenhang mit Kraftfahrzeugen oder Eisenbahnen (§ 828 Absatz 2 BGB),
  • Sofern die Haftung nicht ausgeschlossen ist, haften Minderjährige bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres nach Maßgabe ihrer Einsichtsfähigkeit (§ 828 Absatz 3 BGB).

Die deliktsrechtliche Haftungsnorm ist nicht unmittelbar anwendbar, sondern nur „entsprechend“. Grund: die Norm regelt die Verantwortlichkeit für eigenes Verhalten, wohingegen es bei der Tierhalter- und der Tierhüterhaftung um die Beherrschung einer Gefahrenquelle geht.

Nach anderer Ansicht ist auf die Geschäftsfähigkeit abzustellen. Tierhalter kann nämlich nur sein, wer über das Tier bestimmt und entscheidet. Die Bestimmungsgewalt über ein Tier setzt sowohl die tatsächliche als auch die rechtliche Möglichkeit der Ausübung der Bestimmung voraus. Der Halter muss daher auch in der Lage sein, für entsprechenden Versicherungsschutz zu sorgen. Nach dieser Auffassung dürfte die Haftung Minderjähriger dann in Betracht kommen, wenn die Tierhaltung nach den Maßgaben der beschränkten Geschäftsfähigkeit (7-18 Jahre) zu bejahen ist (vgl. § 106 BGB).

Kinder über 7 Jahre können daher als Tierhalter oder als Tieraufseher haften. Praktisch ist das aber meistens nicht relevant. Je kleiner die Kinder sind, umso eher besteht eine Aufsichtspflicht Erwachsener (z. B. Eltern, Geschwistern). Regelmäßig wird man kleine Kinder daher unabhängig von der Geschäftsfähigkeit nicht als Halter anzusehen haben.

Nichts Anderes gilt für Fälle der Tieraufseherhaftung. Die Überlassung von Ponys an Kinder begründet regelmäßig keine vertragliche Übernahme der Aufsicht. Das gilt selbst dann, wenn die beschränkte Geschäftsfähigkeit das zuließe. Eine Haftung des Kindes nach § 834 BGB scheidet daher regelmäßig aus. Ansprechpartner für die Schäden aufgrund der Verletzung des Kindes oder der Verletzung Dritter ist daher regelmäßig der Betreiber des Ponyhofs. Dieser wird sich indessen auf den Haftungsausschluss nach § 833 Satz 2 BGB berufen können, wenn er gewerbsmäßig handelt. Dafür muss er den Nachweis erbringen, dass er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beachtet hat oder dass der Schaden auch bei Berücksichtigung der Sorgfalt eingetreten wäre.

Nach den vorstehenden Maßstäben sind auch Fälle des Mitverschuldens (§ 254 BGB) zu behandeln. Provoziert ein Kind beispielsweise ein Tier und beißt das Tier zu, ist dem Kindes nur dann ein Mitverschulden anzulasten, wenn es sich der Bedeutung und Tragweite seines Verhaltens bewusst war. Bei kleinen Kindern ist das regelmäßig nicht anzunehmen.

Tierhalterhaftung vs. Gefährdungshaftung im Straßenverkehr (§ 7 StVG)

Praktisch kann die unbeschränkte und verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung auf die ebenso ausgestaltete Halterhaftung im Straßenverkehr stoßen (§ 7 StVG). Denn Halter von Kraftfahrzeugen haften ebenfalls unabhängig vom Verschulden für Schäden, die das Fahrzeug angerichtet hat. Bei einem Aufeinandertreffen von Gefährdungshaftungen teilt die Rechtsprechung die Haftung nach Verursachungsbeiträgen. Das bedeutet, dass Tierhalter und Fahrzeughalter jeweils nur einen Teil ihres Schadens ersetzt verlangen können. Wenn eine überwiegende Verursachung nicht feststellbar ist, ist der Schaden regelmäßig zu 50% erstattungsfähig.

Beispiel: Eine Tierhalterin führte ihr Pferd auf einem Waldweg. Ein Auto fuhr an ihr vorbei. Dadurch scheute das Pferd, riss die Halterin zu Boden und verletzte sie durch Huftritte. Sie erlitt einen Schädelbasisbruch, mehrfache Schädelfrakturen, durch Verletzungen an Ober- und Unterkiefer verlor sie neun Vorderzähne. Sie verlangte vom Fahrzeughalter Schadensersatz und Schmerzensgeld und klagte.

Die Klägerin bekam im Umfang von 50% Recht. Im Prozess konnten weder dem Fahrzeugführer noch der Tierhalterin ein Verschulden nachgewiesen werden. Der Halter eines Fahrzeugs hat für Schäden, die im Zusammenhang mit dem Betrieb des Fahrzeugs auftreten, verschuldensunabhängig einzustehen. Da das Scheuen des Pferdes auf das Fahrzeug zurückzuführen war, haftet der Fahrzeughalter. Bei der Höhe der Ersatzfähigkeit des Schadens sind indessen die Verursachungsbeiträge zu berücksichtigen. Hier standen sich die Haftung des Fahrzeughalters nach § 7 StVG und die Haftung des Tierhalters nach § 833 BGB gegenüber. Stehen sich zwei verschuldensunabhängige Gefährdungstatbestände gegenüber, ist eine Teilung des Schadens 50% / 50% vorzunehmen (OLG Celle, Teilurteil vom 20.01.2016 – 14 U 128/13).

Tierhalterhaftung vs. Haftung nach LuftVG

Eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung ist auch im Luftverkehrsgesetz vorgesehen (§ 33 Absatz 1 Satz 1 LuftVG). Danach haftet der Halter eines Luftfahrzeugs für Schäden, die durch den Betrieb des Luftfahrzeugs entstehen.

Beispiel: Ein Heißluftballon bewegt sich im Landeanflug in der Nähe eines Hofes, auf dem ein Pferd angeleint war. Durch die Geräusche des Brenners scheute das Pferd, versuchte instinktiv zu fliehen und verletzte sich dabei schwer. Der Pferdehalte verlangte vom Halter des Ballons Schadensersatz. Vor Gericht bekam der Pferdehalter den Schaden zu 2/3 ersetzt. Das Gericht legte zugrunde, dass der Ballonhalter verschuldensunabhängig haftet, da der Schaden beim Betrieb des Luftfahrzeugs aufgetreten ist (§ 33 LuftVG). Allerdings haftet der Tierhalter ebenfalls verschuldensunabhängig (§ 833 BGB). Hier urteilte das Gericht auf einen Verursachungsbeitrag von 2/3 für den Ballonhalter und von 1/3 für den Tierhalter (OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.03.1998 – 1 U 114-97).

Beispiel: Ein Taubenzüchterverein ließ Brieftauben fliegen. Eine Taube überflog den Bereich eines Flugplatzes und kreuzte die Bahn eines im Landeanflug befindlichen Flugzeugs. Die Taube geriet in eine Turbine des Flugzeugs und wurde dabei getötet. Am Triebwerk entstand ein Schaden in Höhe von gut 9000 Euro. Der Halter des Flugzeugs konnte den Verein anhand des im beschädigten Triebwerk gefundenen Rings identifizieren. Er verlangte Schadensersatz.

Teilweise mit Erfolg: Das Gericht verurteilte den Taubenzüchterverein zur Erstattung von 50% des entstandenen Schadens. Der Verein haftet als Tierhalter nach § 833 Satz 1 BGB. (OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2004 – 13 U 194/03)

Besonders bei dem Tauben-Fall war, dass die Taube, ihrem Wesen entsprechend, ganz normal geflogen ist. Die Verwirklichung der tierspezifischen Gefahr war daher zu bezweifeln. Zu die Voraussetzung der “tierspezifischen Gefahr” hat sich die Rechtsprechung aber gewandelt:

Die potenzielle Unberechenbarkeit eines Tieres ist der Grund für die verschuldensunabhängige Halterhaftung, aber nicht zwingend deren Voraussetzung. Für die Haftung nach § 833 BGB genügt es, wenn ein Tier als Hindernis vorhanden ist. Der Haftung des Tierhalters stand im Tauben-Fall die ebenfalls verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung des Flugzeughalters gegenüber (§ 33 Absatz 1 LufVG ). Dies rechtfertigte eine Kürzung des Anspruchs um 50%. Der Taubenzüchterverein hatte daher die Hälfte des entstandenen Schadens zu erstatten. Auf den Haftungsausschluss nach § 833 Satz 2 BGB konnte sich der Verein nicht berufen. Denn die Taube wurde nicht zum Beruf oder zu Erwerbszwecken gehalten . (OLG Hamm, Urteil vom 11.02.2004 – 13 U 194/03)

Haftpflichtversicherung für Tiergefahren

Die Verpflichtung zum Abschluss einer Versicherung für Tiergefahren ist in Deutschland, was die Gesetzgebung anbelangt, Ländersache. Die meisten Bundesländer sehen eine Versicherungspflicht zwischen 250.000 bis 1.000.000 Euro vor. Dies gilt für Hunde ab einer bestimmten Körpergröße, einer bestimmten Rasse oder für gefährliche Hunde. Nur ausnahmsweise besteht keine Versicherungspflicht (Mecklenburg-Vorpommern).

Töten und Einschläfern gefährlicher Tiere

Geschädigte können zivilrechtlich nicht verlangen, dass der Halter sein Tier tötet bzw. eingeschläfern lässt. Das gilt unabhängig vom Schadensumfang und sogar dann, wenn das Tier einen Menschen getötet hat. Allerdings wird in solchen Fällen regelmäßig eine Gefahr von dem Tier ausgehen. Die Ordnungsbehörde wird im Wege der Gefahrenabwehr Maßnahmen zur Vermeidung künftiger Schäden ergreifen. Dazu kann schlimmstenfalls die Anordnung gehören, dass ein Tier eingeschläfert wird. Das wird aber nur bei krassen Fällen in Betracht kommen. Meistens haben Halter von Tieren von Seiten der Behörden mit strengeren Auflagen zur Haltung zu rechnen, wie z. B. Leinen- und Maulkorbzwang, Zwinger.

Hiervon ist allerdings die Frage zu unterscheiden, ob man ein Tier mit Gewalt abwehren und notfalls töten darf. Geht von einem Tier eine Gefahr aus, rechtferigt das die Anwednung von Gewalt (§§ 227, 228 BGB). Tötet man dabei ein Tier, sind weder strafrechtliche (§ 303 StGB) noch zivilrechtliche Konsequenzen zu befürchten. Die Tötung des Tieres muss aber notwendig sein. Vor einem tödlichen Schuss sollte daher versucht werden, den Hund anderweitig abzuwehren. Ob mildere Mittel in Betracht zu ziehen sind, ist eine Frage des Einzelfalls.

Einem Kampfhund, der sich in das Bein eines Menschen verbissen hat, muss nicht erst gut zugeredet werden. Vielmehr darf man in diesem Fall gleich tödliche Gewalt anwenden. Ebenso darf man einen Hund, der angriffslustig auf einen Kinderspielplatz zurennt, außer Gefecht setzen. Je höher das Rechtsgut und größer die Gefahr, umso drastischer dürfen die Mittel zur Abwehr sein. Konkrete erhebliche Gesundheitsgefahren für sich selbst oder Dritte rechtfertigen regelmäßig die Anwendung tödlicher Gewalt gegen Tiere.

Wenn eine Notwehr- oder Notstandssituation aber nicht mehr andauert, ist Vorsicht geboten. Hat ein Hund von seinem Opfer abgelassen, ist Gewalt nur dann gerechtfertigt, wenn weitere Angriffe drohen. Wird ein Hund nach einem beendeten Angriff von seinem Halter zuverlässig festgehalten, wird das regelmäßig nicht der Fall sein. „Rache“ für Tierangriffe lässt die deutsche Rechtsordnung nicht zu. Wer dennoch Gewalt anwendet, riskiert eine Strafbarkeit wegen Sachbeschädigung (§ 303 StGB § 90a BGB).

Haftung für wildlebendes Schwarz-, Rot-, Elch-, Dam- oder Rehwild und Fasane

Das BGB enthält keine speziellen Regelungen für die Haftung für Damwild (Rehe, Hirsche etc.). Haftungsregelungen für diese Tiere sind im Bundesjagdgesetz geregelt (§§ 29 ff. BJagdG).